Feind des Feindes
genau, deswegen kann ich gut tauchen. Und während dieser Ausbildung wurde ich vom schwedischen Nachrichtendienst angeworben.
Ja, gerade weil sie wußten, daß ich ›Linksextremist‹ war. Das mag mancher merkwürdig finden, aber beim Nachrichtendienst funktionieren die Dinge manchmal ganz anders als bei der Armee, die die meisten Leute kennen.
Während eines fünfjährigen Aufenthaltes in den USA wurde ich an der University of California in San Diego in EDV- Technik ausgebildet. Die haben dort nämlich einen Supercomputer. Nein, die technischen Details möchte ich lieber überspringen. Supercomputer ist ungefähr das, wonach es sich anhört.
Natürlich war diese Ausbildung nicht nur ziviler Natur. Und dieser zweite Teil der Ausbildung war geheim, und das habe ich Tessie nie erzählt.
Sie ist halb Irin, halb Mexikanerin, eine progressive Katholikin, die Jura studieren wollte, um ihr Leben dem Kampf für die Rechte mexikanischer Landarbeiter und illegaler mexikanischer Einwanderer widmen zu können.
Mit Tessie ging es zu Ende, weil ich so viel weg war, ohne meine Abwesenheit erklären zu können, denn meine Ausbildung war geheim. Vielleicht wäre es auch sonst nicht gegangen, denn sie konnte sich einen Umzug nach Schweden nicht vorstellen, und ich wollte nicht in den USA bleiben. Wie auch immer: Jetzt ist sie mit einem anderen Mann verheiratet und hat ein Kind. Und damit ist das Ganze aus und vorbei.«
Carl holte tief Luft und fuhr fort: »Als ich wieder in Schweden war, war ich aufgrund irgendwelcher Ausnahmeregelungen, die wir auch überspringen können, schon Offizier. Jetzt mußte ich mich entscheiden, und aufrichtig gesagt wußte ich damals gar nicht, wie und wofür ich mich entschied. Es kam mir vor, als wäre es unhöflich, nein zu sagen, denn die Streitkräfte hatten viel Geld für meine doppelte Ausbildung ausgegeben.
Zunächst gab ich eine Gastrolle bei der Säpo. Ja, ich kann es dir jetzt schon sagen, denn bei der Expressen -Kampagne der nächsten Tage wird das ohnehin bekannt werden.
Ja, Expressen hat auch damit recht. Als ich bei der Säpo arbeitete, offiziell in der EDV-Abteilung, wurde ich in den Kreis der Beamten berufen, die den Mord an diesem Säpo-Direktor aufzuklären hatten, er hieß Axel Folkesson, wenn ich mich recht erinnere, und schließlich kam es also zu dieser Konfrontation mit den israelischen Terroristen. Jaja, all das ist wahr.
Aber über die restlichen Angaben von Expressen kann ich nichts sagen. Da ging es um militärische Geheimnisse, was bei den Israelis nicht der Fall war, denn das war eine reine Polizeiangelegenheit.
Wie du siehst, sind wir eine Zeitlang Kollegen gewesen. Ich habe andere Menschen getötet, auch das stimmt. Aber erst als Polizist.
Außerdem habe ich in einer Theaterrolle gelebt und so etwas wie einen reichen adligen Immobilienhai gespielt. Ja, das war mehr als eine Tarnung, da ich ja in gewisser Weise all das gewesen bin. Aber es war trotzdem alles Tarnung, von der Art, mich zu kleiden, bis zur Einrichtung meiner Wohnung, alles Theater, Spiel und Verstellung. Aus diesem Grund fällt es mir manchmal schwer, festen Halt unter die Füße zu bekommen, etwa so wie jetzt, wenn ich dir viele Dinge erzähle, die ich früher niemals preisgegeben hätte.
Aber alles, was mit dir zu tun hat, ist kein Theater, zumindest nicht meine Gefühle. Es gab keinen Plan und keinen Trick damals, als du mich wegen zu schnellen Fahrens erwischt hast. Es war ein Impuls, dich zu fragen, ob wir uns mal wiedersehen könnten, weil ich einem Instinkt gefolgt bin, und nichts sonst. Und jetzt bist du schon seit langem der Mittelpunkt meines Lebens, etwas Wirkliches, ein richtiger Mensch - ja, so denke ich, wenn ich allein bin -, der mit all dem anderen nicht das mindeste zu tun hat.
Nach der Rückkehr aus Moskau habe ich einen Job als Abteilungsleiter erhalten, und diese Arbeit hat mehr mit Technik und Computern zu tun als mit Waffen. Das hat mir neue Hoffnung gegeben, als könnte ich zu etwas zurückfinden. Als ob all das andere, die Arbeit als field operator, ja, so lautet die Umschreibung, ein Stadium des Lebens wäre, das ich jetzt hinter mich gebracht habe, und es nur noch darum geht, den Weg zurück zu finden.«
Sie schaltete die Nachrichtensendung Rapport ein. Er protestierte erst, aber sie sagte, es sei wichtig. Die Meldungen begannen wie erwartet mit dem Paßfoto Carls und all dem anderen. Als es vorbei war, wurde ein Sprecher des Generalstabs interviewt, den Carl noch nicht
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