Feindberührung - Kriminalroman
Luftlandebrigade 42 und hat seinen Dienst zwölf Jahre lang vorbildlich verrichtet. Er hat Menschen geschützt und Leben gerettet, er hat tapfer gekämpft im Auftrag der gewählten Volksvertreter. Einen Krieg kann man nun mal nicht nur mit Schwiegermutters Lieblingen führen. Ich werde ihm als Kamerad und Vorgesetzter die Ehre erweisen, und ich verwehre das auch keinem anderen Soldaten. Allein schon, damit der Sohn von Lars Rems mit diesem Bild von der Beerdigung aufwachsen kann: Dass sein Vater Soldat war und Kameraden seinen Tod betrauerten.«
Oberst Pagels atmete schnell, er zwang sich, die Frequenz zu senken. Schubert sah ihn aus schmalen Schlitzen an und nickte langsam. Dann hob der Politiker eine Faust und fing an abzuzählen.
» Totenschädel auf Motorhauben und neben Genitalien, KSK-Männer misshandeln einen Murat Kurnaz in Guantánamo, ein Bundeswehrposten erschießt eine Frau und zwei Kinder, ein anderer mäht verbündete Soldaten am Checkpoint um, während zu Hause frischgebackenen Unteroffizieren mit Paddeln Südfrüchte im Hintern versenkt werden. Gebirgsjäger kotzen Schnaps und rohe Schweineleber in die Stube.« Schubert hatte fünf Finger offen und fuchtelte jetzt mit beiden Händen vor Pagels Gesicht herum. » Möchten Sie dem gerne die trauernden Kameraden am Grab des in Ausübung seiner Pflichten als Drogenhändler Gestorbenen hinzufügen? Viel Spaß, Herr Oberst. Viel Spaß!«
Die Köpfe der beiden Männer waren sich nahe gekommen, weil Schubert immer leiser, aber mit zunehmendem Druck sprach. » Oberst Pagels, ich bin auf Ihrer Seite. Ich möchte Schaden von dieser Einheit und der gesamten Bundeswehr abwenden. Wir sind nicht in Amerika, diese Heldennummer frisst in Deutschland keiner, glauben Sie mir. Warten Sie die polizeiliche Untersuchung ab, und gehen Sie hinterher zur Familie. Dem Sohn können Sie dann alles Mögliche erzählen.«
Schubert griff sich noch einen Wiener Kringel und trank seinen kalten Kaffee aus. » Es tut mir leid, dass es jetzt so … scharf geworden ist, eigentlich wollte ich nur mal auf den Busch klopfen bei Ihnen, die Stimmung der Truppe aufnehmen und die Sache ganz ruhig besprechen. Na ja.« Er zermalmte das Gebäck zwischen seinen Kiefern.
Pagels sah über Schuberts Schulter aus dem Fenster. Wenn es heute nicht so windig und regnerisch wäre, würde er die Soldaten des Bataillons und der Stabskompanie über dem Hügelkamm Fallschirmspringen sehen, eigentlich war ein Sprungdienst geplant gewesen. Er schloss die Augen und imaginierte kurz den Blick auf Sonnenschein und grüne Schirme hinter einer laut brummenden Transall. Nach einem tiefen Atemzug sagte der Oberst mit noch immer geschlossenen Augen: » Wissen Sie, was das Schlimmste ist, Schubert?« Pagels guckte an die Decke. » Dass Sie recht haben. Wie sagte der Bündespräsident? Freundliches Desinteresse …« Pagels sah Schubert jetzt in die Augen. » Ein Kamerad aus meinem Offiziersjahrgang war vor einer Weile Kommandeur im PRT Kunduz. Es war eine schwierige Zeit für ihn, und er hatte große Probleme danach, auch karrieremäßig. Einer seiner nächsten Dienstposten war dann bei der Botschaft in Washington. Als er nachmittags in Uniform vom Dienst kam, begegnete ihm vor seinem Haus ein Paketbote. Der ist auf den für ihn erkennbar nicht amerikanischen Soldaten zugegangen und hat ihm die Hand gereicht mit den Worten: Thanks for what you’re doing, man.«
Schubert stieß mit flatternden Lippen Luft aus.
» Ach, Oberst Pagels. Glauben Sie, Politikern geht es anders? Selbst hier bei Ihnen, merken Sie das gar nicht? Ich versuche, Ihnen zur Seite zu stehen, und Sie sind mit Ihrem Soldaten-Ehre-Schlips beschäftigt, auf dem ich angeblich stehe.« Schubert stemmte sich aus dem Sofa hoch, Pagels stand ebenfalls auf.
» Machen Sie, was Sie wollen, Oberst. Danke für den Kaffee.«
Schubert ging grußlos, und Pagels hatte einfach keine Lust, die Form zu wahren und ihn zu begleiten. Er stellte sich ans Fenster und murmelte beim Hinausschauen leise: » …der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.«
Der Regen war stärker geworden.
15
D er Montag war ruhig verlaufen. Routinearbeiten. Grewe und die Beamten der SoKo » Rems« hatten Klarschiff auf ihren Schreibtischen gemacht. Mit Schönlein beschäftigten sich die Kollegen vom LKA, Perschel war jetzt Blums Job. Nach dem zeitigen Dienstschluss waren sie noch auf ein Bier in die Altstadt
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