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Feindesland

Feindesland

Titel: Feindesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann
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Mann sieht ihn an wie ein Lehrer, der nichts zu sagen braucht, und Ozgür gesellt sich mit seinen Lakaien wieder zu den Kartenspielern.
    »Roland«, sagt mein Retter, reicht mir die Hand und zieht mich hoch. Er hat eine sehr spitze Nase. Nasenbein und Nasenflügel sind breit, aber die Spitze ist bedeutend länger als bei anderen Menschen. Sie stößt in den Luftraum vor ihm wie ein Keil.
    »Danke«, sage ich.
    »Eine Selbstverständlichkeit unter Nachbarn«, sagt er. »Ich wohne 818, zwischen Cevat und euch. Wir haben uns noch nicht vorgestellt.«
    »Nein«, sage ich und gehe mit ihm zum Fahrstuhl.
    Drei Etagen lang schweigen wir, dann frage ich: »Wer ist dieser Alexej, dass du ihnen mit seinem Namen solche Angst machen kannst?«
    Roland schaut auf die Spiegelung seiner Nase im Silber der Aufzugtür und grinst: »Der Vermieter.«
    »Der Vermieter ist die Wohnungsbaugesellschaft.«
    »Der echte Vermieter.« Er grinst so breit, dass seine Nase sich ihrer eigenen Spiegelung entgegenstreckt. Es ist dieses Grinsen, das auch Computerkenner zeigen, bevor sie nach fünf Minuten endlich damit rausrücken, was man wieder alles falsch gemacht hat und in der Bedienung seines Betriebssystems noch nicht weiß. Mir kommt ein Gedanke.
    »Nein«, sage ich, »wir reden hier vom Russen?«
    Rolands Nasenspitze berührt bereits ihr Gegenstück im Spiegel, aber nicht, weil er lügt. Er dreht den Kopf. Die Nase wird in der Aufzugtür lang gezogen. So wie ein Stab, den man ins Wasser hält, sich durch die Lichtbrechung krümmt.
    »Du hast einen Draht zu den Russen?«
    »Was heißt hier Draht? Ich zahle ihnen Geld. Wie alle hier. Es gehört zum Service, sie dafür ab und zu rufen zu dürfen. Als Privatpolizei. Mein Anruf hat besonderes Gewicht, weil ich schon länger hier wohne.«
    Der Aufzug kommt an. Die Türen öffnen sich. Wir gehen zu unseren Wohnungen, mit den Schlüsseln klimpernd.
    »Cevat sagt, die Russen würden die Türken überhaupt erst aufstacheln, damit sie unliebsamen Bewohnern Ärger machen.«
    »Wirken die so, als müsse man sie erst aufstacheln? Als würden sie sonst meditierend unten auf dem Pflaster sitzen und frische Räucherstäbchen verteilen?«
    Ich muss lachen. Mein Hals schmerzt. Meine Arme auch.
    Roland steckt seinen Schlüssel in die Tür neben unserer. »Cevat ist ein guter Kerl, wirklich. Ein richtig anständiger Mensch. Er erträgt es nicht, dass das auf viele seiner Landsleute nicht zutrifft. Wahrscheinlich stellt er es deswegen so dar, als müssten sie erst noch aufgestachelt werden. Aber glaub mir, es gibt hier keine Doppelagenten.«
    Ich stecke ebenfalls meinen Schlüssel in die Tür. Von innen kratzt Yannick bereits dagegen, erfreut, den Papa nach Hause kommen zu hören. Er miaut.
    »Ein Kater?«, fragt Roland.
    »Ja«, sage ich, »Yannick. Kampfschmuser, Mampfmaschine, Schokopuddingschlecker. Rettet unser Leben.«
    »Süß«, sagt Roland. »Ich hatte mal einen Hund. Paul Anka. So hab ich ihn genannt. Toller Kerl.« Er seufzt, er schluckt, er schabt mit dem Daumennagel auf dem Schlüssel, der quer in seiner Tür steckt. »Die Russen haben ihn mir gestohlen.«
    »Was haben die???«
    »Ausgesetzt? Verschenkt? Getötet? Ich weiß es nicht. Ich wollte sie anzeigen, umbringen, alles zugleich. Dann stand ein Körbchen vor meiner Tür. Ein Welpe drin. Man kann Tiere nicht ersetzen, aber dieses kleine Ding musste ich aufnehmen. Ich kann kein Tier ins Heim bringen, egal, wie es in mein Leben getreten ist. Im Körbchen lag ein Zettel. >Wenn du den behalten willst, zahl endlich die zweite Miete.« Seither mache ich das. Und habe keine Probleme mehr. Besser noch: Ich habe Ruhe vor der Haustür. Ich habe Ruhe im ganzen Viertel. Ich bin unter Protektion.«
    »Aber das ist doch ...«
    »Es ist schrecklich, ja«, sagt Roland. »Es schlägt eine Kerbe in den Stolz eines Mannes, die sich nicht kitten lässt. Aber lieber eine Kerbe in mir als ein Messer in Lupo.«
    »In Lupo?«
    »So heißt der neue. Was heißt neu, das ist ja jetzt auch schon fünf Jahre her. Ich wollte ihn nicht mehr nach einem Sänger benennen. Schien mir kein gutes Omen. Zweite Miete zahlen, dem Hund einen Hundenamen geben, sicher leben, so dachte ich mir das.«
    Ich stehe still vor unserer Tür, den Schlüssel im Blick, blaue Flecke am Hals.
    »Habt ihr da drin eine Stereoanlage?«, fragt Roland. »Eine Spielkonsole? Einen Fernseher?«
    Ich nicke. »Klar.«
    Er vergisst seinen Schlüssel und dreht sich zu mir, sich in seinen Rahmen lehnend: »Siehst

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