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Feindesland

Feindesland

Titel: Feindesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann
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du, und das wurde alles in China gefertigt. Wir wissen, was in China abläuft. Mit den Menschenrechten. Tibet. Der Umwelt. Trotzdem zahlen wir ihnen Geld, und das nicht zu knapp. Und wofür? Um uns zu schützen? Um Lupo zu retten? Nein, nur um ein bisschen Spaß und Zerstreuung zu haben! So musst du das mal betrachten.«
    Ich betrachte es so, während ich auf unsere Tür starre. Yannick kratzt sich drinnen die Pfoten wund. Er muss denken: Was machst du denn da draußen, du Schmock? Reinkommen oder nicht reinkommen, aber doch bitte nicht so'n Rumeiern!
    »Jedenfalls noch mal danke«, sage ich.
    »Du weißt, wo du mich findest«, sagt Roland, dreht den Schlüssel, öffnet seine Tür und geht hinein.
     
    Zehn Minuten später liege ich in der Wanne, um zu verdrängen, was hier passiert. Das Bad ist sehr klein und grenzt in dieser Wohnung direkt an die Küche. Die Wanne, das Klo, eine Waschmaschine und das Waschbecken passen gerade so hinein. Dazwischen steht man eingezwängt auf der Badematte. Beleuchtung kommt nur von zwei Einbaustrahlern im Hängeschrank über dem Becken, auf dem Badewannenrand stehen Kerzen in Gläsern. Ich mische meinen »Ich bin so entspannt, ich zerfließe fast«-Mix aus den Badezusatzsorten >Nachtkerze< von Kneipp, >Gute Nacht< und >Moorbad< von Tetesept sowie >Erholung< und >Lockerung< aus der >So Zart<-Reihe. Yannick, der die letzten neuneinhalb Minuten enger an meinen Beinen geklebt hat als Fabio Cannavaro in seinen besten Spielen an denen des Gegners, stützt sich nun mit den Pfoten auf den Wannenrand und späht mit langem Hals in das Wasser, als hätte er ein solches Phänomen noch nie gesehen. Irmtraut habe ich mitsamt ihrer Styroporinsel ins Waschbecken verfrachtet. Ich schließe die Augen. Heute mal verdrängen, bitte. Einfach nur gepflegt verdrängen.
     
    »Du meine Güte, was ist dir denn passiert?«, weckt mich Susannes Stimme fünf oder fünfzig Minuten später. Das kann ich nicht sagen, da in dem Fünffach-Bademix nicht nur der Körper, sondern auch die Zeit zerfließt. Susanne hockt sich neben die Wanne und streicht mit der Rückseite ihrer Hand zart über meinen zerschundenen Hals. Das irritiert mich ein wenig. Sorge ist ja gut und schön, aber wenn sie mich schon so streichelt, wie streichelt sie dann ihren eigenen Freund, wenn der mal vom Osmanen gewürgt wurde?
    Ich erzähle ihr, was passiert ist, inklusive der Tatsachen und Halbtatsachen über unsere »zweiten Vermieter«, die wir bisher verschwiegen haben. Sie macht mir keine Vorwürfe deswegen.
    »Du Ärmster«, sagt sie, »deswegen warst du wahrscheinlich so durch den Wind, dass du den Wohnungsschlüssel von außen hast stecken lassen.« Sie zeigt mir den Bund. »Ist zwar verständlich, aber wohl nicht gerade das Beste, wenn es hier so gefährlich ist, hm?«
    Ich schaufele mir Badeschaum ins Gesicht, um zu verbergen, wie rot ich werde.
    Sie geht in die Küche, schneidet eine orange Paprika in zwei Hälften, entfernt die Kerne und das weiße Innenleben, füllt Erd-nusscreme hinein, legt sie auf einen Teller und kommt wieder zu mir. Sie setzt sich auf den Wannenrand, kaut und schaut dabei durch die Tür Richtung Küche. »Und du meinst, wir sollten auch lieber zahlen?«, fragt sie.
    »Ich möchte heute Abend nicht mehr darüber sprechen«, sage ich.
    »Okay«, sagt sie und kaut. Ich patsche mit den Füßen.
    »Wo sind unsere eigentlichen Lebenspartner?«, fragt sie.
    »Die sind jetzt Werber«, sage ich, »und müssen daher so lange arbeiten, bis der Erste geht.«
    »Das ist ein Paradoxon«, sagt Susanne, »weil dann keiner als Erster geht.«
    »Ich weiß«, sage ich.

     
    »Über das Geld müssen sie wahrscheinlich trotzdem erst später noch reden, nicht wahr?«, sagt Susanne.
    »Ja«, sage ich. »Ich auch. Ich bin Assistent des Hausmeisters, aber eigentlich gar nicht da. Ich muss Rechnungen schreiben.«
    Susanne hat die erste Paprikahälfte verputzt, prüft die zweite wie eine Auster und saugt dann erst mal ein wenig Erdnussbut-terschmiere schlürfend aus dem organischen Gefäß. Ich schaue sie fragend an.
    »Darüber möchte ich wiederum heute Abend nicht reden«, sagt Susanne. »Okay«, sage ich.
    Dann hört man wieder nur das Kauen und Planschen. »Sollen wir über meinen miesen Tag sprechen?«, fragt sie.
     »Bitte«, sage ich.
    »Dieses Lernen für die Taxiprüfung ist Scheiße«, sagt sie. »Die Kerle im Betrieb warten nur darauf, dass ich scheitere. Weißt du, wie die hier drauf sind? Da kommt eine Frau von

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