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Feind

Feind

Titel: Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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Eurem Schwert dient. Ich stelle
nicht in Abrede, dass es Mut erfordert, einem Feind gegenüberzutreten und mit
dem eigenen Leben für seine Sache einzustehen. Aber es ist auch nur Euer
eigenes Leben, das Ihr auf das Schlachtfeld tragt. Mir dagegen sind
dreißigtausend Leben anvertraut. Das muss ich bei jeder meiner Entscheidungen
bedenken.«
    »Es ist nicht lange her, da sagte mir unser Ordensmarschall
Ähnliches.«
    Truber nickte bedächtig. »Auch er trägt Verantwortung für mehr Leben
als nur sein eigenes. Aber dennoch ist es bei mir anders. Viele denken, es sei
ein Privileg, dem Adel anzugehören. Mein Vater lehrte mich, dass es eine Pflicht
ist. Sicher, wir hungern selten und schlafen in weichen Betten. Aber das ist
nicht der Grund, aus dem es den Adel gibt. Wir müssen das Volk anleiten, zu
seinem eigenen Wohl. Nicht ein prächtiger Palast ist das Zeugnis eines guten
Fürsten, sondern die Bauern auf seinem Land, die gesund leben, in Frieden,
verschont von Krankheit und Unbill.«
    Phaistor nahm nach einigem Schweigen den Faden wieder auf. »Es ist
nicht an uns, Euch zu widersprechen. Aber ist dieser Krieg nicht notwendig, um
das Wohl Eures Volkes zu sichern? Stellt Euch eine Welt nach dem Willen der
Götter vor. Eine Welt, die ganz den Menschen gegeben ist. In der die Schatten
vertrieben sind. Oh, ich bin kein Träumer. Wir werden das nicht mehr erleben,
aber wenn wir unseren Kindern diese Hoffnung vererben wollen, dann müssen wir
im Silberkrieg siegen oder wenigstens die Front halten. Ohne Silberklingen
haben wir den Schattenherren nichts entgegenzusetzen. Sie werden ihren
Schrecken auch über Eskad breiten. Auch über Eure Baronie.«
    »Das sagt mir auch mein König«, flüsterte Truber. »Aber unter dem
Gewicht von Königsträumen wird das kleine Glück der einfachen Leute zermalmt.
Ihr sprecht von der Zukunft, die die Götter der Welt bestimmt haben. Aber es
sind nicht die Wünsche der Götter, die mir anvertraut sind. Es sind die Leben
meiner Untertanen.«
    »Die Götter halten ihr Wohl in Händen.«
    Truber sah seine beiden Gäste an. »Ein Paladin kann leicht so
sprechen. Die Silberrüstung schützt vor Zweifeln. Aber wie viele Tote haben die
vergangenen zwanzig Jahre gefordert? Ich habe die Hände von Witwen gehalten,
die sich vor Gram die Augen ausgekratzt haben. Junge Frauen zum Teil, deren
Leben mit ihrem Gemahl auf dem Eis eines Schlachtfelds im Norden verblutete,
noch bevor es begonnen hatte. Davon weiß ein Mondschwert nichts. Eure Kameraden
sterben für eine Sache, an die sie selbst glauben. Nicht für das Sehnen ihres
Fürsten oder ihres Priesters.«
    Helion registrierte verwundert, wie sehr man außerhalb von Ilyjia
von der Integrität der Mondschwerter überzeugt war, auch wenn Truber diese
negativ auslegte. Wäre er einmal in Akene gewesen und hätte die in Samt
Gepanzerten gesehen, hätte er sein Urteil sicher überdacht. »Und dennoch könnt
Ihr unmöglich wollen, dass Eure Baronie in die Schatten fällt. Das Schicksal
Eurer Schützlinge wäre um vieles schlimmer.«
    »Im Moment ist das meine geringere Sorge.«
    »Wie meint Ihr das?«
    Schwer lehnte sich der Baron auf das Geländer. »Was seht Ihr dort
draußen?«
    Helion versuchte zu erkennen, was er meinte. »Den
Nachtschattenwald?«
    »Ja. Bäume, Farne, Schlingpflanzen. Was Ihr nicht erkennt, sind die
Augen. Augen, die uns beobachten. Sie sehen uns, aber wir können sie nicht
sehen, bis sie kommen, um uns ihre Klingen in das Herz zu stoßen.«
    »Von wem sprecht Ihr?«
    Truber wirbelte herum und starrte Helion in die Augen. »Ihr seid so
verbissen in Euren ewigen Krieg mit Ondrien, dass Ihr völlig vergessen habt,
dass es noch mehr Böses in der Welt gibt, nicht wahr? Wir sind hier in Eskad.
Wisst Ihr, dass diese Baronie besiedelt wurde, um Holz für unsere Flotte zu
schlagen? Weit im Osten liegen die Häfen, von denen die Schiffe Kurs nehmen
über das Meer der Erinnerung. Es waren einmal die besten Segler der Welt.
Unsere Vorfahren haben die Gischtlande bevölkert.«
    Als er eine Weile schwieg, sprach Helion wieder. »Warum erzählt Ihr
uns davon?«
    »Draußen auf dem Meer«, fuhr Truber fort, als habe er die Frage
nicht gehört und spräche zu sich selbst, »liegt der Seelennebel, unbewegt seit
jeher. Die Seeleute raunen von den verfluchten Geistern der Fayé, die dort zurückgelassen
wurden. Aber für uns hier sind die Fayé viel mehr als Geister. Wir haben mit
denen zu tun, die sich weigerten, dem Befehl der Götter zu folgen. Sie

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