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Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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können wir nichts ausrichten – und mit ihr auch nicht! Es ist ein Balanceakt. Gewinnen können wir nur dann, wenn wir immer einen Schritt voraus sind, unsere Taktik oft genug wechseln und jede kranke Stelle ausmerzen, sobald wir sie entdecken. Vor allem müssen wir der Vorstellung entgegenwirken, man könne praktisch alles tun, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden, der Annahme gewisser Männer, sie seien unfehlbar und unerreichbar. Doch selbst dann haben wir immer nur bis zum nächsten Mal gewonnen. Gleich danach fängt das Spiel mit neuen Spielern wieder von vorn an.«
    Mit einem Mal ließ er sich in seinen Sessel fallen. »Stellen Sie selbst fest, welche Beziehung zwischen Kingsley und Charles Voisey besteht und ob sie mit dem Tod dieser Frau zu tun hat oder nicht. Und seien Sie auf der Hut, Pitt! Für Cornwallis waren Sie Kriminalbeamter, jemand, der aufpasste und urteilte. Für mich sind Sie ein Spieler. Auch Sie werden gewinnen oder verlieren. Vergessen Sie das nie.«
    »Und Sie?«, fragte Pitt mit leicht belegter Stimme.
    Ein Lächeln legte sich auf Narraways Züge, doch seine Augen blieben so hart wie Kohle. »Ich habe die Absicht zu gewinnen!« Er sagte nicht, dass er eher sterben als loslassen würde – wie ein Kampfhund, dessen Kiefer die Beute auch im Tod festhalten. Das verstand sich von selbst.
    Pitt erhob sich, murmelte einen Gruß und ging hinaus. In seinem Kopf wirbelten Fragen umher, die weder Kingsley noch Charles Voisey betrafen, sondern Narraway.
    Er kehrte kurz nach Hause zurück und hörte auf dem Gartenweg am Ende der Keppel Street eine Stimme, die ihn rief. »Guten Tag, Mr. Pitt!«
    Verblüfft wandte er sich um. Wieder war es der Postbote, der ihm lächelnd einen Brief hinhielt. »Guten Tag«, erwiderte er, mit einem Mal erregt, denn er hoffte, dass der Brief von Charlotte war.
    »Von Ihrer Frau, nicht wahr?«, fragte der Postbote munter. »Ist sie irgendwo, wo es schön ist?«
    Pitt sah auf den Brief, den er in der Hand hielt. Die Handschrift ähnelte der Charlottes, doch sie war es nicht, und abgestempelt war er in London. »Nein«, sagte er, unfähig, seine Enttäuschung zu verbergen.
    »Sie ist ja erst seit einem oder zwei Tagen fort«, tröstete ihn der Mann. »Bei größeren Entfernungen dauert die Post etwas länger. Sagen Sie mir, wo sie ist, und ich kann Ihnen sagen, wie lange ein Brief von dort bis London braucht.«
    Pitt holte Luft, um ›Dartmoor‹ zu sagen, doch beim Blick in das lächelnde Gesicht und die forschenden Augen des Mannes spürte er, wie Kälte in ihm aufstieg. Es kostete ihn so große Mühe, sich zur Ruhe zu zwingen, dass er einen Moment lang nicht antworten konnte.
    Der Postbote wartete.
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen«, sagte Pitt und nannte den ersten Ortsnamen, der ihm einfiel. »Whitby.«
    »Aha, in Yorkshire!« Der Mann schien außerordentlich zufrieden mit sich zu sein. »Von Nordost-England bis hierher braucht die Post in dieser Jahreszeit höchstens zwei Tage, vielleicht sogar nur einen. Sie werden sicher bald von ihr hören, Sir. Möglicherweise amüsieren die sich so, dass sie gar nicht zum Schreiben kommen. Guten Tag, Sir.«
    »Guten Tag.« Pitt schluckte und merkte, dass seine Hand zitterte, als er den Umschlag aufriss. Der Brief war von seiner Schwägerin. Sie hatte ihn am Nachmittag des Vortages geschrieben.
    Lieber Thomas,
    mit Rose Serracold bin ich recht befreundet, und nachdem ich sie gestern besucht habe, glaube ich Dinge zu wissen, die für Dich von Bedeutung sein könnten.
    Bitte melde Dich bei mir, sobald Du eine Möglichkeit dazu hast.
    Emily
    Er faltete das Blatt zusammen und steckte es in den Umschlag zurück. Zu dieser Stunde des Nachmittags unternahm oder empfing sie normalerweise Besuche, aber eine bessere Gelegenheit würde sich nicht bieten, und vielleicht war ihm von Nutzen, was sie zu sagen hatte. Er konnte es sich nicht leisten, sich die geringste Spur entgehen zu lassen.
    Er machte auf dem Absatz kehrt und ging wieder in Richtung Tottenham Court Road. Eine halbe Stunde später saß er in Emilys Salon, und sie berichtete ihm nicht ohne Verlegenheit und Stocken von ihrem Zerwürfnis mit Rose Serracold. Sie erklärte, sie komme immer mehr zu der Überzeugung, eine übergroße Angst wovor auch immer habe die Freundin dazu getrieben, trotz der damit verbundenen Gefahr, sich öffentlich bloßzustellen, das Medium aufzusuchen. Im Übrigen habe sie Aubrey zwar nicht gerade hintergangen, aber doch auf jeden Fall

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