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Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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sein. Nie hätte sie geglaubt, dass Cornwallis einfach zuhören und nicht handeln würde, doch jetzt, als sie sah, dass geschehen würde, was sie hatte herbeiführen wollen, ging ihr auf, wie ungeheuerlich das war. Es bedeutete das Ende der Laufbahn ihres Mannes, eine entsetzliche Schande. Er würde keine Gelegenheit haben, aus vorgeschobenen gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand zu
gehen, denn jetzt war die Polizei mit der Sache befasst. Es war ohne weiteres möglich, dass man ihn sogar wegen Behinderung der Ermittlungsarbeiten oder der Verschleierung von Beweismaterial unter Anklage stellte. An die Möglichkeit einer Anklage wegen Mordes zu denken war sie nach wie vor nicht bereit. Nicht einmal in der geheimsten Kammer ihres Unterbewusstseins ließ sie diese Vorstellung zu.
    Mit einem Mal stand Cornwallis vor ihr. Seine Hände ergriffen ihre Arme und hielten sie, als habe sie geschwankt und werde im nächsten Augenblick in Ohnmacht fallen.
    »Bitte …«, sagte er eindringlich. »Bitte … setzen Sie sich. Ich könnte Tee kommen lassen … oder etwas anderes. Cognac?« Er legte den Arm um sie, führte sie zum Sessel und hielt sie, bis sie sich gesetzt hatte.
    »Es handelte sich nicht um ein f «, sagte sie und schluckte ein wenig, »sondern um einen Bischofsstab unter einem Hügel. Es ist völlig klar, wenn man darüber nachdenkt. Cognac möchte ich bitte nicht, aber Tee wäre gerade richtig.«
     
     
    Pitt wusste, dass es ihm weder möglich sein würde zu beweisen, um wen es sich bei ›Kartusche‹ handelte, noch dessen Beteiligung am Tod Maude Lamonts nachzuweisen, sofern er allein in die Southampton Row ging. Tellman befand sich in Devon, und aus der Bow Street traute er niemandem, immer vorausgesetzt, Wetron hätte ihm jemanden zur Verfügung gestellt, was unwahrscheinlich war, solange er ihm keine zufriedenstellende Erklärung liefern konnte. Natürlich aber hatte er dazu keine Möglichkeit, da er nicht wusste, ob und inwieweit Wetron in die Fälle verwickelt war, um die es ging.
    Daher suchte er Narraway auf, und dieser begleitete Pitt im hellen Sonnenschein des frühen Julivormittags höchstpersönlich in die Southampton Row. Schweigend legten sie den Weg zurück, da beide mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt waren.
    Immer wieder musste Pitt an Francis Wray denken. Kaum wagte er zu hoffen, dass die Obduktion zumindest ihm Hinweise darauf liefern würde, dass er sich nicht das Leben genommen
hatte. Ob sie dann imstande sein würden, das auch anderen zu beweisen, war eine gänzlich andere Frage.
    Er wiederholte im Stillen alles, was er – soweit er sich erinnern konnte – die Leute im Dorf gefragt hatte. Hatte er wirklich so unverhüllte Fragen gestellt, hatte darin eine Beschuldigung gelegen, so dass jemand auf den Gedanken kommen konnte, Wray habe etwas mit dem Mord an Maude Lamont zu tun gehabt? Inwiefern konnte man Wray Heuchelei oder ein Fehlverhalten unterstellen, wenn er die Frau in der Absicht aufgesucht hatte, ihre Machenschaften als betrügerisch zu entlarven?
    Unwillkürlich fiel Pitt die Geschichte Penelopes ein, die in Teddington gelebt hatte. Wray hatte sich sehr für die junge Frau eingesetzt, die ihr Kind verloren hatte, durch Séancen und Manifestationen getäuscht und in die Irre geführt worden war und sich schließlich das Leben genommen hatte, als sie sie durchschaut hatte. Pitt konnte sich ohne weiteres vorstellen, dass Wray in seiner Empörung über den Schaden, den Spiritistinnen anrichten konnten, mit aller Kraft versucht hätte, Maude Lamont bloßzustellen.
    Pitt wusste, dass das Medium zumindest zeitweise mit mechanischen Kunstgriffen gearbeitet hatte – ein Beispiel dafür war der Tisch –, und er konnte sich des Verdachts nicht erwehren, dass auch die Glühlampen für irgendwelche Täuschungen herhalten sollten. Kein gewöhnlicher Haushalt brauchte eine so große Zahl davon.
    War es andererseits denkbar, dass sie tatsächlich übernatürliche Kräfte besessen hatte, derer sie sich nur zum Teil bewusst gewesen war? Mehr als einer ihrer Klienten hatte gesagt, dass manche der Manifestationen sie zu verblüffen schienen, als hätte sie sie nicht selbst hervorgerufen. Und Helfer besaß sie nicht. Lena Forrest bestritt, irgendetwas von ihren Kunstgriffen oder deren Ausführung zu wissen.
    Dann kam ihm ein neuer, gänzlich ungewöhnlicher Gedanke. Doch je länger er ihn erwog und darüber nachdachte, desto mehr schien er ihm trotz allem, was dagegen sprach, einen Sinn

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