Feinde der Zeit: Roman (German Edition)
fünfzehnjährige Teenies – diese Geschichte würde bei den Tempest-Kollegen einschlagen wie eine Bombe, jede Wette.
Ich steckte die Waffe weg und beschloss, ab jetzt vorsichtig zu sein, damit ich Kendricks Tarngeschichte nicht gefährdete, wie auch immer die aussehen mochte. »Bitte entschuldigen Sie, ich dachte, Sie wären ein Einbrecher.«
Ich bettete Kendrick aufs Sofa. Michael legte das Messer auf dem Couchtisch ab und beugte sich über sie. »Lily, alles in Ordnung?«
»Sie hatte Probleme während des Flugs. Der Arzt hat ihr was gegeben, damit sie schlafen konnte.« Er schaute mich noch immer an, als könnte ich jederzeit auf ihn schießen. »Wir arbeiten zusammen«, fügte ich hinzu.
»Tragen denn alle Mitarbeiter der Seuchenschutzbehörde eine Waffe?«
Seuchenschutzbehörde? Ich war mir nicht sicher, ob ich diese Rolle vortäuschen konnte. Hoffen wir, dass Michael genauso viel von der Arbeit dieser Behörde versteht wie von Selbstverteidigung.
»Brandneue Vorschrift«, log ich drauflos.
Sein Gesicht entspannte sich, dann sprang er plötzlich auf. »Ist Lilys Gepäck noch draußen? Ich laufe schnell runter und hole es. Sie müssen ja kurz vor dem Kollaps stehen, nachdem Sie sie die Treppe hochgetragen haben.«
Während Michael ihren Koffer holte, unternahm ich einen neuen Versuch, Kendrick zu wecken. Sie bewegte sich und schlug schließlich die Augen auf. »O Gott, sind wir schon zu Hause?«
»Ja, und zwar gesund und munter.« Ich half ihr, sich aufzusetzen, und sah mich dann zum ersten Mal im Zimmer um. Alles war rosa und geblümt. Auf dem Couchtisch lagen jede Menge Ratgeber zur Hochzeitsvorbereitung. Das hier war das mädchenhafteste und untypischste Apartment für eine Geheimagentin, das ich mir vorstellen konnte.
Aber vermutlich eine gute Tarnung.
»Ich hatte auch bereits das Vergnügen, deinen Zukünftigen kennenzulernen.«
Sie rieb sich stöhnend die Schläfen. »O Gott.«
»Hättest du mich nicht warnen können? Mal ganz im Ernst: Ich hätte den armen Kerl fast über den Haufen geschossen, weil ich ihn für einen Eyewall-Agenten oder EOT hielt.«
Ihre Augen weiteten sich. »Ach, herrje! Sag mir, dass das nicht wahr ist.«
Ich schüttelte den Kopf, und in dem Moment kam Michael mit zwei Koffern durch die Tür. »Lil, du bist wach.«
Sie sprang vom Sofa auf, hüpfte buchstäblich über den Couchtisch und fiel ihm in die Arme. »Ich wusste, dass du da bist. Ich hab doch mein Lieblingsessen gerochen.«
»Ähm, ich verschwinde dann wohl besser und gucke mal, was meine Wohnung macht«, sagte ich und ging um die beiden Turteltäubchen herum.
»Warten Sie, Sie müssen zum Essen bleiben« sagte Michael. »Dafür, dass Sie es wochenlang mit Lily ausgehalten haben, haben Sie sich ein Abendessen verdient.«
»Bitte, Jackson«, sagte Kendrick und zog eine Augenbraue hoch.
War dieses Essen eine Bestechung, damit ich nichts von ihrer Verlobung erzählte? Es gab wohl nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.
»Also gut, wenn ihr darauf besteht.«
»Das ist der beste Coq au Vin, den ich je gegessen habe«, sagte ich beim Essen zu Michael.
»Er wird vierundzwanzig Stunden in einer Weinsauce mariniert. Und die Tomaten und Zwiebeln sind das Tüpfelchen auf dem i«, antwortete er.
»Michael besucht eine Kochschule«, erklärte Kendrick. »Er ist fast fertig mit der Ausbildung und hat schon jede Menge Jobangebote von den besten New Yorker Restaurants.«
Die knallharte CIA-Agentin Kendrick würde also einen Koch heiraten. Die Geschichte, die ich herumerzählen konnte, wurde von Minute zu Minute besser.
»Ja, das wundert mich nicht.«
Michael grinste mich an und füllte mir Wein nach. »Und wie sind Sie darauf gekommen, für die Seuchenschutzbehörde zu arbeiten und Medizin zu studieren? Sie sehen so aus, als könnten Sie eigentlich gerade mal mit der Highschool fertig sein.«
Ich wischte mir den Mund mit der Serviette ab und dachte kurz nach. »Eigentlich bin ich gar kein Medizinstudent.« Kendrick hustete in ihre Serviette, doch ich ignorierte sie. Ich brachte es einfach nicht fertig, so zu tun, als wäre ich ein angehender Arzt. Dieser ganze Bereich lag vollkommen außerhalb meiner Fähigkeiten. »Ich bin bei der Behörde vor allem für die Datenverarbeitung zuständig und für ganz einfache Sachen auf Praktikanten-Niveau. Ich bin nämlich leider nicht so ein wissenschaftliches Genie, wie andere es sind.« Ich verdrehte die Augen und sah in Kendricks Richtung. »Mein Vater arbeitet in der
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