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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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sprang auf und lächelte strahlend, schon bevor er die Tür öffnete.
    Als erstes sah er sich selbst.
    Sie hielt ein Exemplar von Expressen hoch, das sie zwischen Daumen und Zeigefinger hielt, als wäre es Schmutz. Aber sie sagte nichts.
    Er bat sie hereinzukommen und half ihr mechanisch aus dem Mantel, nahm ihr die Zeitung ab und ging hinter ihr in die Bibliothek. Sie nickte kurz und sagte, es sei hübsch geworden, und setzte sich dann in den Sessel, in dem sie unerreichbar war. Er ging zur Stereoanlage und stellte sie ab. Für diesen Augenblick war die Musik viel zu gewaltig und gefühlsbetont. Dann machte er eine vielsagende Geste mit der Zeitung, mit der er sagen wollte, er müsse zunächst einmal lesen. Sie nickte kurz. Es fiel ihm schwer zu erkennen, was ihr Gesichtsausdruck bedeutete.
    Er las schnell die Artikel durch und legte sie auf den Steintisch. Er goß behutsam etwas Wein in die Gläser, ging mit dem einen zu ihr und setzte sich dann wieder aufs Sofa. Sie prosteten einander zu, ohne etwas zu sagen. Dann stellte sie das Weinglas so fest auf den Tisch, daß es hätte zerbrechen können; es waren ältere Gläser, Erbstücke. Eine Tischplatte aus Stein ist wohl nicht sehr praktisch, konnte er noch denken.
    »Ist das da wahr?« fragte sie mit einem Kopfnicken zu der Zeitung.
    Er schlug die Augen nieder und überlegte, was er antworten sollte.
    »Ja«, erwiderte er schließlich. »Teile von dem, was da steht, sind wahr, andere Teile sind völlig falsch.«
    »Das war es also, was du in Moskau getrieben hast. Während wir auf diesem Ringelpiez da tanzten, hast du in aller Stille einen Mord geplant?«
    »Ich kann weder dir noch sonst jemandem erzählen, was in dieser Zeitung wahr ist und was Lüge«, sagte er leise, ohne den Mut aufzubringen, sie anzusehen.
    »Aber es gibt eine ganze Menge Wahrheit in diesen Geschichten?«
    »Ja.«
    »Du fährst also in der Weltgeschichte herum und schlägst Leute tot?«
    »Eva-Britt, du kannst mich nicht verhören. All das ist als geheim eingestuft und berührt die Sicherheit des Reiches. Es wäre ein Verbrechen, solche Dinge zu enthüllen, und du als Polizistin solltest das respektieren.«
    »Wunderbarer Bursche, in den ich mich da verknallt habe. Wirklich fabelhaft. Ich habe einmal mit einem Kollegen Schluß gemacht, weil ich fand, daß er beim Umgang mit kleinen Ganoven zu gewalttätig war. Blaue Flecken und so was, du weißt.«
    »Diese Dinge lassen sich nicht vergleichen.«
    »Nein, der Umfang der Gewalttätigkeit natürlich nicht. Wie zum Teufel, verzeih den Ausdruck, hast du mich die ganze Zeit so betrügen können? Allerdings hätte ich es erkennen müssen. Aber dumm, wie ich bin, will ich offenbar hereingelegt werden.«
    »Ich habe dich nicht hereingelegt.«
    »Hast du nicht? Das ist wirklich die Höhe, verflucht noch mal!«
    »Du pflegst sonst nicht zu fluchen.«
    »Nein, aber das liegt daran, daß ich so gottverflucht wütend bin!«
    »Ich habe dich nicht hereingelegt und dich nicht angelogen. Was ich getan habe, ist, daß ich es unterlassen habe, streng geheime Informationen weiterzugeben. Sonst hätten wir ein Verbrechen begangen, und das ist weder für eine Polizistin noch für einen Offizier beim Geheimdienst sonderlich gut. Es ist nichts anderes, als wenn ich bei der Flugüberwachung am Radarschirm säße.«
    »Du bringst es also wirklich fertig zu behaupten, wie war es noch, du hättest nur unterlassen, streng geheime Informationen weiterzugeben ? Das nenne ich die hohe Schule der Umschreibung. Verstehst du denn nicht, wie mir dabei zumute ist? Ich habe mich in einen Mann verknallt, von dem ich dachte, ich lerne ihn immer besser kennen, und ich habe mit ihm geschlafen und ihn geliebt, nun ja, so toll war es nun auch wieder nicht, aber immerhin, und dann geht einem plötzlich auf, daß das alles nur Theater war, daß du ein völlig anderer Mensch und so was wie ein verdammtes Monster bist. Begreifst du?«
    Carl antwortete nicht. Er sah zu Boden. Es zuckte in seinem Gesicht, und sie dachte plötzlich, er sieht aus, als bräche er jetzt gleich in Tränen aus.
    »Verzeihung«, sagte sie in einem weicheren Tonfall. »Das war dumm von mir. Ich habe das nicht so gemeint. Aber begreifst du nicht, daß ich mich hereingelegt und betrogen fühle? Wie würdest du dich denn fühlen, wenn ich dich so hereingelegt hätte.«
    »Wenn es um deinen Job ginge, würde ich mich gar nicht darum kümmern. Wenn es dich und mich privat beträfe, würde ich mich verletzt fühlen«, sagte

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