Feindberührung - Kriminalroman
er begleitet worden, die Fesseln hatten sie ihm erst unmittelbar vor der Zellentür abgenommen. Es war Mike scheißegal, wie sie mit ihm umgingen oder was sie dachten. Und wenn sie Angst vor ihm hatten, umso besser. Er würde hier sowieso nicht lange sitzen. Das Gespräch mit Uwe, seinem Anwalt, war kurz und unaufgeregt gewesen. Mike machte sich ohnehin keine Sorgen. Diese Drewniok-Nummer, mit der sie da gekommen waren, konnte ihm nichts anhaben, das hatte Uwe klar gesagt. Und Uwe wusste noch nicht mal, was Mike wusste. Uwe musste das auch noch nicht wissen, der Anwalt war sich sicher, seinen Mandanten bei der aktuellen Lage bald aus der U-Haft zu kriegen. Was glauben die, wer sie sind, dich mit so einer Luftnummer einzubuchten, hatte Uwe geschnaubt. Mike würde also den Rand halten und einfach abwarten. Er hatte zur Not einen todsicheren Backup, den er jederzeit aktivieren konnte. Beim Gedanken daran musste Perschel grinsen, das wäre eine ziemliche Überraschung für die Penner.
Das Einzige, worüber er gründlich nachdenken musste, war, wer ihn da in die Pfanne gehauen hatte. Es kamen nicht viele in Betracht, von seinen Jungs hier eigentlich nur Katsche und Wolfe. Und Wolfe war schon ein paar Tage verschwunden. Der Gedanke daran ließ eine gewaltige Wut in Mike Perschel aufsteigen. Verrat. Das war das Erste, worum er sich kümmern musste, wenn er raus war. Und wer es auch war, er würde das alles sehr bedauern. Plötzlich wurde es eng in Mikes Luftröhre, seine Brust war wie von einem Ring umschlossen. Die Zellenwände rückten ihm auf den Pelz, und sein Atem beschleunigte sich. Fuck. Was war das denn? Wut und Panik tobten gleichzeitig in seinem Inneren, es rumorte in seinem Darm, und seine Eier zogen sich zusammen. Er biss fest die Zähne zusammen und spannte seine Muskeln, bis er glaubte, knallrot zu sein. Dann ließ er plötzlich locker und blies die Luft mit Macht aus. Dann atmete er sehr tief und langsam, der beginnende Schwindel ebbte ab, und die Wände blieben, wo sie waren.
Zum Runterkommen legte er sich auf die Pritsche. Er spürte jetzt auch die Schmerzen wieder. Die Bullenwichser hatten ihn ordentlich ramponiert bei der Festnahme, aber er hatte sich schon schlimmer gefühlt in seinem Leben. Drauf geschissen. Der Kater und der kalte Schweiß vom Koksabbau machten ihm auch nicht viel aus. Nur das Ficken fehlte ihm jetzt schon, so war das immer in U-Haft. Wie auf Kommando bekam er einen Ständer. Sollte das hier länger als ein paar Tage dauern, dann würde er entweder einen korrupten Schließer finden müssen, der ihn mal ein bisschen mit Ivanka oder einer anderen Nutte allein ließ, oder Uwe musste für ihn Gemeinschaftsunterbringung beantragen. Da gäbe es dann allerhand zur Aufmunterung. Ein Joint und ein Bubiarsch waren ihm immer noch lieber als Hagebuttentee und die eigene Hand. Mit Wichsen tat er ja niemandem weh.
36°74’ Nord – 68°98’ Ost
» Also, was haben wir denn nun da vorne?«
Leutnant Georgi, der EOD-Truppführer verbreitete entspannte Stimmung. Klar, Aufregung konnten die Jungs am wenigsten brauchen.
» Der Junge hat ’ne selbstgenähte Stoffweste mit vielen Taschen um. Darin rechteckige Pakete, aus denen Kabel unter die Kleidung geführt sind. In jeder Hand hat er so Carrerabahnregler, die er nach unten drückt.«
Komisch, mit Georgi hatte er weniger zu tun als mit dem Oberfeldwebel, aber der Name war sofort da.
» Hmm. Schließauslösung. Also steht er entweder nicht freiwillig da, oder er soll warten, bis richtig viele von uns um ihn rumstehen.«
Von hinten trat ein Hauptfeldwebel an den Truppführer heran. Die EODs brauchten das ganze Gefechtsgeraffel nicht zu tragen, deswegen konnte man vorne auf ihren Schutzwesten wenigstens die Dienstgradabzeichen sehen.
» PackBot klarmachen?«
Der Leutnant überlegte.
» Weiß nicht, scheint ’ne eindeutige Sache zu sein, und der Roboter kann da gar nix machen. Müssen wir schon selber ran.«
» Der Junge ist an den Toten daneben gekettet.«
Die beiden EODs guckten ihn an.
» Mann, ist das krank.« Der Hauptfeldwebel spuckte aus.
Leutnant Georgi rieb mit der flachen Hand schnell über seine Nasenspitze, vielleicht juckte ihn da was.
» Was ist mit Bomber?«
Wovon redete Georgi?
» Rems. Was macht der bei dem Jungen?«
Rems. Bomber Rems. Oberfeldwebel Rems. Das gab’s doch nicht, warum war ihm der Name nicht eingefallen?
» Der hält ihm die Hände. Zur Beruhigung und um die Daumen zu entlasten.«
» Schlau.«
» Dem
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