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Feindesland

Feindesland

Titel: Feindesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann
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Februar - MyTaxi in Berlin. So sind Sie noch nie gefahren.«
    »Ab Februar?«, sagt Susanne. »Da habe gerade mal ich meinen Schein, wenn alles gutgeht.«
    »Das macht doch nichts«, sagt Hartmut. »Die restlichen Fahrer kriegen ihre Scheine von Agent Schuh.«
    »Wir schummeln? Wir fälschen?«
    »Ja, das machen wir«, sagt Hartmut. »Die Tugendhaftigkeit treibt dieses Land schließlich gerade in den Abgrund.«
    Ich trinke einen Schluck Bier, setze das Glas ab und sage: »Das geht so nicht.«
    Hartmut sieht mich an: »Wie, das geht so nicht?«
    »Du willst einfach so dieses Kapitel hier beenden, oder was? Einfach durch den Hinterausgang aus der Agentur rausspazieren und nie mehr wiederkommen?«
    »So war es gedacht«, sagt er. »Gerd findet uns hier, unterstützt unsere Flucht, rät uns, die Kündigung von außen einzureichen, da Milo und Mattes uns im persönlichen Gespräch wieder umstimmen und das erste Mal ein echtes Gehalt anbieten würden, und dann sind wir weg.«
    Ich schüttele den Kopf. »Wärst das du, Hartmut? Hä? Würde das zu dir passen? Einfach flüchten und den Schwanz einziehen? Du regst dich doch auf über das, was wir hier tun sollen. Es würde dir ewig nachhängen.«
    Susanne dreht ihr Limoglas auf dem Holz der Theke: »Da hat er allerdings recht.«
    Caterina sagt: »Milo hat uns zwei Stunden Zeit für den ersten Entwurf gegeben. Machen wir doch einen. Auf unsere Art. Auf deine Art, Hartmut.«
    Hartmut dreht mit dem rechten Zeigefinger an seiner Kotelette und knabbert ein paar Sekunden am kleinen Fingernagel der linken Hand. Er lächelt. Er hat eine Idee.
    »Gut«, sagt er, »bringen wir diese Sache mit Würde zu Ende.«
     
    Exakt zwei Stunden später steht Hartmut vor der Glastafel im Erdgeschoss und zieht mit einem trockenen »Plopp!« die Kappe des Tafelfilzers ab. Er hat Milo überzeugt, als Erster sprechen zu dürfen, denn er habe nicht bloß eine Kampagnenidee, er habe eine Idee, die das ganze Land verändern könnte. Das hat Milo neugierig gemacht. Mit einer Flasche Holunder-Bionade hockt er auf einem Ledersitzwürfel und gibt Hart mut ein Zeichen, dass er anfangen kann. Hartmut beginnt.
    »Liebe Chefs, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Ministerium hat uns gebeten, seine Politik gut zu verkaufen. Eine Politik, die das Leben nicht gerade einfacher macht.« Er geht zur Glastafel und schreibt ein paar der Dinge darauf, welche die Regierung von ihren Bürgern verlangt. Der Filzer quietscht, auf der Tafel entsteht eine Liste:
     
    Gesundheit = Verzicht auf Genuss
    Maut = Verzicht auf Autofahren
    Agressionssteuer = Verzicht auf Actionsspiele und Thriller
    Diversifikationssteuer = Verzicht auf Vielfalt der Konsumgüter
     
    Hartmut geht einen Schritt zurück, als taxiere er die Größe der Tafel. Dann malt er eine große Klammer rechts neben die Begriffe.
    »Was könnte die Menschen dazu bringen, diesen Verzicht nicht bloß zu ertragen, sondern gerne zu praktizieren?« Die Runde schweigt.
    Jemand lässt einen Kaffeelöffel fallen. Eine Frau hustet. Niemand meldet sich.
    Hartmut macht große Augen und sagt: »Geht's von alleine weiter, oder soll ich einen Euro einschmeißen?«
    Ein Texter aus Crew 2 zeigt auf: »Eine Belohnung?«
    Hartmut wedelt mit dem Filzer in seine Richtung: »Gut. Was für eine Belohnung? Welche Belohnung könnte es für Verzicht geben? Ein Schokokuchen kann es ja nicht sein.«
    »Diese Steuererleichterungen, wenn man sich richtig verhält«, sagt eine Designerin aus Crew 1. Ich wundere mich, wie leicht ihr das »richtig« über die Lippen geht. Sie fährt fort: »Die Vollsubventionen für korrektes Verhalten. Es geht immer über die Brieftasche.«
    Hartmut sagt: »Wenn ich dir verbiete, ab sofort weiter >Grey's Anatomy< zu sehen und dir außerdem auftrage, ein Leben lang bei deinem aktuellen Freund zu bleiben und ihm drei Kinder zu gebären, sofern die Pränataldiagnostik alle drei als gebärenswert ausweist, und dir für all das zwei Millionen Euro biete, würdest du zusagen?«
    Die Frau zögert.
    »Wenn du den Mann nicht mal liebst? Und nie mehr Dr. Shepherd sehen darfst?«
    Die Frau antwortet nicht, was so viel wie »Nein« heißen muss.
    Hartmut schwingt den Filzer und beginnt, auf und ab zu laufen. Wer ihn kennt, weiß, dass mit dem Laufen sein großer Vortrag beginnt.
    »Die Regierung muss lernen, die vorhandenen Motoren der Motivation zu nutzen. Die Mechanismen, die es schon gibt. Und die heißen: Profile und Punkte!« Hartmut sieht seinem Satz nach wie ein

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