Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feinde der Zeit: Roman (German Edition)

Feinde der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Feinde der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Cross
Vom Netzwerk:
telefonierten die meisten anderen Agenten nicht unbedingt miteinander, jedenfalls nicht, um zu plaudern.
    »Hey, weißt du was, ich rufe dich gleich zurück, ja?«
    Nachdem sie aufgelegt hatte, drehte ich mich mit dem Stuhl zu ihr um. Mir war es lieber, dass sie von mir erfuhr, was mit Dad und mir passiert war, und nicht von Stewart.
    »Wie kommt es eigentlich, dass du nie jemanden anrufst?«, fragte sie, blieb aber weiter ausgestreckt auf meinem Bett liegen.
    »Weil’s nicht nötig ist, nehme ich an.«
    »Stewart scheint aber zu glauben, dass du ein ganz schön umtriebiger Typ bist. Du musst doch zu Hause in New York Freunde habe, mit denen du in Kontakt bleiben willst.«
    »Wozu? Ist ja nicht so, als könnte ich sie treffen oder ihnen erzählen, was ich in all den Monaten so getrieben habe.«
    »Trotzdem. Du solltest den Kontakt zur Realität nicht verlieren. Wir werden uns schon sehr bald wieder unter die Leute mischen.« Sie seufzte und schüttelte den Kopf. »Okay, was sollte das mit den Stiften? Übst du für einen Darts-Wettbewerb, oder bist du auf irgendjemanden sauer? Doch hoffentlich nicht auf mich?«
    Also erzählte ich ihr von dem Zwischenfall mit Stewart, Dad und Marshall. Ich war mir ohnehin ziemlich sicher gewesen, dass sie die Sache besser aufnehmen würde als Stewart, aber ihre eindeutige Parteinahme für mich überraschte mich dennoch.
    »Was für eine unreife Zicke! Wir sind doch hier nicht im Kindergarten.«
    Ich warf die Hände hoch. »Genau das habe ich auch gesagt.«
    Kendrick sah plötzlich hochkonzentriert aus, dann setzte sie sich schnell auf und grinste. »O mein Gott, ich weiß, welche Aufgabe ich dir stelle.«
    Ich spitzte die Ohren, denn offenbar hatte sie etwas anderes im Sinn als eine weitere Bergtour, mit der ich nach unserem Gespräch über Höhenangst während des morgendlichen Abstiegs eigentlich gerechnet hatte. »Dass ich Stewart in der Lautlosen Selbstverteidigung schlage? Vielleicht noch mit verbundenen Augen?«
    Sie schüttelte den Kopf und sah mich weiter grinsend an. »Du musst sie küssen, und zwar vor allen anderen. Ich meine, so richtig; ich will eine waschechte Knutschszene sehen, mit allem Drum und Dran.«
    Ich verdrehte die Augen. »Also erstens würde sie mir in die Eier treten, bevor ich ihr dazu nahe genug kommen könnte, und zweitens verstehe ich nicht, was daran die besondere Herausforderung sein soll. Ich habe keine Angst davor, jemanden zu küssen. Abgesehen davon, dass es mich nicht zu einem vertrauenswürdigeren Partner für dich machen würde, geschweige denn zu einem besseren Agenten.«
    Kendrick stand auf, stellte sich hinter mich und legte mir ihre Hände auf die Schultern. »Irgendwer muss diese Zicke mal in die Schranken weisen. Sonst wird sie für den Rest ihres Lebens über dir schweben wie ein Damoklesschwert und es immer drauf anlegen, dich in Verlegenheit zu bringen. ›Mensch, Junior, seit wann trägst du denn keine Zahnspange mehr? Soll ich den anderen erzählen, wie dein nackter Hintern ausgesehen hat, als ich ihn zuletzt bestaunen durfte?‹«, sagte Kendrick und ahmte dabei perfekt Stewarts derzeitigen französischen Akzent nach.
    Ihre Argumentation wurde immer überzeugender. »Okay, ich höre.«
    Sie wirbelte zu mir herum. »Du musst zu ihr hingehen und sie einfach so küssen, ihr zeigen, wer die Hosen anhat. Das Mädel glaubt doch, sie könnte dich in die Tasche stecken. Ich persönlich bin es jedenfalls leid, ihr zuzuhören.«
    »Das ist aber doch irgendwie … frauenfeindlich, oder?«
    Sie dachte eine Weile nach, bevor sie antwortete: »In diesem Fall ist es notwendig. Du bist kein kleines Kind mehr, aber sie behandelt dich so. Das hat nichts mit Mann- oder Frau-Sein zu tun. Sie ist wie alt? Anderthalb Jahre älter als du?«
    »Und was wird Marshall denken, wenn du ihm sagst, meine Aufgabe sei es, jemanden zu küssen?«, fragte ich.
    »Mir egal, was er denkt. Ist er doch selbst schuld, dass er das so offen formuliert hat.« Sie riss mich von meinem Stuhl. »Komm, lass uns gehen, bevor du es dir anders überlegst und kneifen willst.«
    »Vielleicht ist jetzt nicht gerade der beste Zeitpunkt. Am Ende klebe ich ihr noch eine.«
    »Aber das ist nicht annähernd so interessant, wie sie zu küssen. Komm. Wahrscheinlich ist sie im Fitnessraum.« Und damit zerrte sie mich aus der Tür. Um zu der geräumigen Sportanlage zu gelangen, mussten wir durch drei Flure gehen. Stewart war tatsächlich dort; sie trainierte auf der Matte

Weitere Kostenlose Bücher