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Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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nicht ungefährlich«, erklärte Pitt. Zugleich aber spürte er, wie das Blut in ihm zu pulsen begann. Mit einem Mal fühlte er wieder Lebenskraft und Tatendurst. Möglicherweise zeichnete sich da ein kleiner Hoffnungsschimmer ab.
    Cornwallis lächelte kaum wahrnehmbar, eigentlich entblößte er lediglich die Zähne. »Er hat Wray benutzt. Jetzt wollen wir den armen Mann benutzen – ihm kann keiner mehr etwas anhaben. Sogar sein Ruf ist zugrunde gerichtet, falls der Gerichtsarzt auf Selbstmord erkennt. Damit würde sein Leben seinen Vorstellungen nach nahezu vollständig den Sinn verlieren.«
    Bei diesem Gedanken packte Pitt die blanke Wut. »Ja, ich würde Wray gern benutzen«, stieß er durch die zusammengebissenen Zähne hervor. »Niemand weiß, worüber er und ich miteinander gesprochen haben. So, wie es mir unmöglich ist zu beweisen, dass ich ihm nicht gedroht habe, kann niemand bestreiten, wovon ich erkläre, dass er es mir gesagt hat!« Auch Pitt beugte sich über den Tisch. »Er hatte keine Vorstellung,
wer ›Kartusche‹ sein könnte, aber das weiß außer uns niemand. Wenn ich nun sage, dass er gewusst hat, wer sich dahinter verbirgt, und es mir gesagt hat, behaupte, dass dieser Mann die Ursache seiner Seelenqual war –« Seine Gedanken jagten sich. »Und dass auch Miss Lamont trotz all seiner Vorsicht dahintergekommen war? Dass sie irgendwo in ihren Papieren eine diesbezügliche Notiz hinterlassen hat? Bei der Durchsuchung ihres Hauses haben wir nicht sogleich begriffen, was wir gesehen haben. Jetzt aber, mit Hilfe dessen, was ich von Wray erfahren habe, können wir …«
    »Dann wird der Mann kommen, um den Beweis zu suchen und zu vernichten …«
    »Dazu muss er aber erst einmal erfahren, was wir wissen!«, ergänzte Tellman. »Wie wollen wir erreichen, dass er es erfährt? Wird Wetron es ihm sagen? Er kennt den Mann sicher nicht, sonst hätte er …« Er hielt verwirrt inne.
    »Mit Hilfe der Zeitungen«, sagte Cornwallis. »Ich sorge dafür, dass sie die Mitteilung morgen drucken. Wegen Wrays Tod ist der Fall nach wie vor in den Schlagzeilen. Ich kann dafür sorgen, dass der Mann glaubt, er müsse sich in den Besitz von Miss Lamonts Notiz bringen, weil er sonst entdeckt würde. Wie sein Geheimnis aussieht, ist doch unerheblich.«
    »Und was wollen Sie Wetron sagen?«, fragte Tellman mit gerunzelter Stirn. Er wusste nicht recht, was er von dem Plan halten sollte, aber die Bereitschaft, etwas zu unternehmen, brannte in ihm. Seine Augen glänzten.
    »Nicht ich – Sie sagen es ihm«, verbesserte ihn Cornwallis. »Erstatten Sie ihm wie üblich Bericht. Teilen Sie ihm mit, dass sich der Kreis zu schließen beginnt: Voisey gibt Maude Lamont Geld, diese erpresst Kingsley und ›Kartusche‹, um Voiseys Gegenkandidaten aus dem Rennen zu werfen. Erzählen Sie ihm, dass Sie gerade dabei seien, die Beweise dafür zusammenzustellen. Er kann dann gar nicht anders, als die Presse zu verständigen. Allerdings muss er selbst von der Geschichte überzeugt sein, sonst druckt sie niemand.«
    Tellman schluckte und nickte bedächtig.
    »Trotzdem wird Wray als Selbstmörder beerdigt«, sagte Pitt. Schon die bloßen Worte schmerzten ihn. »Es … es fällt mir
schwer zu glauben, dass er … Nicht, nachdem er all seinen Kummer so mannhaft ertragen hatte und …« Aber vorstellen konnte er es sich. Jemand konnte noch so tapfer sein, doch manche Schmerzen wurden in den finstersten Augenblicken der Nacht unerträglich. Er hatte wohl meist die nötige Kraft aufgebracht, wenn Menschen um ihn waren, es etwas zu tun gab, die Sonne schien, er sich an der Schönheit der Blumen aufrichten konnte, an einem Menschen, der sich um ihn kümmerte. Aber allein im Dunkeln, zu mitgenommen, um den Kampf fortzusetzen …
    »Man hat ihn zutiefst bewundert und geliebt.« Cornwallis bemühte sich, eine bessere Antwort zu finden. »Vielleicht hat er Freunde in der Kirche, die ihren Einfluss geltend machen, um das zu verhindern.«
    »Aber Sie haben ihn doch gar nicht in die Enge getrieben«, begehrte Tellman auf. »Warum hätte er ausgerechnet jetzt klein beigeben sollen? Das wäre gegen die Grundüberzeugungen seines Glaubens!«
    »Wie hätte er das Gift zufällig nehmen können?«, fragte ihn Pitt bitter. »Eine natürliche Todesursache ist gänzlich ausgeschlossen.« Doch dann meldete sich in seinem Gehirn ein anderer Gedanke, eine verrückte Möglichkeit. »Vielleicht hat sich Voisey gar nicht einer Gelegenheit bedient, die man ihm

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