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Feind

Feind

Titel: Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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schrammte mit solcher Wucht am Eisen
entlang, dass Helion gegen die Wand geworfen wurde. Ein Holzschild wäre
durchschlagen worden.
    Auch so richtete die Waffe Schaden an. Ajina schrie ihren Schmerz
heraus. Helion sah, wie sich die Toga über ihrem linken Arm rot färbte, noch
während der Speer in der Wand verzitterte. Ajinas Gesicht war bleich wie der
Putz.
    »Raus hier!«, schrie Helion.
    Estrog prallte gegen ihn. Die Gardisten drängten gnadenlos nach.
Unwillig grunzte der Barbar, als ein Schwert gegen seine Rückenpanzerung
donnerte. Sie hatten viel mehr Verfolger, als der Gang fassen konnte, und nach
den Rufen zu urteilen drängten weitere nach.
    In der Vorratskammer war es stockdunkel, aber die Außentür war als
graues Rechteck zu erkennen, in dem sich Derias Schattenriss abzeichnete.
Modranel musste schon draußen sein, Ajina folgte. Als Helion schon beinahe im Freien
war, rief Estrog: »Lebt wohl und bringt zu Ende, was wir gemeinsam begonnen
haben!«
    Helion wirbelte herum. »Beeilt Euch!«
    »Nein. Unser gemeinsamer Weg endet hier. In dieser Kammer kann ich
sie aufhalten. Flieht!«
    Widerwillig erkannte Helion, dass dies die einzige Möglichkeit war.
Er stürzte hinaus und schlug die Tür zu.
    Sie waren schon hundert Schritt entfernt, als Helion den Todesschrei
des stärksten Mannes hörte, den er jemals gekannt hatte.

    »Seine Lebenskraft war wohl schmackhafter als die meinige.«
Trotz seiner Lage, gefesselt an einen Pfahl, verlassen am Rande eines
Schlachtfeldes, troff die Stimme des Fayé vor herablassendem Zynismus. Die
Geräusche der Schlacht drangen zu ihnen herauf, die Finsternis lag massiv und
schwer im Tal und der Palast, in dem sich die Osadroi aufhielten, war nur
zweihundert Schritt entfernt, aber das fremdartige Wesen strafte die Umstände,
die einen anderen in den Wahnsinn getrieben hätten, mit Missachtung. Einzig der
mit einer schwarzen Robe zu seinen Füßen liegende Tote schien ihm ein Minimum
an Interesse abnötigen zu können.
    Helion atmete heftig vom schnellen Lauf. Ajina hielt sich ihren
linken Arm. Immerhin waren keine Verfolger zu sehen. Offenbar waren die
Gardisten nicht bereit, den Palast seines Schutzes zu berauben, um ein paar
erfolglosen Eindringlingen nachzustellen. In der Tat konnte ein Offizier leicht
auf den Gedanken verfallen, dass Helions Stoßtrupp nur ein Ablenkungsmanöver
gewesen war, ausgestattet mit jemandem, der Modranel zum Verwechseln ähnlich
sah. Wenn der eigentliche Angriff noch bevorgestanden hätte, wäre es ein
törichter Fehler gewesen, die Schattenherzogin von ihrem Schutz zu entblößen.
    Was aber nicht bedeutete, dass nicht doch eine Handvoll Bewaffneter
hinter ihnen hergeschickt würde. Spätestens, wenn dieser Schattenbaron Gadior
insistierte, dass er sich in Modranel nicht getäuscht hatte. Sie durften sich
nicht ausruhen.
    »Vermutlich wollt Ihr, dass wir Euch losbinden?«, fragte er den
Fayé.
    »Wenn es Euch nichts ausmacht, wäre ich Euch verbunden.«
    »In Eskad wäre man nicht froh, jemanden von Eurem Volk frei zu
wissen.«
    »Glaubt mir, im Nachtschattenwald war man auch zufrieden, den
aufsässigen Limoras los zu sein.«
    »Ist das Euer Name?«
    »Wenn es Euch gefällt.«
    Deria war vorausgegangen, um den Weg zu erkunden. Jetzt schrie sie
auf. Aber sie rannte nicht vor etwas davon, sondern weiter.
    »Sagt man nicht, der Feind eines Feindes sei ein Freund?« Helion
zerschlug die Fessel zwischen den sechsfingrigen Händen. Es waren seltsame
Zeiten, in denen eskadische Barone die Schatten stärkten und ilyjische
Mondschwerter den Fayé halfen.
    Helion eilte Ajina und Modranel nach, die bereits nach Deria
suchten. Sie fanden sie in einer Senke. Der Anblick war grauenhaft. Die Mutter
ging zitternd, als müsse sie sich bei jedem Schritt neu überwinden, durch die
Leichen von hundert Kindern. Keines war älter als zehn Jahre gewesen, die
meisten etwa fünf. Ihre Kleidung war größtenteils zerrissen, viele hatten aus
den Augen geblutet. Jetzt war der Lebenssaft getrocknet und auf den Wangen
geronnen.
    Helion wusste nicht, wie lange Limoras an dem Pfahl gestanden hatte,
aber die Geschmeidigkeit seiner Glieder schien die Zeit nicht beeinträchtigt zu
haben. Mit federndem Schritt trat er neben ihn. »Die hier hat nicht der
Tentakel dieses finsteren Unwesens erwischt, aber der Priester ist schneller
gestorben als die Kleinen. Er sah zwar nicht glücklich aus dabei, aber
wenigstens hat er nicht so enervierend gejammert.«
    Helion packte ihn an der

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