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Feind in Sicht

Feind in Sicht

Titel: Feind in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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war, um das Kommando zu übernehmen und sie von einem Gefecht in das nächste zu führen.
    Plötzlich platzte er heraus: »Ich – ich habe mich verlobt, Sir, und will heiraten, wenn wir wieder in Plymouth sind.«
    Bolitho schenkte Rotwein in zwei Gläser. »Dann freut es mich, auf Ihr besonderes Wohl zu trinken, Mr. Inch.«
    Inch wischte sich den Mund und hob sein Glas gegen eine der Lampen. »Die Tochter eines Arztes, Sir. Ein sehr hübsches Mädchen.« Er nickte nachdrücklich. »Ich hoffe, daß wir bald nach England zurückkommen.«
    Bolitho wendete sich ab. Plötzlich wurde ihm bewußt, welche Rolle Inch in seinem Leben gespielt hatte, seit er das Kommando auf der alten
Hyperion
übernommen hatte. Inch war sogar in die Kirche gekommen, um Zeuge zu sein, als er und Cheney heirateten. Er drehte sich wieder zu Inch um und sagte leise: »Ich wünsche Ihnen allen Erfolg. Das ist für Sie ein Grund mehr, Gutes zu leisten und vorwärtszukommen.« Er grinste. »Ein eigenes Kommando vielleicht, was meinen Sie?«
    Inch blickte auf seine Füße. »Das – das hoffe ich sehr, Sir.« Bolitho hatte bereits an Bord des Flaggschiffs genug getrunken und gegessen, aber der Gedanke, jetzt allein zu sein, von dem übrigen Schiff durch die Schottwand und den Wachtposten vor seiner Tür getrennt, war mehr, als er ertragen konnte. Jedenfalls in dieser Nacht. Er ging durch die Kajüte und rüttelte seinen Diener an der Schulter. Als Petch sich verstört aufrappelte, sagte Bolitho: »Wir brauchen Rotwein. Und etwas von dem ausgezeichneten Käse, den meine Frau mir mit an Bord gegeben hat.«
    »Sie wird heute abend an uns denken, Sir«, sagte Inch.
    Bolitho blickte ihn ein paar Sekunden lang wortlos an. An uns, hatte Inch gesagt, und er hatte damit recht. Er vor allen anderen mußte wissen, was sie für die
Hyperion
bedeutet hatte, als sie als Passagier an Bord gewesen war. Als sie die Verwundeten betreut hatte, während über ihr die Decksbalken unter der Wucht der Breitseiten gebebt hatten.
    »Davon bin ich überzeugt«, stimmte er leise zu.
    Während Petch geschäftig den Tisch herrichtete, beobachtete Inch Bolitho, wagte kaum zu blinzeln aus Furcht, es könne ihm etwas entgehen. Er konnte sich nicht erinnern, Bolitho jemals so gesehen zu haben. Er saß auf der Bank unter den Heckfenstern und zupfte gedankenverloren an der schwarzen Haarsträhne, von der Inch wußte, daß sie eine grellrote Narbe verdeckte, und obwohl Bolithos Blicke auf Petch gerichtet waren, nahmen seine Augen nichts wahr, schienen in die Ferne gerichtet und wirkten irgendwie wehrlos. Inch empfand es wie eine Entblößung oder eine Indiskretion; er wußte, daß er niemals darüber sprechen, es immer für sich behalten würde.
    Noch ehe der erste graue Schimmer am Himmel erschien, wurde »Alle Mann!« befohlen, und mit mäßigem Wind verließ die
Hyperion
ihre beiden abgedunkelten Begleiter; während die Mannschaft eifrig an Fallen und Brassen zerrte, stand Bolitho auf dem Achterdeck und spürte deutlich die veränderte Stimmung, die die kurze Befreiung von der Überwachung durch Pelham-Martin mit sich brachte. Zum erstenmal in den zwei Monaten, seit sie Plymouth verlassen hatten, hörte er die Toppsgasten miteinander schwatzen und scherzen, während sie auf den vibrierenden Rahen arbeiteten, und vernahm die schrillen Stimmen der Midshipmen, die ihre Leute in einen privaten und gefährlichen Wettbewerb trieben.
    Nur wenige blieben lustlos und schweigsam, und Bolitho führte das eher auf die eisige Morgenluft und die reichlich mit Rum gewürzte Verpflegung des vergangenen Tages als auf eine latente Mißstimmung zurück.
    Es schauderte ihn, und er ging schnell zum Kompaß. Im schwachen Licht der Lampe sah er die Nadel zwar beben, aber stetig Nordnordost anzeigen. Mit etwas Glück konnten sie die
Ithuriel
gegen Mittag treffen. Wenn es nichts zu berichten gab, mochte die Zeit reichen, diese seltene Freiheit zu nutzen, um weiter nach Norden über die Gironde-Mündung hinaus zu segeln. Denn trotz des Selbstvertrauens des Kommodore und seiner offensichtlichen Überzeugung, daß eine mögliche Prise oder ein Blockadebrecher nur von Süden zu erwarten waren, wo er seine beiden anderen Fregatten eingesetzt hatte, wußte Bolitho aus Erfahrung, daß die Franzosen nur selten Entgegenkommen zeigten, wenn es darum ging, zu ihrer eigenen Niederlage beizutragen.
    Inch kam heran und griff an seinen Hut. »Soll ich die Bramsegel setzen lassen, Sir?« Auch er wirkte munterer und

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