Feinde der Zeit: Roman (German Edition)
begreifen. »Und was ist mit der anderen Version von dir? Der, die gestern mit mir gefeiert hat? Hast du … das bereits durchlebt?
»Ja, aber ich glaube nicht, dass diese Version von mir zurückkommt.«
»Warte mal kurz«, sagte er und sprang vom Bett auf.
Ich wartete, während er ins Bad ging und sich das Gesicht wusch. »Okay, jetzt bin ich wach. Erzähl mir alles.«
Verschwinde einfach. Geh jetzt sofort, sonst wird es nur noch schwerer. Aber ich konnte nicht. Noch nicht.
Ich brauchte gar nicht so lange, wie ich gedacht hatte, um die wichtigsten Ereignisse der letzten Monate zu erklären. Und Adam hatte diesmal auch keine Koffeintabletten eingeschmissen, weshalb er mich auch nicht permanent mit weiteren Fragen unterbrach. Eine Menge Details ließ ich einfach weg.
»Ich kann nicht glauben, dass du für sie arbeitest. Und das mit diesem Experiment ist total gruselig. Woher willst du denn wissen, dass sie nicht –«
»Ich weiß es einfach, okay?«, unterbrach ich ihn. »Vertrau mir.«
»Bist du sicher, dass du zurückgehen musst?«, fragte er.
»Ja, schon.« Ich schaute auf das leere Blatt, das vor mir lag. »Glaubst du, dass die andere Version von mir, die, die aus Spanien verschwunden ist, einfach wieder auftauchen wird?«
»Das wäre zumindest das Logischste. Aber es sind ja einige Wochen vergangen. Wird dein anderes Ich sich fragen, was an all diesen Tagen passiert ist?«, fragte Adam.
»Ja.«
Wir drehten uns beide um und sahen Dad in der Tür stehen. »Wirklich?«, fragte ich.
Dad kam langsam ins Zimmer und setzte sich aufs Sofa. »Dr. Melvin und ich haben gerade darüber gesprochen, wie man mit dieser Situation am besten umgehen sollte, und wir haben ein paar Vorschläge. Nummer eins: Wir erfinden eine Tarngeschichte für den siebzehnjährigen Jackson. Er könnte einen Unfall gehabt und ein paar Wochen im Koma gelegen haben, aus dem er mit Gedächtnislücken erwacht ist. Nummer zwei: Wir erzählen ihm alles über Axelle und über die Fähigkeiten, die er in der Zukunft entwickeln wird. Jetzt, wo ich gesehen habe, wie gut du mit diesen Dingen umgehen kannst, bin ich, was das angeht, ein bisschen optimistischer.«
»Aber wenn Jackson nicht weiß, dass er durch die Zeit reisen kann oder es zumindest können wird, wird es ihm ganz schön schwerfallen, das zu glauben«, wandte Adam ein, der offensichtlich weder Dad noch der CIA traute.
Dad sah mich lange an. »Es gibt noch eine dritte Option. Du könntest einfach hierbleiben.«
Der Vorschlag war verlockend, aber ich wusste, dass das nicht gut war. Holly und Adam lebten in ständiger Gefahr, wenn sie in meiner Nähe waren. Sie mussten in ihr altes Leben zurückkehren und mich vergessen. Und ich hatte noch viel zu viele Rätsel im Jahr 2009 zu lösen.
Ich hab sie schon ziehen lassen. Wenn ich bleibe, muss ich das alles irgendwann noch mal durchmachen.
Ich war noch immer tief in Gedanken, als ich merkte, dass Dad mich erwartungsvoll ansah. »Möchtest du meine Meinung hören?«, fragte ich.
Er lächelte. »Ich dachte mir, dass du das alles besser weißt als wir.«
Adam schnaubte laut. »Nein, tut er nicht. Weil Sie ihn sein ganzes Leben lang belogen haben.«
Was absolut stimmte. Mein siebzehnjähriges Ich hatte keine Ahnung davon, dass es in einem Jahr zum ersten Mal durch die Zeit springen würde, Dad und Dr. Melvin dagegen durchaus. Und sie hatten es auch schon gewusst, bevor ich das zweite Mal im Jahr 2007 gelandet war. »Nehmt die Geschichte mit dem Unfall«, sagte ich widerstrebend. »Aber sagt ihm die Wahrheit, nachdem es passiert ist, nach dem ersten Sprung durch die Zeit. Und erzählt ihm auch von den anderen Sachen, über die wir geredet haben.«
Die Falten in Dads Gesicht wurden tiefer, doch er nickte, und ich wusste, dass er verstanden hatte, was ich meinte. Rede mit mir über Courtney und vielleicht auch über Eileen. Lass keine weiteren zwei Jahre diese Wand zwischen dir und meinem anderen Ich stehen.
»Moment. Wir sind doch befreundet, oder? In dieser anderen Zeitleiste, meine ich. Du hast doch diese Version von mir über alles informiert und so, oder?«, fragte Adam mit Panik in der Stimme.
Ich spürte, wie mein Herz zu rasen anfing, und versuchte meinen Puls ruhig zu halten. Dad merkte es bestimmt, aber ich bezweifelte, dass er etwas sagen würde. Ich setzte ein falsches Grinsen auf und sah Adam direkt an. »Ja, klar. Abgemacht ist abgemacht, oder?«
Zu meiner Erleichterung erwiderte er das Lächeln; nun sah er noch jünger
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