Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
er und übersah höflich Pitts Äußeres. Er stand an diesem Abend im Mittelpunkt, und das war ein hochbefriedigendes Gefühl.
    »Ist bereits etwas über Mister Radleys Wahlergebnis in Chiswick bekannt?«, fragte Pitt.
    »Ja, Sir. Es ist vor etwa einer Viertelstunde hereingekommen. Die Sache war knapp, aber er hat es geschafft, Sir.«
    Eine Welle der Erleichterung durchflutete Pitt. »Vielen Dank. Und was ist mit South Lambeth – Mister Serracold und Sir Charles Voisey?«
    »Ich weiß nicht, Sir. Ich habe gehört, dass es da ziemlich eng zugeht, aber Genaueres weiß ich nicht. Der eine wie der andere kann gewonnen haben.«
    »Danke.« Pitt trat beiseite, um dem Nächsten Platz zu machen, und eilte davon, um eine Droschke zu suchen. Wenn er nicht in einen ungewöhnlichen Stau geriet, konnte er das Rathaus von Lambeth in weniger als einer Stunde erreichen. Dort würde er die Ergebnisse aus erster Hand erfahren.
    Es war ein warmer Abend. Eine leichte Feuchtigkeit lag in der Luft. Halb London schien auf den Straßen zu sein, sei es zu Fuß, zu Pferde oder in Fahrzeugen, und die Straßen waren förmlich verstopft. Erst nach zehn Minuten fand er eine freie Droschke und bat den Fahrer, ihn über die Themse zum Rathaus von Lambeth zu bringen.
    Die Droschke wendete und fuhr in die Richtung, aus der sie gekommen war, wobei der Kutscher große Mühe hatte, gegen den Verkehrsstrom anzukämpfen. Überall leuchteten Lichter, Menschen riefen, man hörte Hufschlag auf dem Straßenpflaster und das Klirren von Pferdegeschirr. Pitt wollte dem Kutscher am liebsten zurufen, dass er sich beeilen solle, sich durchdrängen, aber ihm war klar, dass es keinen Sinn hatte.
Vermutlich tat der Mann bereits im eigenen Interesse, was er konnte.
    Pitt lehnte sich zurück und zwang sich zur Geduld. Er schwankte zwischen der Überzeugung, dass Aubrey Serracold nach wie vor gewinnen konnte, und dem nagenden Zweifel, ob überhaupt jemand imstande sei, Voisey zu schlagen. Der Mann war zu gerissen und sich seiner Sache zu sicher. Pitts Herz sank.
    Jetzt fuhren sie über die Brücke von Vauxhall. Er roch die Feuchtigkeit der Themse und sah, wie sich die Lichter am Ufer in ihrem Wasser spiegelten. Einige Vergnügungsdampfer waren noch unterwegs, Gelächter drang zu ihm herüber.
    Zwar waren auch am Südufer Menschen auf den Straßen, aber der Verkehr war dort nicht ganz so dicht, so dass die Droschke rascher vorankam. Vielleicht würde er noch rechtzeitig zur Verkündigung des Ergebnisses eintreffen. Fast hoffte er, dass die Sache vorüber sei, wenn er ankäme. Dann konnte er es sich einfach sagen lassen, und der Fall war erledigt. Gab es überhaupt etwas, was man tun konnte, um Voisey in den Arm zu fallen, falls er gewann? Dazu war wohl nicht einmal Narraway in der Lage. Würde Voisey eines Tages Lordkanzler des Landes sein, möglicherweise noch vor dem Ende der nächsten Regierungsperiode?
    Oder würde Wetron das vereiteln?
    Nein – der Mann besaß weder die dazu erforderlichen Fähigkeiten noch den Mumm. Voisey würde ihn vernichten, sobald er den richtigen Augenblick für gekommen hielt.
    »Wir sind da, Sir!«, rief der Kutscher. »Näher komm ich nich ran!«
    »In Ordnung.« Pitt stieg aus, bezahlte und drängte sich durch die Menge zur Rathaustreppe vor. Drinnen waren noch mehr Menschen, die einander stießen, um möglichst weit nach vorn zu kommen und etwas zu sehen.
    Der Wahlleiter stand auf dem Podium. Der Lärm legte sich. Spannung lag in der Luft. Ein Lichtschimmer brach sich auf Aubrey Serracolds blassem Haar. Er blickte steif und angespannt, hielt aber den Kopf hoch erhoben. Pitt sah Rose in der Menge. Sie lächelte. Zwar wirkte sie aufgeregt, doch die Furcht
schien von ihr abgefallen zu sein. Vielleicht hatte sie die Antwort auf die Frage, die sie Maude Lamont stellen wollte, auf eine weit bessere und sicherere Weise erfahren, als irgendein Medium sie ihr liefern konnte?
    Voisey stand auf der anderen Seite des Wahlleiters und wartete angespannt. Es freute Pitt zu sehen, dass er noch nicht wusste, ob er gewonnen hatte oder nicht. Er wirkte unsicher.
    Hoffnung durchdrang Pitt. Er hielt den Atem an.
    Im Raum herrschte Schweigen.
    Der Wahlleiter las die Ergebnisse vor, zuerst die für Serracold. Lauter Jubel erfüllte die Luft, die Zahlen waren beeindruckend. Aubrey errötete vor Freude.
    Dann wurde das Ergebnis für Voisey vorgelesen: er hatte an die hundert Stimmen mehr. Der Lärm war ohrenbetäubend.
    Aubrey war bleich wie ein Laken, doch

Weitere Kostenlose Bücher