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Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Mistress Cavendish. Wenn Sie mit ihm befreundet sind, wird ihm Ihre Gesellschaft möglicherweise mehr als alles andere helfen.« Er sah auf ihren Korb.
    »Ich habe ihm einige Bücher gebracht«, sagte sie mit dem Anflug eines Lächelns. »Und einige Törtchen. Mit Konfitüre aus Himbeeren, nicht etwa aus Mirabellen.«
    »Das ist sehr rücksichtsvoll von Ihnen«, sagte er aufrichtig.
    »Ich mag ihn sehr«, erklärte sie, »und auch mit seiner Frau war ich gut befreundet.«
    Gemeinsam blieben sie einige Minuten in der Sonne stehen, dann trat Wray durch die Terrassentür ins Freie. Er ging ein wenig unsicher, als könne er seinen Beinen nicht recht trauen. Sein Gesicht war gerötet wie auch seine Augen, aber offensichtlich hatte er es mit etwas Wasser besprengt und schien sich gefasst zu haben. Offenkundig verblüffte es ihn, Mrs. Cavendish zu sehen, doch war er nicht im Geringsten verstimmt  – höchstens war es ihm peinlich, ihr in einem solchen Zustand gegenüberzutreten. Er sah Pitt nicht an.
    »Liebe Octavia«, sagte er voll Wärme. »Wie schön, dass du mich wieder einmal besuchst, und noch dazu so bald. Du bist wirklich sehr aufmerksam.«
    Sie lächelte ihm herzlich zu. »Ich denke oft an dich«, sagte sie. »Es war mir einfach ein Bedürfnis. Wir alle mögen dich sehr.« Dabei wandte sie sich von Pitt ab, als wolle sie ihn von dieser Äußerung bewusst ausschließen. Sie nahm das Tuch vom Korb. »Ich habe dir einige Bücher gebracht, die du vielleicht gern lesen möchtest, und einige Törtchen. Ich hoffe, du magst sie.«
    »Das ist wirklich lieb von dir«, sagte er und gab sich hörbar Mühe, Freude in seine Stimme zu legen. »Möchtest du auf eine Tasse Tee ins Haus kommen?«
    Sie nahm an und ging mit einem forschenden Blick auf Pitt in Richtung Terrassentür.
    Wray wandte sich an Pitt. »Sie können auch gern wieder mit hineinkommen. Ich habe nicht den Eindruck, Ihnen besonders geholfen zu haben, muss allerdings gestehen, dass ich auch nicht weiß, wie ich das könnte.«
    »Ich bin nicht einmal sicher, dass es eine solche Möglichkeit gibt«, sagte Pitt. Dann ging ihm auf, dass in diesen Worten das Eingeständnis einer Niederlage mitschwang. »Und Sie waren von einer Gastfreundschaft, die ich nie vergessen werde.« Er
erwähnte die Konfitüre nicht, merkte aber an der Art, wie Wrays Augen aufleuchteten und ihm die Röte ins Gesicht stieg, dass er genau verstand, wie es gemeint war.
    »Danke«, sagte Wray aus tiefem Herzen. Bevor ihn sein Gefühl wieder überwältigte, wandte er sich um und folgte Mrs. Cavendish ins Haus.
    Pitt ging zwischen den Blumenbeeten hindurch zur Gartentür und trat auf die Udney Road hinaus.

Kapitel 11
    S üße Düfte lagen in der lauen Luft, die von der Heide herüberwehte. Die Blätter des Apfelbaums im Garten hinter dem Häuschen regten sich kaum. Stille und Dunkelheit herrschten, beste Voraussetzung für einen tiefen, ungestörten Schlaf. Doch Charlotte lag wach im Bett, sich ihrer Einsamkeit bewusst, und lauschte, als erwartete sie, etwas zu hören: irgendwo Schritte, ein loses Steinchen auf dem Weg vor dem Tor, vielleicht das Mahlen von Wagenrädern oder den Hufschlag eines Pferdes auf dem harten Boden.
    Als sie schließlich etwas hörte, fuhr es ihr wie Feuer durch die Adern. Sie warf die Decke zurück, stürzte die drei Stufen zum Fenster empor und spähte hinaus. Im Sternenschein war nichts zu sehen als die Schwärze der Nacht. Falls dort jemand war, hatte sie ihn nicht zu entdecken vermocht.
    Sie sah hinaus, bis ihre Augen schmerzten. Doch es gab keine Bewegung, lediglich ein weiteres leises Geräusch, kaum mehr als ein Rascheln. Ob das ein Fuchs war? Eine streunende Katze, ein jagender Nachtvogel? Am Abend hatte sie in der Dämmerung eine Eule gesehen.
    Sie legte sich wieder ins Bett, blieb aber wach und wartete.
     
    Auch Emily fiel es schwer einzuschlafen. Sie aber wurde von Schuldgefühlen gequält und der unausweichlichen Notwendigkeit, eine Entscheidung zu treffen, die sie nicht zu treffen wünschte. Sie hatte sich viele denkbare Gründe für die Angst
überlegt, unter der Rose litt, doch Geisteskrankheit hatte nicht dazu gehört. Vielleicht eine unglückliche Liebesgeschichte aus der Zeit, bevor sie Aubrey kennen lernte, wenn nicht gar danach, eine Fehlgeburt, ein Streit mit einem Angehörigen, der gestorben war, bevor es eine Gelegenheit zur Aussöhnung gegeben hatte. Kein einziges Mal hatte sie an etwas so Entsetzliches wie Irresein gedacht.
    Sie brachte es nicht

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