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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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erhalten, und jetzt ging es folglich darum, wie sie mit ihrer Frist von 12 Stunden umgehen sollten.
    Die neue Lage bewirkte immerhin, daß Carl und Mouna sich leichter einigen konnten. Sie forderte zwei Wagen an, ein Taxi und ein Begleitfahrzeug mit Fahrern, aber nur zwei Mann zur Rückendeckung.
    Zwei Stunden später, als völlige Dunkelheit herrschte, leiteten sie das Unternehmen ein.
    Mouna sah ihn durch den Bildaufheller, als er zu dem Haus vorrückte. Ganz in der Nähe der Tür, durch die der Wachposten herauskommen würde, wenn die Entführer nicht plötzlich ihre Routine geändert hatten, stand eine große Regentonne. Er würde sich hinter ihr verstecken und dann mit dem Überfall beginnen. Sie hatte wiederum Funkverbindung mit ihren zwei Männern, die dreißig Meter entfernt in einem der Fluchtwagen saßen, aber diese mußten natürlich strikte Funkstille wahren, bis die Operation in Gang gekommen war.
    Als der Wachposten durch die Tür kam, spürte sie, wie ihr Puls losraste, bis sie so etwas wie eine Schmerzgrenze zu spüren meinte. Sie sah sich gezwungen, die Augen einige Augenblicke von dem Bildaufheller zu nehmen und in die Dunkelheit zu starren, um sich zu vergewissern, daß tatsächlich nichts zu sehen war. Durch das präparierte Nachtsichtgerät konnte sie den ganzen Ablauf fast so erkennen, als ob draußen Tageslicht herrschte.
    Der Wachposten blieb lange auf der Treppe stehen. Es sah aus, als würde er nicht seinen gewohnten Rundgang machen, und Mouna versuchte auszurechnen, was Carl dann tun würde.
    Wahrscheinlich würde er abwarten, bis der Mann wieder ins Haus ging, um dann gleich zu Phase zwei überzugehen, als wäre Phase eins schon erledigt.
    Es war unerträglich, einfach nur als passive Zuschauerin dazusitzen. Sie hatte keine genaue Vorstellung von Carls Fähigkeiten, aber dies war eine Situation, die nur bei Übungen leicht aussah. In Wahrheit war das Risiko eines Mißlingens riesengroß. Der Wachposten konnte etwa in der falschen Richtung um das Haus herumgehen, den falschen Weg um die Regentonne wählen oder sogar eine Zigarette anzünden, so daß die ganze Umgebung erleuchtet würde. Und da unten stand Carl, dicht an die Regentonne gedrückt, ohne sich zu rühren. Er hatte seine Nachtbrille abgenommen, vermutlich, damit ihn nichts störte, denn er rechnete ja nicht mehr damit, sich noch in der Dunkelheit bewegen zu müssen. Jetzt herrschten also gleiche Bedingungen, was das Sehen im Dunkeln betraf. Er hielt das kurze Messer mit der schwarzen, reflexfreien Klinge in der Hand, und an dieser Waffenwahl erkannte Mouna, wie er es ungefähr machen würde.
    Wenn es gelang, war es eine perfekte Methode, aber wenn er sein Ziel auch nur um einen Zentimeter verfehlte, wäre das Ergebnis katastrophal.
    Plötzlich kam der Wachposten zu einem Entschluß. Es war nicht der junge Mann, der an der Reihe war, und sie fühlte sich irrational erleichtert, als sie das sah, während sie zugleich unruhiger wurde, weil dieser Mann der hartgesottenste zu sein schien; er ging drei oder vier Schritte auf Carls Versteck zu.
    Sie erkannte mit so etwas wie Verzögerung, was dann geschah. Zunächst sah es aus, als wäre der Mann in Carls Griff nur lautlos zusammengesunken, als ob Carl ihn behutsam auf die Erde legte.
    Aber nachträglich ging ihr auf, daß sie auch den Stich gesehen hatte, den Stich gegen den unteren Teil des Rückgrats, der schräg von der Seite geführt worden war.
    Carl hatte bei dem Wachposten sowohl die große Körperschlagader durchstochen als auch das Rückenmark. Die Lähmung mußte unmittelbar eingetreten sein, worauf der Tod meist sehr schnell eintrat, gewöhnlich dadurch, daß die Atmung bei dem allgemeinen körperlichen Kurzschluß einfach aufhörte.
    Carl hatte sich wieder seine Nachtbrille aufgesetzt und winkte Mouna zu, Phase eins sei erledigt, was sie ja schon wußte.
    Doch dann ging er nicht auf die Tür zu, sondern drehte eine Runde ums Haus, so daß er gleich darauf aus ihrem Blickfeld verschwunden war. Sie fragte sich, weshalb, kam aber zu dem Schluß, daß er wohl wegen der Verzögerung wissen wollte, wo sich die anderen im Haus aufhielten.
    Die anderen Männer waren dabei, ihr Essen zu beenden. Doch das konnte nur Mouna von ihrer Position aus sehen, so daß es noch etwas langer dauerte, bis Carl sich dort unten ein Bild gemacht hatte.
    Als er wieder an der Hausecke auftauchte, ging er so, daß er zu hören war. Mouna erkannte, daß er den Wachposten spielte. Er ging mit lauten

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