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Feinde kann man sich nicht aussuchen

Feinde kann man sich nicht aussuchen

Titel: Feinde kann man sich nicht aussuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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nach draußen?«
fragte ich, während ich meine Kaffeetasse abstellte und dem Anwalt zunickte.
    Suits erhob sich mit einiger
Anstrengung und folgte mir durch den Flur.
    »Zu meinem Honorar...« Ich nahm eine
Jacke von dem Kleiderständer in der Eingangsdiele.
    »Nenn mir eine Summe.«
    Ich nannte eine — über dem, was ich bei
All Souls in einem halben Jahr verdient hatte.
    Suits zuckte mit keiner Wimper.
    »Zuzüglich Spesen.«
    »Versteht sich.«
    »Und einer Prämie von fünfzig Prozent,
wenn ich den Fall innerhalb von sieben Tagen abschließe.«
    Jetzt zögerte er. »Arbeitstage oder
Kalendertage?«
    »Kalendertage. Für mich ist jeder Tag
ein Arbeitstag.«
    Er nickte, und wir besiegelten das
Abkommen mit einem Händedruck. Ich notierte mir im Geist, daß ich Mick bitten
mußte, einen Vertrag aufzusetzen. Als ich die Eingangstreppe hinunterging, rief
Suits mir nach: »Wenn du irgendwas brauchst, melde dich im Büro, dann piepsen
sie mich an.«
    Ich winkte und ging. Ich würde bestimmt
nichts von ihm wollen, solange es nicht unbedingt sein mußte; heute wollte ich
solo arbeiten.
     
    Charlene hatte nichts dagegen, daß Mick
noch blieb, schon gar nicht, als ich ihr sagte, ich hätte das Thema College in
Arbeit und sähe gute Chancen, daß er sich dazu entschließen würde. Ich
beruhigte mein Gewissen, indem ich mir sagte, die langweiligen Realitäten des
Detektiv-Daseins würden ihn bestimmt in die Hallen der Gelehrsamkeit treiben,
und ich nahm den Verkehrsstau in der Nähe der Baustelle am Embarcadero zum
Vorwand, das Gespräch abzukürzen. Eigentlich war es nicht mal eine Ausrede,
denn das Autotelefon war, ebenso wie der Computer, eine Neuerwerbung, und ich
hatte noch nicht so recht den Bogen raus, gleichzeitig zu fahren und zu reden.
    Im Bay Vista hatte wieder derselbe
mürrische Portier Dienst. Ich zeigte ihm meinen Ausweis und Suits’ Schrieb, und
schon war er wie ausgewechselt. Er habe gehört, was Mr. Gordon widerfahren sei,
eine Schande, was? Ja, sagte ich, allerdings. Ob er mir Namen und Adresse des
Kollegen von der Nachtschicht geben könne, der den Krankenwagen gerufen habe?
Von ihm aus gern, aber er dürfe leider keine Informationen über Personal oder
Bewohner herausgeben; der Wachdienst würde mir bestimmt weiterhelfen.
    Die Wachdienst-Chefin des Komplexes
entpuppte sich als Susan Mahoney, eine Frau, mit der ich manchmal
zusammengearbeitet hatte, als ich noch nachts Geschäftshäuser im Zentrum
bewacht und tagsüber in Berkeley studiert hatte. Ihre berufliche Leistung hatte
mich nie sonderlich beeindruckt; sie bestand hauptsächlich darin,
Revolverblätter zu lesen und sich die Fingernägel perlmuttfarben zu lackieren,
passend zu ihrem platinblonden Haar. Jetzt war ihr Haar naturbraun, und ihre
Fingernägel trugen farblosen Lack; eine Zeitung war nirgends zu sehen. Ich
konnte aber trotzdem nicht umhin, mich zu fragen, ob nicht Laxheit ihrerseits
zu der Sicherheitslücke beigetragen hatte, dank derer mein Klient im
Krankenhaus gelandet war.
    Mahoney schien nicht sonderlich
erfreut, mich zu sehen, und es paßte ihr gar nicht, daß einer der Hausbewohner
mich beauftragt hatte, einem Vorfall nachzugehen, der sich in ihrem Revier
zugetragen hatte. Zuerst weigerte sie sich, mir Namen und Adressen der beiden
anderen Männer zu geben, die hier als Türhüter beschäftigt waren. Sie erklärte,
ich könne ja mit ihnen reden, wenn sie Dienst hätten. Ich sagte, Mr. Gordon
habe mir aufgetragen, heute vormittag mit ihnen zu sprechen. Mahoney zögerte,
vermutlich im Gedanken daran, daß ihr Gehalt von den Umlagen bestritten wurde,
die die Hausbewohner zahlten. Dann schrieb sie mir die gewünschten
Informationen auf einen Zettel. Ich dankte ihr und begab mich nach oben in
Suits’ Penthouse.
    Die ersten Spuren einer gewaltsamen
Auseinandersetzung, die ich bemerkte, waren Blutflecken und Schuhspuren auf dem
Fußboden in der Diele. Ich inspizierte die Schließvorrichtungen an der Tür, ein
gewöhnliches Schnappschloß und ein Bolzenschloß, aber nichts deutete daraufhin,
daß sie aufgebrochen worden waren. Im Wohnzimmer fand ich den Tisch umgeworfen,
Akten und Papiere auf dem billigen Teppich verstreut. Das Fax-Gerät, ein leicht
versetzbares Objekt, stand immer noch neben dem Telefon auf dem Ständer, was
mit ziemlicher Sicherheit ausschloß, daß Suits einen Einbrecher auf frischer
Tat überrascht hatte. Die Terrassentür, zu und verriegelt, sprach ebenfalls
dagegen.
    Ich begab mich wieder zu dem Durchgang
zum

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