Feind des Feindes
gerechte Strafe erhalten - zwei Mitteilungen, die einander zunächst zu widersprechen schienen. Die PLO erbot sich, die Geiseln nach Beirut zu eskortieren, falls sie freigelassen würden, und wenn die Verhandlungen nicht zum Erfolg führten, könne die PLO als letzte Maßnahme einen Befreiungsversuch auf eigene Faust unternehmen.
Peter Sorman hatte dieses letzte Angebot entschieden abgelehnt. Wenn die Geiseln starben, würde Arafat sagen, der Befreiungsversuch sei auf Verlangen der schwedischen Regierung unternommen worden. Und wenn die Geiseln lebend davonkamen, würde sich die PLO die Feder an den Hut stecken. Mit all den sonderbaren politischen Konsequenzen, die das in der erregten politischen Lage zu Hause nach sich ziehen konnte.
Die Botschaft in Damaskus übermittelte anschließend eine zusätzliche Forderung der Entführer. Sie verlangten nun auch von der diplomatischen Vertretung Schwedens Fluchthilfe für sechs Personen, am liebsten auf dem Luftweg und mit schwedischen Diplomaten als Schutz an Bord.
Das war aus politischen wie praktischen Gründen eine völlig unannehmbare Forderung.
Die Entführer behaupteten zu wissen, daß man sie zum Tod verurteilt habe und daß dies ihre einzige Chance sei, selbst zu überleben. Sie hätten eine Frist von zwölf Stunden gesetzt und würden anschließend das Los darüber entscheiden lassen, welchen Schweden sie als ersten töteten; sie würden für dessen Tod einen Beweis liefern und anschließend eine neue Frist setzen.
Die Forderung war natürlich unannehmbar. Der Vorschlag der PLO, das Versteck zu stürmen, war genauso unannehmbar. Es gab nur eine Möglichkeit: Man mußte versuchen, Zeit zu gewinnen, und die Verhandlungen mit dem Angebot fortzusetzen, daß man sich zwar eine Geldzahlung vorstellen könne, jedoch keine diplomatische Gruppenreise aus dem Land. Allerdings sah es düster aus.
Peter Sorman dachte plötzlich an Hamilton. Dieser saß ja angeblich nur siebzig Meter vom Versteck der Entführer entfernt.
Ein schwedischer Befreiungsversuch? Nein, das erschien kaum ratsam. Das würde bedeuten, daß Sorman ihm irgendeine Mitteilung dieses Inhalts zukommen lassen mußte, und wenn es gutging, würden die Militärs die Ehre einheimsen, und wenn es danebenging, würde man ihm, Sorman, und der Regierung die Schuld geben. Überdies gab es keine Möglichkeit, diesem Hamilton eine Nachricht zukommen zu lassen, jedenfalls keine Nachricht, die nachträglich politisch genehm oder auch nur vertretbar sein würde. Nein, Hamiltons einzige Aufgabe konnte nur darin bestehen, die Diplomaten mit seinen Beobachtungen zu versorgen. Nichts sonst. Man konnte nur hoffen, daß sie ihrerseits vorsichtig mit der Auswahl der Erkenntnisse waren, die sie ihm übermittelten.
Die letzte Mitteilung, die Carl von dem Botschaftssekretär in Damaskus erhalten hatte, war kurz, aber recht konkret.
Entführer haben unannehmbare Forderung gestellt. Geld und freies Geleit mit diplomatischen Geiseln. Antwort nein. Frist zwölf Stunden. Teilen Sie sämtliche Beobachtungen über denkbare Reaktionen und Aktivitäten mit. Ende.
Eine von Mounas Ordonnanzen war mit Anweisungen direkt aus Tunis erschienen. Man wolle einen Befreiungsversuch vorbereiten. Die schwedische Regierung sei einverstanden.
Carl schickte eine Anfrage an die Botschaft, ob sie die Richtigkeit dieser Angaben bestätigen könne. Rund eine Stunde später kam die Antwort aus Stockholm über Damaskus, in der das Außenministerium die Angaben entschieden dementierte. Die Meldung enthielt jedoch keine neue Anweisungen für Carl, was ihn sehr nachdenklich machte.
Dann hatten er und Mouna gestritten, wer eventuell was tun und ob sie Verstärkung herbeiholen solle.
Es dauerte einige Zeit, bis sie sich einigten.
Das taktische Hauptproblem bestand darin, daß sie nicht wußten, ob die Entführer Sprengladungen in dem Raum angebracht hatten, in dem die Geiseln gefangengehalten wurden. Sie hatten während der letzten Tage zwar nichts beobachtet, was darauf hindeutete. Es wäre jedoch riskant, in dieser Hinsicht einfach ins Blaue hinein zu operieren.
In der Abenddämmerung kehrte einer der Entführer zurück, der sechs oder sieben Stunden abwesend gewesen war, und Mouna und Carl konnten eine Zeitlang verfolgen, wie sie im Erdgeschoß stritten und diskutierten. Sie waren empörter und nervöser als je zuvor. Die Schlußfolgerung war einfach. Die Entführer hatten über Salah Salah von den schwedischen Diplomaten eine negative Antwort
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