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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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bist.«
    »Willst du, daß ich gehe?«
    »Nein. So habe ich es wirklich nicht gemeint. Ich habe nur sagen wollen, daß ich nicht vorhabe, den Telefonstecker wieder anzuschließen, und ich habe mir vorgenommen, bis morgen früh, wenn ich wieder zur Arbeit muß, mich nichts anderem zu widmen als uns beiden. Ich habe mich so auf diesen Abend gefreut und gedacht, es würde irgendwie ein Neuanfang werden, und habe in einem romantischen Gasthaus einen Tisch bestellt.«
    »Daran ist doch jetzt wohl nicht mehr zu denken, mit deinem Bild in der Zeitung?«
    »Nein, wahrscheinlich nicht. Ich habe zwei belegte Brote im Kühlschrank, das ist alles. Willst du, daß ich sie hole?«
    »Ich will, daß du von dir erzählst, ob mit oder ohne Butterbrot.«
    »Ich habe vor etwa zehn Jahren einen Menschen verloren, der mir näher stand als jeder andere, weil ich ihr nichts von mir erzählt habe. Ich habe ihr kein einziges militärisches Geheimnis verraten, und genau aus diesem Grund habe ich sie verloren. Sie hat mein Verhalten so gedeutet, als hätte ich noch ein paar Freundinnen nebenbei, als mißtraute ich ihr. Jetzt sind wir in genau der gleichen Lage.«
    »Dann solltest du diesen Fehler nicht noch einmal machen.« Sie lächelte ein wenig, als sie dies sagte, und plötzlich mußte er ebenfalls lächeln, wie düster ihm die Situation auch erschien.
    Er suchte Paganinis erste Violinsonate heraus, legte die Platte auf und ging in die Küche. Er holte die Butterbrote und hatte das Gefühl, fast in Tränen ausbrechen zu müssen, als er sie in dem hellen Lichtschein des Kühlschranks so einsam daliegen sah. Doch für solche Albernheiten war jetzt nicht der Augenblick. Er entfernte vorsichtig die Kunststoffolie, um die Gänseleberpastete nicht zu zerdrücken, ging wieder in die Bibliothek und stellte ihr ohne ein Wort den Teller hin. Dann schaltete er den Dimmer der Lampe über dem Tisch auf geringere Leuchtkraft. Er hatte einige Mühe damit gehabt, ihn am Vormittag anzubringen, hatte aber alles fertig haben wollen, um ihr Lob zu hören.
    Er drehte die Musik etwas leiser und setzte sich auf seinen alten Platz auf dem Sofa, bemerkenswert weit von ihr entfernt, und versuchte, von sich zu erzählen.
    Kaum hatte er damit begonnen, ging ihm auf, daß er versuchte, auch sich selbst etwas zu erzählen. Wer war Carl Gustaf Gilbert Hamilton?
    »Natürlich wurde ich ziemlich reich geboren. Natürlich in einer sehr konservativen Familie. Kindheit in Schonen. Die erste Fasanenjagd habe ich mit zwölf Jahren mitgemacht.
    Dann Stockholm, Gymnasium und Auseinandersetzungen in der Familie wegen der politischen Ideen, die ich mir in der Schule zugelegt hatte. Eine Zeitlang schämte ich mich, Hamilton zu heißen, und zog mir Arbeiterklamotten mit Hosenträgern an, aber das ging schnell vorbei. Bei der Clarté habe ich dann schnell genug den Unterschied zwischen Klassenzugehörigkeit und Klassenstandpunkt kennengelernt, und auf den Standpunkt kommt es an. Der ist entscheidend. Vor allem im Hinblick auf die Klassenzugehörigkeit bei der Clarté.
    Ich habe mich mit meinem Vater derart überworfen, daß er, wie man früher sagte, ›seine schützende Hand von mir zurückzog‹. In den letzten fünf Lebensjahren meines Vaters habe ich ihn nicht wiedergesehen. Am Ende meiner Schulzeit habe ich allein in einer Ein-Zimmer-Wohnung auf Östermalm gewohnt.
    Dann tauchte die Frage auf, ob ich den Wehrdienst ableisten sollte. Die Clarté war alles andere als eine pazifistische Organisation, eher das Gegenteil. Das hatte mit dem Vietnamkrieg zu tun, mehr damit jedenfalls als mit etwas anderem.
    Die Linie der Clarté in der Wehrdienstfrage war, daß die Genossen die Streitkräfte lieber unterwandern statt den Wehrdienst verweigern sollten, wie es bestimmte andere linke Organisationen ihren Mitgliedern nahelegten, die in der konservativen Vorstellung befangen waren, die Streitkräfte seien ein Instrument der bürgerlichen Klasse zur Unterdrückung der Arbeiter, und so weiter.
    Unterwanderung bedeutete, daß die Genossen sich je nach körperlichen Fähigkeiten um den Dienst in Eliteverbänden bemühen sollten, und wenn es intellektuell reichte, um irgendeine geheime Funktion. Die Dolmetscherschule in Uppsala war da ebenso geeignet wie etwa die Küstenverteidigung. Dahinter steckte die Absicht, die Streitkräfte nicht etwa auszuspionieren oder zu sabotieren, sondern zu ›stärken‹. Und was mich betrifft, wurde es eben die Marine und eine Ausbildung zum Marinetaucher - ja,

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