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Feindesland

Feindesland

Titel: Feindesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann
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und Profilobservation.<«
    Susanne wird rot, Caterina versteckt sich hinter mir. Einige lachen wie das Publikum bei Harald Schmidt, wenn er einen besonders verwegenen Witz gemacht hat. Milo lässt seine Bionade fallen. Jetzt werden sie uns rausschmeißen. Werden schreien, wie wir sie so durch den Kakao ziehen können, wo doch ohnehin so wenig Zeit ist, und dass wir gefälligst Schilder malen und vor den Bundestag ziehen sollen, wenn uns etwas nicht passt. Hartmut steht stolz vor seiner Tafel mit dem BürgerVZ, doch ich merke, wie ich bereits vorsorglich meinen Kopf einziehe.
    Milo stößt sich - die Arme verschränkt - von der Wand ab, geht auf Hartmut zu, schüttelt dabei den Kopf, dreht sich kurz vor ihm zum Publikum um und sagt: »Dieser böse Junge, was?« Niemand antwortet. Der Plastikverschluss einer Wasserflasche fällt auf den Boden. Ein Mann bindet seinen Schuh. Milo nimmt Hartmut den Stift aus der Hand, klopft auf die Tafel und erhebt die Stimme: »Arbeitet das aus! Ihr alle! Wir brauchen keine anderen Ideen als das BürgerVZ. Es wird das Land verändern. Es ist der größte Wurf, der mir seit Jahren untergekommen ist.«
    Hartmuts Kiefer fällt mit dem rasselnden Geräusch einer Zugbrückenkette zu Boden. Susanne hält sich die Hand vor die Stirn. Caterina und ich halten fassungslos Händchen und schauen zu, wie die jungen Cappuccinotrinker ausschwärmen, um auf ihren Apple-Rechnern ein bundesweites Bürgerüberwachungssystem zu entwerfen.
    Milo reicht Hartmut die Hand: »Hartmut«, sagt er, »nach dem Entwurf hier sollten wir uns mal über ein ernsthaftes Gehalt unterhalten.«
    Hartmut lässt seine Hand hängen: »Das glaube ich nicht.« »Wie bitte?« Wir treten hinzu.
    Caterina sagt: »Das wollten wir dir schon vor diesem Notruftag mitteilen. Wir ... gründen eine eigene Firma. Wir ... sind schon im Aufbau.«
    »Eine eigene Agentur?«
    »Nein«, sage ich, »ein Taxiunternehmen.«
    »Taxis?«
    »Ganz besondere. Wirst es bald erfahren.«
    Caterina reicht Milo ein Papier. Ihre Kündigung. Hartmut und ich brauchen derlei nicht, weil wir niemals richtig angestellt waren. Milo nimmt das Blatt entgegen. Er weiß, dass Caterina sofort gehen kann, denn der Kündigungsschutz wurde samt jedweder Fristen gerade abgeschafft. Milo wird nicht wütend. Er sieht nichts Falsches darin, dass wir gehen wollen. Er sieht nichts Falsches darin, dass er das BürgerVZ tatsächlich entwickeln will. Er meint es nicht böse. Diese Leute kennen kein Richtig und Falsch mehr, sie kennen nur Aufgaben und Deadlines und Meetings.
    Hartmut wehrt sich nicht länger dagegen und steht im langen Hänger. Wo Satire nicht mehr wirkt, ist die Depression nahe.
    Um das Schweigen aufzulösen, sage ich: »Na dann gehe ich mal in den Keller und hole meine Sachen.« Dann gehe ich in den Keller und hole meine Sachen.
     
    »Ich bin dir nicht böse«, sagt Gerd, als ich ein paar T-Shirts und Tupperdosen in einen Karton packe. »Ich verstehe euch. Ich kann hier nicht mehr weg. Ihr seid noch jung.«
    Ich nicke, während ich packe und versuche, meine Traurigkeit zu verbergen. Ich würde Gerd am liebsten mitnehmen, raus aus dieser Firma, mitsamt seinen Segelzeichnungen.
    »Hey«, sagt er, »bevor du gehst: Willst du wissen, was sich hinter der Tür des Dark Rooms verbirgt?«
    »Gerd, ich ... ich weiß, dass das hier Firmenkultur ist, aber du tust mir keinen Gefallen mit so einem Angebot.«
    Er lacht und legt den Arm um meine Schulter. »Komm einfach mit«, sagt er.
    Wir gehen den Flur hinab, an der Bar vorbei zur Tür, die »Erleichterung« verspricht. Gerd sucht einen Schlüssel an seinem pfundschweren, klimpernden Bund und öffnet das Zimmer. Kein Bett. Kein rotes Satin. Keine Augenbinden oder Sexspielzeuge. Stattdessen: eine zehn Quadratmeter große Carrerabahn, gestaltet mit Loopings und Gebirgsketten, Tunneln und herausfordernden Schikanen. An der Wand dahinter stehen zwei durchgesessene Couchen, darüber sind aktuelle Bestzeiten eingetragen. Die rechte Wand besteht aus einem riesigen Regal, das wie ein Setzkasten aussieht. In kleinen Fächern stehen sauber sortiert staubfreie Autos, je ein bis fünf Modelle, die Bürste zum Putzen sowie Ersatzkontaktstreifen links danebengelehnt im Fach, bei allen an der gleichen Stelle. Jedes Fach ist mit einem Namen beschriftet. In der Mitte befinden sich fünf größere Fächer mit fast zehn Wagen, die Minigaragen der Kreativdirektoren sowie der Agenturleitung. In Milos Fach stehen zwei Ferraris, zwei

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