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Feinde kann man sich nicht aussuchen

Feinde kann man sich nicht aussuchen

Titel: Feinde kann man sich nicht aussuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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gibt, wie ich ihm helfen kann.«
    »Na ja, ich weiß nicht. Es ging
hauptsächlich um seine Frau, und die ist ja jetzt tot.«
    »Und ihr Tod ist der Grund für seine
selbstzerstörerischen Pläne. Er hat vor, die Person umzubringen, die die Bombe
gelegt hat. Was Sie mir sagen, kann vielleicht einen weiteren Mord verhindern.«
    Cap schwieg einen Moment — geschockt,
dachte ich. Dann rutschte er in seinem Sessel tiefer und nippte versonnen an
seinem Glas. »Na gut, so originell ist die Geschichte sowieso nicht. Ihr Freund
hat mir geschildert, wie er und seine Frau lebten. Er meinte, er hätte die
Fernehe satt. Er wollte sie hierher in die Stadt holen, zu sich. Er wußte, daß
sie einsam war, aber er war sich nicht sicher, ob sie bereit sein würde, so
weit von ihren Leuten wegzugehen; wenn ich’s recht verstanden habe, war sie
Indianerin und hat sich um die jungen Leute aus ihrem Stamm gekümmert. Und
außerdem hatte er Angst, er könnte wieder alles vermasseln.«
    »Wieder?«
    »Wie gesagt, ist keine besonders
originelle Geschichte. Mir ist genau das gleiche passiert. Wissen Sie, daß ich
Kapitän auf einem Passagierdampfer war?«
    »Ja.«
    »Matson Lines. Erstklassige Schiffe
damals, fuhren die Pazifik-Routen. Als Kapitän konnte ich meine Frau mit an
Bord nehmen. Zu Anfang habe ich das auch getan, aber die Eifersucht...« Er
stellte sein leeres Glas auf die Konsole, spreizte die Finger auf den Knien und
starrte auf die altersknotigen Gelenke, als fragte er sich, wie sie so geworden
waren. »Meine Frau war sehr schön, ganzes Stück jünger als ich. Ich konnte es
nicht ertragen, wie die anderen Männer sie ansahen, Passagiere und
Besatzungsmitglieder. Schließlich habe ich zu ihr gesagt, es geht nicht, daß
sie mitkommt auf See, und von da an habe ich sie in unserer Wohnung in North
Beach zurückgelassen, wenn ich auf Fahrt war. Ich habe sie viel zu viel allein
gelassen.«
    »Und dann?«
    »Es war genauso schlimm mit meiner
Eifersucht, wenn sie an Land blieb. Jedesmal, wenn ich heimkam, verdächtigte
ich sie, daß sie etwas mit anderen Männern gehabt hatte — was nicht stimmte,
wie ich heute weiß. Schließlich verließ sie mich, weil sie’s nicht mehr
ertragen konnte. Ich habe Ihrem Freund meine Geschichte erzählt und ihn
gebeten, es mit seiner Frau noch mal zu versuchen.«
    »T. J. hat Anna beschuldigt, sich mit
anderen Männern einzulassen?«
    »Nein.« Cap schüttelte den Kopf. »Es
ging um die Drogen...«
    Es war, so hatte Suits ihm erzählt, in
Monora gewesen, in einer drückend heißen Julinacht. Stundenlanges
Wetterleuchten über dem Monongahela hatte Suits wachgehalten. Wie so oft, hatte
er sich aus dem — mittlerweile eingegangenen — Hotel geschlichen und war durch
die Stadt gestreunt, die Hauptstraße entlang, die Seitenstraßen auf und ab und
schließlich zu dem Bahndamm drunten am Fluß. Er hatte den Weg unter der
Eisenbahnbrücke hindurch schon vom Sehen gekannt. Er war ihm gefolgt. War
stehengeblieben, als er Stimmen am Ufer gehört hatte. Hatte hinaus in den Park
gespäht.
    Und seinen Piloten einen Drogenkauf
tätigen sehen.
    Cap sagte: »Ihr Freund war sich sicher,
daß sein Pilot Kokain für seine Frau kaufte. Er wußte, daß sie wieder auf dem
Zeug war. Jedenfalls meinte er’s zu wissen. Annas Drogen waren für T. J.
das, was für mich die heimlichen Liebhaber meiner Frau waren.«
    Suits hatte Josh nicht angesprochen. Er
war vielmehr zurück ins Motel gestürmt und hatte die verschlafene Anna zur Rede
gestellt. Sie hatte alles abgestritten, ein Wort hatte das andere gegeben, es
war zu einer heftigen Auseinandersetzung gekommen. Und am nächsten Morgen war
Anna mit Josh im Firmenjet abgeflogen, nach Hause — der Beginn einer
vierjährigen Trennung.
    Ich sagte zu Cap: »Ich verstehe nicht,
wieso er so wenig Vertrauen in sie hatte. Sie war doch seit Jahren clean. Sie
hatte das College abgeschlossen —«
    »Er hat ja später gemerkt, daß er sich
geirrt hatte — als er herausfand, daß das Kokain für einen ganz anderen Zweck
bestimmt war. Aber da war es schon passiert; seine Frau wollte jahrelang nichts
mehr mit ihm zu tun haben.«
    »Aber ich verstehe immer noch nicht,
wie er darauf kam, daß die Drogen, die Josh Haddon kaufte, für Anna seien.«
    »Haddon? Ist das der Pilot? Na ja, zu
Ihrer Frage: das lag wohl an der Art ihrer Beziehung.«
    »Inwiefern?«
    »Er hätte alles für sie getan.«
    Genau dasselbe hatte Noah Romanchek
gesagt — es waren praktisch seine letzten Worte gewesen

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