Feind des Feindes
einmal auf den Fluren gesehen hatte, obwohl die Abteilung dieser Leute zwei Stockwerke unter den Räumen des Nachrichtendiensts lag. Der Sprecher betonte, die Streitkräfte könnten die Angaben in Expressen weder bestätigen noch dementieren, wie sehr aus der Luft gegriffen sie auch erscheinen mögen , weil es die notwendige Politik der Streitkräfte sei, Angaben über den geheimen Nachrichtendienst weder zu bestätigen noch zu dementieren. Was in diesem Fall möglicherweise bedauerlich sei, vor allem für den bloßgestellten Offizier, der in erster Linie betroffen sei. Aber leider sei dies unumgänglich.
Anschließend trat ein sehr schneidiger und sehr bekümmerter Verteidigungsminister auf, der zunächst die Angaben von Expressen und anderen Blättern über einen Agentenkrieg und derlei als reinen Unfug abtat, der jeder tatsächlichen Grundlage entbehre.
Aber, fuhr der Minister fort, die Pressemeldungen der jüngsten Zeit schadeten indirekt der schwedischen Verteidigung und der Sicherheit des Landes und gehörten zu dem Verantwortungslosesten, was er seit der mehr als fünfzehn Jahre zurückliegenden IB-Affäre in der schwedischen Presse gesehen habe. Und es gebe keinerlei Anlaß, den Verfassungsausschuß einzuberufen, da der Verdacht, die sozialdemokratische Regierung könne irgendwelche Morde im Ausland beschlossen haben, ganz einfach jeder Grundlage entbehre. Was Expressen und vergleichbare Blätter offenbar vermuteten und zu erhärten versuchten, sei völlig aus der Luft gegriffen.
Ob der Spion Sandström tot sei oder nicht, dazu könne er sich nicht äußern, erklärte der Verteidigungsminister.
Damit war dieser Abschnitt beendet.
»Was hat er damit gemeint, daß er sich nicht dazu äußern kann, ob Sandström tot ist oder nicht?« fragte sie leise, nachdem sie das Fernsehgerät ausgeschaltet hatte.
»Daß er es entweder nicht weiß oder sich aus Geheimhaltungsgründen nicht dazu äußern kann«, erwiderte Carl mit zusammengebissenen Zähnen.
Er sah die nächste Frage schon auf sich zukommen.
»Und wie sieht dein Kommentar dazu aus?«
»Wie du verstehst, muß ich dich auf den Sprecher des Generalstabs verweisen.«
Es wurde still. Er stand auf und legte die ruhigste und schönste Musik auf, die ihm einfiel, Mozarts Klarinettenkonzert von 1791, dem letzten Lebensjahr des Komponisten.
Beim Dezernat für Gewaltverbrechen in Norrköping war in der Fahndung endlich ein Durchbruch erzielt worden. Das stand schon früh am Montagmorgen fest, nachdem man den Wagen gefunden hatte.
Rune Jansson war zum erstenmal optimistisch, seit die anscheinend hoffnungslose Suche nach Motiven und einem Zusammenhang zwischen den Opfern begonnen hatte. Er war jedoch nicht optimistisch, weil er erwartete, den oder die Mörder jetzt erwischen zu können, sondern weil er zum ersten Mal das Gefühl hatte, nicht mehr im dunkeln zu tappen.
Es war seine eigene Idee gewesen. Trotz seiner Eigenschaft als Chef war es ihm zunächst schwergefallen, sich Gehör zu verschaffen. Die Vertreter des Reichskriminalamts in Stockholm betrachteten ihn wie erwartet als einen einfachen Bullen vom Lande, der durch eine so große Sache überfordert sei, und äfften zu allem Überfluß auch noch seinen Norrköpings-Dialekt nach. Aber schließlich hatten sie nachgeben müssen und jetzt sogar verstohlen um Entschuldigung gebeten.
Seine Idee war einfach. Was war, wenn es keinen weiteren Zusammenhang zwischen den Opfern gab als die Tatsache, daß sie Jagdflieger des gleichen Geschwaders waren und überdies dienstfrei hatten?
Anschließend war in den Häusern und Wohnungen sämtlicher Jagdflieger in Norrköping und Linköping die Operation Türklopfen angelaufen; Rune Jansson hatte einige Mühe gehabt, dem Sicherheitschef des Geschwaders die Adressen zu entlocken. Selbst solche Dinge sollten neuerdings geheim bleiben.
Doch in weniger als vierundzwanzig Stunden hatte es Ergebnisse gegeben. Ein dunkelblauer Volvo der 240er Serie war an jenem Tag in der Nähe mehrerer Fliegerwohnungen auffällig in Erscheinung getreten. Eine zeitlich genau zu datierende Beobachtung in Norrköping wich um weniger als vierzig Minuten von dem errechneten Zeitpunkt des ersten Mordes ab. Eine weitere Beobachtung eines wegen Krankheit vorzeitig pensionierten Nachbarn in Linköping differierte um fast zwei Stunden von dem kritischen Zeitpunkt.
Jemand hatte also mit dem Auto das Gelände erkundet und war in den beiden Städten von einem Jagdflieger zum anderen gefahren.
Bis
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