Feindberührung - Kriminalroman
Kopf.
Als Pam vom Hocker rutschte, blieb in Ivankas Hand ein ganzes Büschel trockener schwarzer Plastikhaare.
Sie stellte die Flasche zurück auf den Tresen, spuckte auf die am Boden Liegende und sagte: » Das ist Mikes Wodka, du blödde Kchuh.«
22
N ach dem Besuch in der Kaserne waren Grewe und Therese wieder zurück in die Dienststelle gefahren.
Estanza und Claudi saßen noch über den Vernehmungsprotokollen, würden aber in einer halben Stunde damit durch sein. Bisher war ihnen nichts aufgefallen.
Fuchs trieb sich bei den Rauschgiftkollegen rum, und Burckhardt brachte gerade die LKA-Jungs zum Bahnhof. Es gab einfach derzeit keine Chance, und sie vereinbarten, dass man sich gegenseitig auf dem Laufenden halten werde.
Sie verabredeten eine Besprechung für sechzehn Uhr dreißig, danach voraussichtlich Dienstschluss. Wieder mal.
Grewe und Therese hockten in ihrem Büro. Regen schlug gegen die Scheibe. Grewe trank einen Kamillentee, Therese futterte Nüsse aus einer Tüte.
» Einer von uns muss zu Kertsch, Personal klarmachen für übermorgen. Ich will die Vernehmungen in der Kaserne straff durchplanen, da soll Zug rein. Aber wir brauchen in jeder Gruppe mindestens einen erfahrenen Vernehmer.«
Therese kaute auf einer ganzen Handvoll Nüsse herum und nickte nur.
» Und einer muss den vorläufigen Bericht im Fall Schönlein schreiben. Du hast die Wahl.«
Therese bedeutete mit der Hand, dass sie erst schlucken musste. Grewe trank mit wenig Begeisterung von seinem Tee.
» Ich schreib, du gehst.«
Grewe war überrascht.
Kertsch ging auf alles ein. Sie würden eine Hundertschaft kriegen und aus jedem Kommissariat zwei Beamte plus die gesamte SoKo Rems. Und er hatte noch einen guten Einfall.
» Wenn das in der Kaserne ist, dann kommen doch sicher auch Feldjäger?«
Grewe nickte.
» Na ja, dann beziehen Sie die doch in die Organisation mit ein, also beim Zuführen und so.«
» Das ist gut, das schafft auch eine Basis, Herr Kertsch.«
Die Besprechung läpperte so dahin, sie hätten in einer halben Stunde durch sein können, aber weil alle lustlos und schlecht drauf waren, quatschten sie fast bis halb sechs. Es gab von niemandem irgendeine neue Erkenntnis oder Idee.
Grewe ging dann noch Thereses Bericht durch und zeichnete ihn gegen. Therese telefonierte derweil im leeren Nachbarbüro.
Grewe löschte das Licht und klopfte nebenan.
» Ja-ha.«
Therese war gerade dabei zusammenzupacken, Grewe hatte ihren Mantel über dem Arm.
» Magst du noch was trinken?«
Therese schlang sich ihren Schal um, Grewe hielt ihr den Mantel hin.
» Nein, Lieber, nicht böse sein, heute nicht. Bin verabredet.«
» Oh. Vielleicht erfahre ich es ja irgendwann. Oder ist es nicht so eine Verabredung?«
Therese schaute an ihm vorbei. Plötzlich lachte sie.
» Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Mal sehen. Ist ja alles nicht so einfach im Moment.«
» Ja.«
Sie trennten sich vor der Direktion, Therese winkte ein Taxi ran, und Grewe trödelte trotz Regen über den Garnisonsplatz, kaufte sich eine Bratwurst und schlenderte unter den Arkaden an den Schaufenstern vorbei. Er blieb vor einer Dessousboutique stehen und überlegte, ob er Stina ein solches Nichts aus Wenig kaufen sollte.
Einfach mal so.
Da klingelte sein Handy. Er sah die Nummer seiner Schwiegereltern, und schlagartig wurde ihm schlecht.
Er sollte die Kinder bei ihnen abholen. Stina war heute mit ihrem Schreibkurs im Theater, und ihre Eltern hatten montags die Skatrunde. Mist. Und er musste zuerst nach Hause, das Auto holen. Er nahm den Anruf an und spurtete gleichzeitig Richtung Taxistand.
Bis alle gegessen hatten, die Schultaschen gepackt waren und jeder mit geputzten Zähnen im Bett lag, war Grewe nicht eine Minute zur Ruhe gekommen. Jetzt saß er mit einem Glas Wein auf dem Sofa. Oskar schnarchte auf dem Teppich, und Grewe schaltete stumpfsinnig im Fernsehprogramm hin und her.
Übermorgen würde er also vermutlich mit Rohmann in einem Raum sein. Er wusste noch nicht mal, ob er sich davor fürchten sollte. Auf dem Friedhof war ihm eher die Plötzlichkeit der Erinnerung in die Knochen gefahren als die tatsächliche Gegenwart von Rohmann. Der hatte ihm ja auch eigentlich nichts getan. Es war eine Ausbildung gewesen, zu der Grewe sich freiwillig gemeldet hatte, und sie hatten alle gewusst, was auf sie zukam.
Nein, das stimmte nicht.
Sie waren die Ersten gewesen, die Versuchskaninchen. Und niemand hatte wirklich gewusst, was sie erwartete. Es war lange, bevor
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