Feinde der Zeit: Roman (German Edition)
keinen Job angeboten«, erwiderte ich.
»Hast du nicht gehört, was Thomas neulich Abend gesagt hat?«, fragte Stewart. »Er hat Dinge erwähnt, von denen keiner von uns je gehört hatte. Und eigentlich klang es nicht so, als wollten sie uns lieber tot sehen. Ich weiß, dass wir davon ausgehen sollten, dass er uns manipulieren will, aber was, wenn nicht? Wir wissen doch nicht mal, wogegen wir eigentlich kämpfen, zum Teufel nochmal! Wir wissen nur das, was Marshall uns sagt, und neuerdings Healy. Aber ich werde keine Leute von Eyewall umbringen, wenn es nicht einen verdammt guten Grund dazu gibt.«
Sowohl Stewart als auch ich wandten uns nun Kendrick zu, die auf ihre Hände hinabsah. Sie holte tief Luft. Dann blickte sie auf und sagte: »Stewart hat recht. Alles, was neulich Abend passiert, hat mich ganz schön mitgenommen, aber ich konnte nicht genau benennen, woher meine Angst kam. Und jetzt diese Sache mit Holly –«
»Wir wissen gar nichts«, räumte ich ein. Diese Unsicherheit hätte eigentlich dazu führen müssen, dass ich mich noch schlimmer fühlte. Aber der Umstand, dass wir drei gerade übereingekommen waren, die Leute anzuzweifeln, für die wir arbeiteten, schuf eine angenehme Art von Verbundenheit zwischen uns. Obwohl ich jeder Art von Bindung in dieser Zeitleiste ja eigentlich hatte aus dem Weg gehen wollen. Mein Puls schnellte hoch, als mir plötzlich eine Idee kam, und ich sprach sie schnell aus, bevor ich es mir anders überlegen konnte. »Ihr müsst was für mich überprüfen. Es ist wirklich wichtig, aber den Grund kann ich euch im Augenblick noch nicht sagen.«
»O…kay«, erwiderten die beiden gleichzeitig.
»Wir brauchen die Bilder einer Überwachungskamera vom fünfzehnten März dieses Jahres. Aus der Zeit zwischen fünf und sechs Uhr am Nachmittag.« Ich erwartete, dass sie den Kopf schütteln oder ihr Widerstreben auf andere Art zum Ausdruck bringen würden, doch sie taten nichts dergleichen. »Es ist die Kamera an der 92. Straße, direkt vor dem Jugendhaus.«
Stewart schnappte sich den Laptop von Kendrick, stellte ihn auf die Küchenarbeitsfläche und tippte in rasendem Tempo etwas ein. »Ich glaube, ich weiß, wo wir die finden.«
Kendrick schaute ihr über die Schulter. Mein Blick fiel auf den Couchtisch. Dort lag Hollys Tagebuch, zusammen mit einigen Fotos von Adam und mir, die Holly gemacht und auf verschiedene Seiten aufgeklebt hatte. Ich nahm das rosafarbene Büchlein und die Fotos, setzte mich aufs Bett und blätterte die Seiten durch.
27. September 2009
Ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Jetzt hätte ich gern jemanden, der mir sagt, was ich tun soll. Ich war heute Abend mit Jackson verabredet. Ich sollte bei ihm im Studentenwohnheim vorbeikommen, und dann wollte ich dort mit ihm Schluss machen (wobei er natürlich nur in den ersten Teil eingeweiht war). Also komme ich um kurz vor sieben da an, und seine Mitbewohner Jake und Danny lassen mich rein.
Weil er noch nicht vom Unterricht zurück ist.
Ist das sein Ernst? Es ist sieben Uhr. Was zur Hölle hat er in den letzten fünf Stunden getrieben? Irgendwas Mysteriöses. Wie immer.
Gegen halb acht bin ich total sauer, aber er geht nicht mal ans Telefon. Ich beschließe, trotzdem zu bleiben, weil ich Angst habe, dass mich sonst die Entschlossenheit verlässt und ich ihm dann nicht mehr das sage, was ich ihm sagen muss.
Ich wusste, dass ich es am Abend davor aus gutem Grund vermieden hatte, das zu lesen. Mein Blick wanderte von der Tagebucheintragung zu dem Foto von Adam und mir, das uns im Zoo zeigte. Genau zwischen uns befand sich ein Elefantenhintern. Ich blätterte weiter nach vorn. Da war noch ein Foto von Adam und mir, diesmal von dem Abend, als wir bei den Ferienspielen mit den Kindern im Freien übernachtet hatten. Holly saß zwischen Adam und mir vor dem Zelt, und wir teilten uns eine Decke.
Holly kannte die Antwort auf die Frage, die der 07er Adam mir gestellt hatte: Er war mein Freund, auch ohne das ganze Zeitreisen-Thema. Ich hatte mir nie konkret überlegt, warum er und ich uns gleich so gut angefreundet hatten. Aber wenn ich jetzt zurückdenke, glaube ich, dass diese Version von mir verzweifelt auf der Suche nach jemandem war, der meine ganzen Probleme verstand, ohne viel Aufhebens davon zu machen.
Außerdem war er Hollys Freund; jemand, der sich ebenso wie sie sehnlichst wünschte, kein gewöhnliches Leben führen zu müssen.
Und jetzt war er nicht mehr da.
»Jackson?«, fragte Kendrick, während
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