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Feind in Sicht

Feind in Sicht

Titel: Feind in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Gestalten auf dem Achterdeck sehen. Ihre Gesichter hoben sich bleich von den ausgelaugten Planken ab: Gascoigne – die Seiten seines Signalbuchs flatterten im Wind. Und Stepkyne, das Glas auf die Fregatte gerichtet, die sie, auf dem entgegengesetzten Bug liegend, passierte. Selbst sein eigenes Schiff wirkte klein und gedrungen, und es war kaum vorstellbar, daß sechshundert menschliche Wesen ihr Leben in dem kompakten Rumpf verbrachten.
    Er dachte auch an die beengten Verhältnisse auf der Fregatte. Sie war nur eine von vielen, wettererprobt und auf sich selbst angewiesen, aber unentbehrlich, wenn der Feind in seinen Häfen eingeschlossen bleiben sollte. Bolitho schluckte schwer und griff nach einer Pardune. Eine weitere lange Kletterpartie wagte er nicht, nicht einmal abwärts. Also schwang er sich vor den verblüfften Augen des Ausgucks von der Saling und legte mit angehaltenem Atem den Weg zum Achterdeck auf eine schnellere, wenn auch weniger würdevolle Weise zurück. Keuchend erreichte er das Deck, war sich der grinsenden Seeleute ringsum bewußt, aber auch des Schmerzes in seinem Bein, wo ihm das dicke Stag bei der raschen Abfahrt die Haut versengt hatte.
    Steif sagte er: »Ehe das Licht völlig schwindet, will ich der
Ithuriel
noch ein Signal geben.« Er winkte Gascoigne zu sich. »Ich habe den Namen ihres Kommandanten vergessen.«
    Gascoigne stand immer noch verwundert der Mund offen, als könne er nicht glauben, daß ein Kommandant sich so merkwürdig verhielt. Er klappte sein Buch auf und stammelte:
»Ithuriel,
32 Geschütze, Kommandant ist Kapitän Curry, Sir!«
    Es würde banal klingen, wenn er ihm ein gutes neues Jahr wünschte, dachte Bolitho, aber es war besser als nichts.
    Stepkyne sagte: »Sie haben sie gut in Schuß gehalten, trotz des verdammten Wetters.«
    Bolitho nahm Gascoignes großes Signalteleskop und hob es über die Netze. Die Fregatte lag jetzt in Höhe des Achterdecks der
Hyperion,
und er konnte die gedrängten Gestalten auf dem Achterdeck unter dem zerfetzten Rest der Nationalflagge sehen. Er blinzelte ein paar Mal hastig, um klarer sehen zu können, aber… Er irrte sich! Er mußte sich irren. Seine Stimme klang immer noch gefaßt, als er kurz befahl: »Setzen Sie folgendes Signal, Mr. Gascoigne:
Hermes
an
Ithuriel.
Viel Glück.«
    Er ignorierte die Überraschung auf dem blassen Gesicht des Midshipman und schnauzte: »Ganz richtig. Ich habe
›Hermes‹
gesagt!« Dann fügte er hinzu: »Vielen Dank, Mr. Stepkyne.« Niemand äußerte etwas. Die unmittelbar neben Bolitho Stehenden wandten sogar die Augen von ihm ab, als ob sie nicht Zeugen dieses Wahnsinns werden wollten.
    Gascoigne meldete leise: »Sie hat bestätigt, Sir.«
    »Legen Sie das Schiff auf Backbordbug, Mr. Gossett«, befahl Bolitho, ohne den Steuermann anzusehen. »Wir drehen nach Westen ab.« Als dann die Pfeifen schrillten und die Matrosen zu den Brassen liefen, erklärte er schroff: »Die
Ithuriel
ist eine Fregatte mit 32 Geschützen, meine Herren. Dieses Schiff hat aber 36 Kanonen. Und nur ein Franzose würde uns für die
Hermes
halten.«
    Jetzt starrten ihn alle an. »Mr. Stepkyne beobachtete genau, erkannte aber nicht die volle Bedeutung: Sie ist zu gut in Schuß, zu sauber und gepflegt für die
Ithuriel
nach vielen Wochen Blockade.«
    »Aber was hat das zu bedeuten, Sir?« fragte Inch völlig ratlos. Bolitho beobachtete das Herumholen der Rahen und wie die Segel sich wieder mit Wind füllten.
    »Es bedeutet, meine Herren, daß die
Ithuriel
erobert worden ist. Nur so konnten diese Leute unser Erkennungssignal setzen.« Überraschend, wie ruhig und gefaßt es klang. Er begriff, daß sie es noch nicht durchschauten, während jede Faser seines Körpers danach schrie, daß sie es genauso verstehen sollten wie er. Er bemerkte Allday, der sich auf einen Neunpfünder stützte und zu der Fregatte zurückblickte, die nach und nach in Gischt und sinkende Dunkelheit glitt. Allday mußte wissen, was Bolitho empfand. Er war an Bord seines Schiffes gewesen, der
Phalarope,
als es von einem amerikanischen Kaperschiff angegriffen worden war. Auch dieses Schiff war eine ehemalige britische Fregatte gewesen, die in die Hände der Feinde gefallen war.
    Bohrend fragte Bolitho: »Warum geben die Franzosen sich solche Mühe, uns zu täuschen? Sie haben eine gute Fregatte erobert.
    Warum wollen sie das geheimhalten?«
    Gossett sagte: »Mir scheint, sie haben was zu verheimlichen.« Bolitho lächelte böse. »Genau das glaube ich, Mr.

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