Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
Carl mit merklich angestrengter Beherrschung. »Außerdem gehe ich davon aus, daß du mich schon einmal hintergangen hast.«
    »Ach, habe ich das?«
    »Als wir zum erstenmal im Hotel Reisen essen waren, warst du bewaffnet. Mir war das damals gleichgültig, und ich habe nicht einmal gefragt.«
    »Woher weißt du das?«
    »Sieh an, jetzt sind die Rollen endlich mal vertauscht. Ja, ich habe es gesehen, als du die Handtasche hochgehoben hast.
    Sagen wir, das Gewicht entsprach einer Sig-Sauer, Kaliber 9 Millimeter, mit fünfzehn Schuß im Magazin, und dazu ein paar Handschellen?«
    »Ja, das können wir sagen. Das stimmt recht gut, aber das sind meine Berufswerkzeuge.«
    »Aber es fällt mir schwer zu begreifen, weshalb du deine Berufswerkzeuge zu einem Essen mit mir mitnimmst.«
    »Das hatte etwas mit dem Job zu tun. Wir fahndeten gerade nach einigen Personen, die gefährlich werden konnten, und ich war wahrhaftig nicht die einzige, die damals selbst in der angeblichen Freizeit immer im Dienst war.«
    »Du siehst also.«
    »Siehst was?«
    »Du läufst selbst mit einer 9-Millimeter-Pistole in der Handtasche herum und bist grundsätzlich bereit, sie im Dienst anzuwenden. Der Unterschied besteht darin, daß ich es getan habe und dir solche Situationen bisher erspart geblieben sind.«
    »Ich finde, das läßt sich nicht vergleichen. Ich bin nämlich wirklich Polizistin. Wir haben das Recht, im Dienst zur Gewalt zu greifen, aber wir laufen nicht herum und machen Leute kalt.«
    »Wir haben auch das Recht, im Dienst zur Gewalt zu greifen.«
    »Wer sind wir?«
    »Ein geheimer Teil der schwedischen… ach was, es steht ja in etwa korrekt ausgedrückt in Expressen . Man könnte uns als einen ständig mobilisierten Teil der schwedischen Verteidigung definieren. Wir befinden uns ständig im Kriegszustand, kurz gesagt.«
    »Aha, die Russen können also plötzlich ankommen und die Wohnung stürmen, was?«
    »Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Diesen ›Agentenkrieg‹ gibt es nämlich nicht.«
    »Und das kannst du so mit Überzeugung sagen, und das soll ich nun glauben?«
    »Ja. Hätte es so etwas gegeben, wäre alles, was damit zu tun hat, wahrscheinlich streng geheime Information, und dann hätte ich nichts sagen können. Aber es existiert nun mal kein Agentenkrieg, so einfach ist das.«
    »Wie viele Menschen hast du getötet?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Ach, du kannst sie schon gar nicht mehr zählen? Das kann doch nicht möglich sein?«
    »Nein, aber ich weiß es nicht und kann solche Fragen nicht beantworten.«
    »Wer bist du eigentlich? Habe ich dich kennengelernt oder nur deinen netten Zwillingsbruder in der zivilen Version?«
    »Du hast mich kennengelernt, mich, so wie ich sein will oder wie ich zu sein versuche.«
    »Ein einfacher Beamter, der irgendwo in einem Büro der Streitkräfte sitzt und sich mit seltsamen EDV-Listen herumplagt?«
    »So ist es. Genau das tue ich tatsächlich, und von jetzt an ist es sogar noch wahrer. Diese operative Tätigkeit, die Expressen zu beschreiben versucht, ist für mich ein abgeschlossenes Kapitel. Von jetzt an arbeite ich in einem Büro, falls ich überhaupt noch bei den Streitkräften bleiben kann.«
    »Ist es wahr, und tut es dir leid?«
    »Du fragst immerzu wie eine Polizistin, die jemanden verhört.«
    »Möglicherweise liegt es daran, daß ich tatsächlich Polizistin bin. Also, noch mal von vorn. War das gerade wahr, und tut es dir leid?«
    »Ja, es ist wahr, und zwar aus rein operativen Gründen und keinen anderen. Ich bin nämlich verbrannt, verbrannter, als es irgendein schwedischer Offizier je gewesen ist.«
    »Was heißt das, verbrannt ?«
    »Das ist Berufsslang. Das heißt einfach so. Es ist ja gerade der Witz bei geheimen Jobs, daß sie geheim bleiben. Wer sich mit Namen und Foto auf den Aushängen von Expressen wiederfindet, darf sich einen neuen Job suchen. So etwas ist schon früher geschehen, und jetzt ist es eben mir passiert. Es ist eine Art Befreiung. So kann man es nämlich auch sehen.«
    »Du bist von jetzt an also nicht mehr im Geschäft.«
    »Ich weiß nicht, wie lange es dauert, meine bisherige Tätigkeit abzuwickeln, und wie es weitergehen soll. Wir sind einer feindseligen Kampagne ausgesetzt. Ich bin aber nicht das Ziel der Kampagne, sondern nur ein Mittel, um noch größere Balkenschlagzeilen zu ermöglichen und ein noch größeres Chaos zu schaffen. Ich weiß nicht, was jetzt geschehen wird. Ich gedenke es auch nicht herauszufinden, solange du hier

Weitere Kostenlose Bücher