Feinde der Zeit: Roman (German Edition)

sich einsam?« Und ich antwortete: »Sie ist nur eine Kollegin. Laborpartnerin, meine ich. Wir studieren beide Medizin.«
    An der Stelle lachte Agent Collins und sagte: »Ich liebe es, wenn sich einer betrunken um Kopf und Kragen redet, ihr nicht auch? Laborpartner. Dass ich nicht lache!«
    »Und was ist mit deinem Freund? Findet er es denn in Ordnung, wenn du mit Fremden flirtest?« , fragte ich.
    »Los, Flynn, signalisier ihm, dass er sich über Brian auch keine Gedanken machen muss. Leg dich nur nicht zu sehr fest« , befahl Collins.
    »Brian flirtet doch selbst wie ein Weltmeister. Da kann er doch nicht gleichzeitig noch hören und sehen, was ich tue« , sagte Holly daraufhin.
    »Gut. Sehr gut« , lobte Collins sie. »Jetzt fordere ihn zum Tanzen auf. Carter und Lewis sind vor Ort. Sie springen ein, wenn ihm mit dir langweilig wird. Du kannst den Job behalten, wenn du willst. Aber unter uns: Lewis würde nichts lieber sehen, als dass du es vermasselst. Sie hat mir gerade gesagt, du hättest ohnehin nicht den Mumm, ihn näher an dich ranzulassen.« Er lachte wieder, als wüsste er, dass Holly das anspornte. Sie hörte es nicht gern, wenn ihr jemand sagte, dass sie in irgendwas nicht gut wäre.
    Dann folgten noch ein paar Worte zwischen mir und Holly. Sie forderte mich zum Tanzen auf. Der Journey-Song lief erst im Hintergrund und wurde dann immer lauter. Mir fiel wieder ein, wie kalkuliert ihre Gesten gewirkt hatten. Sie wollte es den anderen zeigen, aber eigentlich behagte ihr das Ganze nicht besonders. Außer in den kurzen Minuten, in denen ich das Gefühl gehabt hatte, sie hätte sich ganz in die Situation fallen lassen. Aber vielleicht hatte sie sich in diesen Momenten auch nur besonders gut in ihre Rolle eingefühlt.
    Oder ich in meine.
    »Ich wette, du gehst richtig aus dir raus, wenn du betrunken bist« , hörte ich mich sagen.
    »Und ich wette, dass du das nicht wirst überprüfen können« , gab sie zurück.
    »Sorg dafür, dass er dich zu sich einlädt, Flynn. Wir müssen seine Wohnung durchsuchen« , sagte Agent Collins.
    »Es sei denn …«
    »Übertreib’s aber nicht. Du kannst ihm immer noch was in den Drink tun. Richtig verführen brauchst du ihn nicht« , sagte Collins.
    »Was sagtest du noch, wo du wohnst?« , fragte Holly.
    Auf diese implizite Aufforderung ging ich nicht ein, dann mussten wir angefangen haben, auf die Servietten zu schreiben. In den nächsten Minuten hörte ich gar nicht richtig zu und dachte stattdessen über das nach, was Holly geschrieben hatte. Dann gebiete dem Wind und Feuer Einhalt, nicht aber mir. Versuchte sie, mir damit irgendetwas zu sagen? Dieses Zitat war einfach so – typisch Holly . Durch und durch. Das machte es sehr viel schwerer, dieses Mädchen von dem zu unterscheiden, dem das Tagebuch gehörte.
    Danach folgte der Teil, wo ich sie geküsst hatte, dann sprach wieder Agent Collins: »Okay, er hat offenbar nicht vor, dich zu sich einzuladen. Dann greifen wir zu Plan B. Beweise uns, dass er ein Agent ist, und beende dieses Kapitel zwischen euch beiden, zumindest vorerst.«
    Das erklärte ihre merkwürdigen Fragen, wer welche Augenfarbe hatte. Zu diesem Plan B gehörten die erfundene Wette von Senator Healy und die Wicked -Tickets. Nachdem ich gegangen war, begann Holly im Flüsterton ein Gespräch mit Agent Collins.
    »Ich glaube nicht, dass der das ist. Er ist so … verletzlich und doch vorsichtig« , sagte Holly. »Er kann nichts mit Adam zu tun haben. Ich weiß nicht. Er kommt mir einfach nicht wie ein Mörder vor. Das hier ist härter, als ich dachte.«
    »Niemand verlangt von dir, dass du Freud bist« , gab Agent Collins in einem wesentlich freundlicheren Ton zurück als den ganzen Abend vorher. »Befolge einfach die Anweisungen und überlass uns den Rest. Für eine Anfängerin hast du dich heute Abend gut geschlagen.«
    »Und was jetzt?« , fragte Holly.
    »Ich glaube, es kann nicht schaden, wenn du den Verdächtigen Nummer zweiundzwanzig ein bisschen eifersüchtig machst. Vielleicht kann uns das in Zukunft noch nützlich sein« , sagte Collins.
    Ich hörte Holly seufzen. »Ja, sicher.«
    »Okay, verstehe, du brauchst eine Pause. Schnapp dir Brian und sorg dafür, dass unser Mann sieht, dass ihr früh geht, und zwar zusammen. Das reicht vollkommen. Und Flynn?«
    »Ja?«
    »Ruh dich danach aus. Iss was. Ruf deine Mutter an. Tu, was immer du tun musst, um richtig auf Touren zu kommen. Ich will, dass du gesund bist und bei der nächsten Mission hundert Prozent