Feinde der Zeit: Roman (German Edition)
Verzweiflung und meine Trauer standen mir allzu deutlich ins Gesicht geschrieben. Adams Wut verflog in Sekundenschnelle. »Was ist denn bloß passiert? Ist sie wieder erschossen worden?«
Ich schüttelte den Kopf, sagte aber nichts weiter.
»Komm schon, du musst es mir erzählen. Wird hier so was passieren, in der Zukunft?« Er packte mich am Arm und zwang mich, vor ihm stehen zu bleiben.
»Das Einzige, was du tun musst, ist, sie von der anderen Version von mir fernzuhalten«, sagte ich ein bisschen zu nachdrücklich.
Adam machte einen Schritt zurück und ließ seine Hand sinken. »Ich verstehe das einfach nicht. Du warst so sauer, dass dein Dad dich angelogen hat. Und trotzdem hast du ihm eben gesagt, er soll es wieder tun. Woher willst du wissen, dass es nicht sogar dazu beiträgt, dass es früher passiert, wenn er der anderen Version von dir von ihren zukünftigen Fähigkeiten erzählt? Vielleicht findet diese andere Version es auch gar nicht so verrückt. Ich könnte ihr helfen, und wenn ich Holly ein bisschen was darüber erzähle, könnte sie wenigstens diese andere Version treffen.«
»Nein!«, sagte ich. »Weißt du, was diese andere Version von mir Holly antun würde? Ich kann es mir ziemlich gut vorstellen. Diese Version von mir hat außerdem auch keine Veranlassung, mit dir zu reden.«
Adam verschränkte die Arme vor der Brust. »Aha, so ist das also. Du glaubst, dass du dich nie mit einem wie mir angefreundet hättest, wenn du im Jahr 2009 nicht versucht hättest rauszufinden, warum du durch die Zeit reisen kannst. Du scheinst zu glauben, dieser andere Typ wäre ein völlig anderer Mensch. Aber das bist trotzdem noch du, Jackson.«
Ich wusste nicht, ob er recht hatte, was seine Theorie über unsere Freundschaft anging. Und es gab auch keine Möglichkeit, das alles noch einmal zu wiederholen, um es mit Sicherheit sagen zu können. Aber die Idee, dass die 07er Holly mit meinem siebzehnjährigen Ich zusammenkam, konnte ich unmöglich so stehen lassen. Ich wusste genau, was in ihm vorging.
»Lass es bleiben, Adam«, bat ich ihn inständig. »Versprich mir, dass du das nicht tun wirst.«
»Okay, in Ordnung. Du bist also in diesem Paralleluniversum in der Zukunft nicht mit Holly zusammen. Verstehe«, sagte er inzwischen eher entnervt als wütend. »Aber du lebst. Und du kannst weiterhin springen. Woher willst du dann wissen, dass nicht noch ein klitzekleines Fünkchen Hoffnung darauf besteht, dass es doch noch irgendwie irgendwann klappen könnte? Möchtest du sie nicht lieber mit was Besserem zurücklassen als diesem Müll, den du geschrieben hast, einfach für den Fall, dass du zurückkommst?«
Hatte ich das nicht vor ein paar Minuten noch zu Dad gesagt, als ich ihn gebeten hatte, auf Adam und Holly aufzupassen?
Ich seufzte und legte meine Hand an ihre Wange. »Ich weiß es nicht. Ich weiß einfach nicht, was besser ist«, gab ich zu.
»Sie wird dich nicht hassen, weil du gegangen bist«, sagte er. »Und ich auch nicht. Glaubst du nicht, dass es vielleicht einfach so sein soll … dass Holly dich immer lieben wird, in all ihren Versionen, und dass selbst jemand mit Superkräften wie du daran nichts ändern kann?«
Diese Frage war nicht manipulativ gemeint und auch nicht darauf abgestellt, Schuldgefühle in mir zu wecken, sondern es war eine echte Frage. Also gestattete ich mir, darüber nachzudenken. »Die Holly in der Zeitleiste, aus der ich gerade komme, steht überhaupt nicht auf mich, und sie ist mit jemand anderem zusammen. Und die erste Holly, der ich begegnet bin, hatte auch nicht wirklich eine hohe Meinung von mir.« Ich zuckte mit den Schultern, als wäre es egal, als täte mir das nicht weh. »Das beantwortet deine Frage dann ja wohl.«
Seine Reaktion erstaunte mich, denn er lachte. »Aber alle Versionen von mir mochten dich, das ist doch wenigstens etwas.«
»Ja, aber ich frage mich wirklich, warum«, scherzte ich. »Es liegt an meinen Grübchen, hab ich recht? Und nicht daran, dass ich so ein faszinierender Freak bin.«
Er boxte mich in die Schulter, lachte aber weiter. »Endlich ist der Roboter verschwunden. Jetzt schreib einen vernünftigen Brief, du Blödmann.«
Ich brauchte nur eine halbe Sekunde nachzudenken, dann wusste ich, was ich schreiben musste. Eine Handvoll Wörter, mehr brauchte ich nicht. Ich faltete das Blatt und steckte es in ihre Handtasche. Dann hörte ich, wie Dad mich rief.
»Kannst du ihm sagen, dass ich gleich da bin?«, bat ich Adam.
»Ja, klar, mache
Weitere Kostenlose Bücher