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Feinde kann man sich nicht aussuchen

Feinde kann man sich nicht aussuchen

Titel: Feinde kann man sich nicht aussuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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goldener
Trans Am mit SHT-Kennzeichen. Ich spähte in das Dunkel rings um mein
Erdbebenhäuschen. Keine auffällige Schattensilhouette, nichts regte sich außer
einem katzengroßen Etwas, bei dem es sich vermutlich um Ralph oder Allie
handelte.
    Plötzlich überkam mich ein bittersüßes
Sehnen. Ich wollte im Inneren dieses Hauses sein, gemütlich auf dem Sofa
herumlümmeln, mit einem guten Buch, einer Katze an jeder Seite und einem Glas
Wein in Reichweite. Und gleichzeitig wollte ich genau da sein, wo ich war — hinter
dem Steuer des MG, aktionsbereit. Mein ganzes Leben war eine Abfolge solcher
Widersprüche gewesen, ein einziges Geziehe und Gezerre der beiden Seiten meiner
Person. Aber ich hatte schließlich das Gerangel entschieden, weil mir klar
geworden war, daß die Seite, die Aufregung und Gefahr suchte, immer wieder den
Sieg davontragen würde.
    Nächste Station: Bernal Heights.
    Kein Trans Am in der Nähe des
verwilderten kleinen Parks, der die Straße vor dem All-Souls-Gebäude teilte. In
den Seitenstraßen auch kein Trans Am. Ich rollte ein weiteres Mal langsam an
einer Einfahrt vorbei und starrte in die täuschenden Schatten. Sah nichts. Und
fuhr wieder weiter.
    Kurzer Check der Steuart Street. Da, wo
er normalerweise parkte, stand der Wagen nicht. Rascher Streifzug durch die
South-Beach-Gegend — schicke Nachtlokale, Eigentumswohnungs- und Apartment-Komplexe,
Hafenpromenade, Kai-Restaurants. Das Miranda’s hatte noch offen, und durch ein
Fenster sah ich Carmen in einer Ecknische Hof halten. Ich bremste ab, dachte,
Josh könnte vielleicht unter den Leuten am Tisch sein, aber es waren alles
unbekannte Gesichter.
    Wo, verdammt? Wo ?
    Und wo war Suits?
    Ich zuckelte ziellos bei der Zugbrücke
am China Basin herum und trommelte mit den Fingern aufs Steuerrad. Plötzlich
surrte das Telefon, und ich fuhr zusammen. Der Türsteher, der mir sagen wollte,
daß Josh ins Bay Vista zurückgekehrt war? Ich nahm ab. Hallo? Keine Antwort,
dann wurde am anderen Ende eingehängt. Falsch verbunden? Oder Josh, der mich
aufspüren wollte? Paranoid, McCone. Genauso paranoid wie Suits, als er —
Natürlich! Wieso hatte ich nicht daran gedacht? Er war irgendwann im Sommer
dazu übergegangen, seine sämtlichen Telefonate auf Band aufzunehmen.
    Ich fuhr zum Bay Vista, um mir den
Beweis gegen Josh zu holen.
     
    »Er ist noch nicht wieder da«, sagte
der Türsteher.
    Ich lächelte und zeigte ihm den
Schlüssel, den ich Suits im August zurückzugeben ›vergessen‹ hatte. »Ich hole
nur etwas für Mr. Gordon«, sagte ich. Dann drückte ich ihm einen Zehn-Dollar-Schein
in die Hand. »Sagen Sie mir über das Haustelefon Bescheid, wenn Haddon
auftaucht, okay?«
    Der Türsteher nickte und ließ mich
passieren.
    Zu den Penthouse-Wohnungen führte der
Expreß-Lift, aber die Fahrt schien ewig zu dauern. Ich durchquerte den
Außenflur, blieb vor Suits’ Tür stehen und horchte. Von drinnen kein Geräusch.
Ich steckte leise den Schlüssel ins Schloß und öffnete die Tür.
    Ich knipste das Licht in der Diele an
und ging ins Wohnzimmer, um die Vorhänge zuzuziehen. Der Ständer mit Telefon
und Faxgerät stand immer noch neben der Bar, obwohl die Aktenschränkchen nicht
mehr da waren. Das Telefon hatte einen eingebauten Anrufbeantworter; das grüne
Lämpchen glomm stetig. Ich untersuchte den Apparat; keine Extra-Leitung, keine
besonderen Zusatzteile, aber vielleicht enthielt er ja ein Sendemikrophon, das
einen anderswo versteckten Recorder aktivierte.
    Dann die Küche. Der Nebenapparat, von
dem ich gestern Nate Evans angerufen hatte — zweifellos von Josh am
Wohnzimmerapparat belauscht —, hing an der Wand neben Herd und Mikrowelle. Die
ganze Küche war blitzsauber; offensichtlich benutzte Josh sie ebenso selten wie
Suits. Die Hängeschränke waren leer, bis auf den einen direkt neben der Spüle,
der ein Sortiment nicht zusammenpassender Gläser und Geschirrteile enthielt.
Eine Schublade barg ein ähnliches Sammelsurium von Besteck und sonstigen
Utensilien. Auf der Arbeitsplatte standen Kaffee, Salz, Pfeffer und eine
Schachtel Triscuits. Verglichen mit diesem Kühlschrank hätte sich Mother Hubbard
üppig verproviantiert gefühlt.
    Wo war es?
    Ich musterte den Wandapparat genauer.
Direkt um die Kanten war die Farbe eine Spur abgeblättert, und ein schmaler
Weißstreifen war etwas dunkler als der Rest der Wand. Hier konnte eine Leitung
laufen, vom Apparat nach... dort oben.
    Es war eine dieser
Hängeschrankattrappen, wie man sie über

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