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Feinde kann man sich nicht aussuchen

Feinde kann man sich nicht aussuchen

Titel: Feinde kann man sich nicht aussuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Typen, die an dem Ende der Bar rumhängen, das zur
Tür hin liegt; die sind gewöhnlich Langweiler oder Schürzenjäger oder beides.
Geh nie am ersten Abend mit einem Kerl irgendwohin; tausche Visistenkarten mit
ihm aus und verabrede dich für nächste Woche an einem öffentlichen Ort. Aber
hab immer Kondome dabei, für den Fall des Falles.« Sie schnaubte verächtlich.
»Die verdammten Dinger werden vermutlich so lange in meiner Handtasche
rumgammeln, bis sie mumifiziert sind. Um ehrlich zu sein: Ich würde lieber im
Remedy rumhängen und flippern.«
    »Dann tu’s doch einfach.«
    »Nein, ich muß es wenigstens mal
versuchen. Heute gehen wir in diesen Edel-Schuppen am Yachthafen, wo sich
haufenweise Börsenmakler rumtreiben. Wenn es da nicht klappt, probieren wir’s
nächste Woche in einem SoMa-Supper Club und in dieser Neo-Yuppie-Bar in South
Beach. Und wenn dabei auch nichts rauskommt, ist da noch so ein
Euro-Schickeria-Cafe in North Beach, das kommt dann in der Woche danach dran.
Und danach wirst du mich vor dem Flipper im Remedy wiederfinden.«
    Ich zögerte, suchte nach einer passenden
Antwort. Ich fühlte mich einerseits überlegen und war gleichzeitig neidisch.
Solange ich Rae kannte, war sie von einer emotionalen Katastrophe in die
nächste gerutscht, und dieser Männerfang-Plan würde sicher in einem neuen
Desaster enden. Aber wenigstens warf sie sich ins Geschehen. Rae würde es nicht
im Traum einfallen, nach Feierabend in ihrem Büro herumzuhängen und finstere
Absichten gegen eine unschuldige Rose zu hegen, die ihr ein treuloser Liebhaber
geschickt hatte.
    Sie bemerkte mein Schweigen und
runzelte die Stirn: »Bist du aus einem bestimmten Grund hergekommen oder nur
auf einen Schwatz?«
    »Aus einem bestimmten Grund. Heute ist
jemand bei mir aufgetaucht, der mein erster Klient werden könnte.«
    Rae fuhr sich mit den Fingern durch die
widerspenstigen Locken und erhob sich. »Was Lohnendes?«
    »Er hat gesagt, ich soll ihm einen
Preis machen.«
    »Dann tu’s.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich
soll.« Während sie das rostrote Ensemble vom Bügel nahm, begann ich ihr von
Suits und seinem Problem zu erzählen. Ich redete immer lauter und hörte meine
Stimme unangemessen scharf werden.
    »Verdammt!« schloß ich. »Warum muß das
gerade jetzt passieren? Ich will nicht, daß mein erster Kunde ein
komischer Typ aus meiner Vergangenheit ist, der das Zeug dazu hat, mich rasend
zu machen!«
    »Klingt, als sei ihm das schon
gelungen«, sagte sie milde, während sie ein Tuch um ihren Hals drapierte.
    »Beinahe«, gab ich zu. »Also, wie
siehst du die Sache?«
    »Na ja, wenn ich dich recht verstehe,
hast du mehrere Einwände dagegen, den Fall anzunehmen. Erstens: Du denkst, das
Ganze könnte irgendeine paranoide Macke von ihm sein.«
    Ich nickte.
    »Zwotens: Du bist immer noch in der
Aufbauphase deines Büros und hast keine Zeit für komplizierte Ermittlungen.«
    »Richtig.«
    »Drittens: Du hattest mal eine
Liebschaft mit diesem Suits.«
    »Eine einzige Nacht zählt doch wohl
nicht als —«
    »Aber er hat zugegeben, daß er etwas
von dir wollte. Das zählt. Und viertens: Du sagst, er ist ein komischer Typ.«
    Ich wartete, da ich Raes Gewohnheit
kannte, zuerst für die eine Seite zu argumentieren und dann die andere zu
vertreten.
    Sie musterte den Sitz des Tuchs, verzog
das Gesicht und band es wieder los. »Gehen wir diese Punkte in umgekehrter
Reihenfolge an. Er ist ein komischer Typ. Kein stichhaltiger Einwand — du magst komische Leute. Sieh dem ins Auge, Shar — du bist selbst ein bißchen schräg.«
    » Moi ?«
    » Toi. Okay, der nächste Einwand — ihr hattet
mal was auch immer. Zieht auch nicht. Du hattest ihn seit Jahren total
vergessen. Und falls er noch irgendwelche Gefühle für dich hegt, klingt es auch
nicht gerade so, als würde er sie da irgendwie dazwischen kommen lassen.« Sie
drapierte das Tuch neu, riß es sich dann vom Hals und feuerte es auf die
Matratze. »Dritter Einwand: du hast keine Zeit. Quatsch. Jeder findet die Zeit,
für einen Haufen Geld etwas Interessantes zu tun. Wenn du mich fragst, hast du
einfach Angst, die Sache anzunehmen.«
    »Angst? Das ist doch lächerlich.«
    »Ach, tatsächlich? Shar, dieser ganze
plötzliche Eifer, dich an den Computer heranzumachen, diese ganze Hast, mit dem
Ding klarzukommen, damit du Mick wieder heimschicken kannst, bevor er sich noch
mehr darauf versteift, Detektiv zu werden — das ist doch alles nur eine
Ausrede.«
    »Wofür?«
    »Dafür,

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