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Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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eigenen Interesse so klug sein, niemandem etwas davon zu sagen. Haben Sie das verstanden?«
    Sie sah ihn ängstlich an. Auch in ihrer Stimme lag Furcht,
als sie fragte: »Heißt das, Mistress Cavendish hat ihm vergiftete Törtchen gegeben? Warum sollte sie das tun? Sie hat ihn doch gemocht! Bestimmt hatte er ’nen Herzinfarkt.«
    »Es wäre in der Tat das Beste, wenn Sie das glaubten«, gab Narraway zurück. »Aber die Konfitüre spielt eine sehr wichtige Rolle, damit niemand weiterhin annimmt, dass er sich das Leben genommen hat. In seiner Kirche ist das eine Sünde, und man würde ihn in ungeweihter Erde begraben.«
    »Das ist gottlos!«, stieß sie wütend hervor. »Und schrecklich gemein!«
    »Gottlos ist es gewiss«, bestätigte Narraway. Man hörte ihm an, dass es ihm Ernst damit war. »Aber wann hätte das Menschen, die sich selbst für rechtschaffen halten, je gehindert, über andere zu urteilen, denen sie das nicht zubilligen?«
    Sie drehte sich mit blitzenden Augen zu Pitt herum. »Ihnen hat er getraut! Sie müssen unbedingt dafür sorgen, dass man ihm das nicht antut!«
    »Deshalb sind wir ja hier«, sagte Pitt besänftigend. »Um seinetwillen und auch um meinetwillen. Ich habe Feinde, und wie Sie ja bereits wissen, behaupten manche von ihnen, ich sei derjenige, der ihn in den Tod getrieben hätte. Ich sage Ihnen das, damit Sie nicht annehmen, ich hätte Sie in die Irre geführt. Ich habe nie geglaubt, dass er die Spiritistin in der Southampton Row besucht hat, und ich habe bei meinem vorigen Besuch die Frage auch gar nicht angesprochen. Der Mann, der das Medium aufgesucht hat, war ein gewisser Bischof Underhill, und er ist ebenfalls tot.«
    »Er hat doch nicht etwa …«
    »Nein. Es war ein Unfall.«
    Mitleid trat auf ihre Züge. »Der Arme«, sagte sie leise.
    »Vielen Dank, Miss Smith.« Niemand hätte an Narraways Aufrichtigkeit gezweifelt. »Sie haben uns wirklich sehr geholfen. Wir werden die Sache jetzt zu Ende bringen. Ich werde dafür sorgen, dass der für die Beurkundung zuständige Beamte einen Unglücksfall als Todesursache angibt. Wenn Ihnen an Ihrer Sicherheit liegt, sollten Sie nichts anderes sagen, ganz gleich, mit wem Sie sprechen und unter welchen Umständen, es sei denn, ich oder Mister Pitt bitten Sie, vor Gericht auszusagen,
wo Sie dann unter Eid die Wahrheit sagen müssen. Ist Ihnen das klar?«
    Sie nickte und schluckte.
    »Gut. Dann werden wir uns jetzt auf den Weg zum Gerichtsbeamten machen.«
    »Wollen Sie keinen Tee? Sie müssen auch noch Ihre Konfitüre mitnehmen«, fügte sie an Pitt gewandt hinzu.
    Narraway sah zum Kessel hinüber. »Nun, für eine Tasse haben wir Zeit, aber wirklich nur eine. Vielen Dank. Es war ein ungewöhnlich anstrengender Tag.«
    Sie warf einen Blick auf den Schmutz und die Risse in der Kleidung der beiden Männer, sagte aber nichts. So etwas wäre ihr unhöflich erschienen. Sie wusste nur allzu gut, dass es jedem einmal schlecht gehen kann. Sie gab kein Urteil über Menschen ab, die sie gut leiden konnte.
     
    Pitt und Narraway gingen zusammen zum Bahnhof zurück.
    »Ich fahre nach Kingston zu dem Gerichtsbeamten«, erklärte Narraway, als sie die Straße überquerten. »Er wird seinen Bericht so abfassen, wie ich es ihm sage. Francis Wray bekommt seine Beerdigung in geweihter Erde. Es hat wenig Sinn zu beweisen, dass ihn die von seiner Besucherin mitgebrachten Törtchen vergiftet haben. Man würde die Frau unter Mordanklage stellen und wegen unwiderleglicher Indizien verurteilen. Nur zweifle ich sehr, dass sie auch nur die geringste Vorstellung davon hatte, was sie da getan hat. Entweder hat ihr Voisey die Konfitüre gegeben oder, und das halte ich für wahrscheinlicher, gleich die vollständigen Törtchen, weil er sichergehen wollte, dass es keinen anderen traf – zum einen, um die eigene Haut zu retten, falls man die Sache bis zu ihm zurückverfolgte, und zum anderen, weil er seine Schwester nicht in Gefahr bringen wollte.«
    »Aber wie in drei Teufels Namen hat er es in dem Fall über sich gebracht, sie als Gehilfin bei seinem Mord zu benutzen?«, fragte Pitt. Ihm war solche Gefühlskälte vollkommen unverständlich. Er konnte sich keine noch so verzehrende Wut vorstellen, die ihn veranlasst hätte, einen unschuldigen Menschen als Mittel zum Tod eines anderen zu benutzen, ganz zu schweigen
von jemandem, den man liebte und der einem noch dazu vertraute.
    »Wenn Sie mir überhaupt von Nutzen sein wollen, müssen Sie endlich aufhören anzunehmen,

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