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Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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zurückholen.
    Um vier Uhr zog sie ein Sommerkostüm in Altrosa an, von dessen Ärmeln bis zu den Ellbogen weiße Spitze fiel, denn sie wusste, dass es ihr besonders gut stand. Dann setzte sie ihren Hut eine Spur kecker auf als sonst und verließ das Haus.
    Als die Droschke auf den Trafalgar Square einbog, kam sie sich plötzlich lächerlich vor. Sie wollte dem Kutscher sagen, dass sie es sich anders überlegt habe, unterließ es aber. Wenn sie nicht hineinging und Cornwallis gekommen war, würde er es als bewusste Zurückweisung empfinden. Sie hätte damit einen Schritt getan, den sie nicht tun wollte und den sie nie wieder ungeschehen machen konnte. Es würde keine Möglichkeit geben, ihm das näher zu erklären. Er würde jede künftige Begegnung vermeiden, um sich nicht wieder so verletzen zu lassen.
    Sie lehnte sich zurück und wartete, bis die Droschke vor den breiten Stufen anhielt, die zu den gewaltigen Säulen und dem eindrucksvollen Eingang der Galerie emporführten. Nachdem sie ausgestiegen war und den Kutscher entlohnt hatte, stand sie im Licht der Sonne, den Blick auf die eindrucksvollen Steinlöwen gerichtet, umgeben von Verkehrslärm, Tauben, Touristen und Blumenverkäuferinnen.
    Die Langeweile, die sie am Vorabend empfunden hatte, musste ihr den Verstand geraubt haben! Mit ihrem Brief an Cornwallis hatte sie sich in eine Position gebracht, in der ihr keine Wahl blieb: sie musste vorwärts oder zurück. Keinesfalls konnte sie bleiben, wo sie war – einsam, unentschlossen, voller Träume, aber ängstlich. Sie kam sich vor wie ein Mensch, der am Spieltisch stand und darauf wartete, dass die Würfel, die er geworfen hatte, ausrollten und sein Schicksal besiegelten.
    Nein, das war übertrieben. Sie hatte lediglich einen guten Bekannten auf eine interessante Ausstellung hingewiesen, die sie sich ansehen wollte.
    Warum aber zitterten ihre Beine, als sie die Treppe emporstieg und die Steinplatten zum Eingang überquerte?
    »Guten Tag«, sagte sie zum Türsteher.
    »Guten Tag, meine Dame«, gab dieser höflich zurück und legte die Hand an den Mützenschirm.
    »Wo geht es zur Hogarth-Ausstellung?«, erkundigte sie sich.
    »Nach links, meine Dame«, erwiderte er und wies mit dem Kopf auf eine große Tafel.
    Heiß stieg ihr die Schamröte ins Gesicht, und sie dankte ihm mit erstickter Stimme. Er musste sie für blind halten! Wie konnte jemand so tun, als schätze er Gemälde, wenn er nicht einmal eine meterhohe Ankündigungstafel sah?
    Sie rauschte an ihm vorüber in den ersten Saal, in dem zumindestens ein Dutzend Menschen standen. Auf den ersten Blick sah sie zwei, die sie kannte. Sollte sie die Frauen ansprechen oder nicht? Wenn sie es tat, würde sie damit die Aufmerksamkeit auf sich lenken, unterließ sie es, konnten sie sich vor den Kopf gestoßen fühlen. Das würde böses Blut geben, und sie würden es mit Sicherheit weitererzählen.
    Bevor sie zu einer bewussten Entscheidung kam, siegte ihre Erziehung, und sie sprach die beiden an. Im selben Augenblick fürchtete sie, sich damit um die Möglichkeit gebracht zu haben, mehr als einige flüchtige, bedeutungslose Worte mit Cornwallis zu wechseln. In Gesellschaft war es so gut wie unmöglich, dass sie oder er das sagte, was ihnen am Herzen lag.
    Doch das Bedauern kam zu spät, es gab kein Zurück. Sie erkundigte sich nach dem Ergehen der beiden Bekannten, äußerte sich über das Wetter und hoffte inständig, dass sie gingen. Sie hatte nicht den geringsten Wunsch, mit ihnen über die Bilder zu reden. Schließlich nahm sie ihre Zuflucht zu einer Ausrede und behauptete, im Raum nebenan eine ältere Dame zu sehen, die sie kenne und mit der sie unbedingt sprechen müsse.
    Auch dort befand sich etwa ein Dutzend Menschen – doch keine Spur von Cornwallis. Ihr Herz sank. Warum hatte sie angenommen, er werde kommen, als könne sie über ihn bestimmen und als habe er nichts anderes zu tun, als Kunstausstellungen zu besuchen, wenn ihm der Sinn danach stand? Sie hatte nicht den geringsten Zweifel daran, dass er sich von ihr
angezogen fühlte, aber Anziehung war keine Liebe, war nicht das tiefe und bleibende Gefühl, das sie empfand.
    Die beiden Damen, mit denen sie gesprochen hatte, kamen herein. Es gab keinen Ausweg. Eine weitere halbstündige Unterhaltung folgte. Sie war verzweifelt. Letztlich war es gleichgültig  – das ganze Unternehmen war höchst unvernünftig gewesen. Hätte sie doch nie an ihn geschrieben! Wäre doch der Brief auf immer in der Post

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