Feindfahrt
sich aufrappelte, sah er gerade noch, wie der Mast und das Wrack der Dead End m it rasender Ge schwindigkeit abgetrieben wurden. Ganz kurz entdeckte er noch einmal Jansen, dessen Arm sich im Zeitlupentempo be wegte , als wolle er winken. Dann rollte die nächste Woge her an , und alles war verschwunden. Jago schleuderte die Axt ins Meer.
Beinahe im selben Augenblick kam Neckers Stimme wieder über den Funk. »Es sinkt! Das Kanonenboot geht unter!«
Gericke wandte sich um und übersetzte bedrückt: »Ich fürchte, die Dead End ist gesunken.«
Jean Sinclair ließ sich wie betäubt in einen Sessel fallen. Doch Janet rief: »Das glaube ich nicht!«
»Bitte kommen, Necker! Bitte kommen! Bestätigen Sie Durch sage.« Zuerst Stille, nur atmosphärische Geräusche. Janet sagte mit dumpfer Stimme: »Alle tot. Alle. Onkel Carey, Harry...« Neckers Stimme unterbrach sie. »Habe Kontakt mit der Deutschland. Das Kanonenboot ist an ihrer Leeseite gesunken, weil der Besanmast auf die D ead End gefallen ist. Von der Besatzung gibt es sechs Überlebende, alle an Bord der Deutschland.«
»Sechs Überlebende«, berichtete Gericke hastig.
Jean griff seinen Arm. »Wer? Ich muß es wissen.«
»Admiral Reeve, Lieutenant Jago und vier andere«, fuhr Ne cker fort. Gericke wandte sich an Jean. »Er ist in Sicherheit, Mrs. Sinclair; jedenfalls vorläufig. Sie sind alle an Bord der Deutschland.« Er warf Janet einen Blick zu. »Ihr Lieutenant ebenfalls.«
Wieder war Neckers Stimme zu hören. »Was geschieht jetzt? Was soll ich der Deutschland m itteilen?«
Gericke blieb eine Weile still sitzen. Dann erklärte er Necker seinen Plan. Als er endete, fragte Necker: »Wird denn das ge hen? Können Sie persönlich was unternehmen?« »Ehrenwort.«
»Ich werde es ihnen ausrichten. Das Dumme ist nur, daß ich bereits zehn Minuten über den kritischen Punkt hinaus bin, was meinen Spritvorrat für den Heimflug betrifft.«
»Sie können hier ohnehin nichts mehr tun, Necker. Sprechen Sie mit der Deutschland und fliegen Sie los.«
Nach einer kurzen Pause fragte Janet: »Was ist los? Was haben Sie da eben gesagt?«
Gericke winkte ab, weil noch einmal Neckers Stimme kam. »Ich habe mit Berger gesprochen und ihn von Ihrer Absicht unterrichtet.« »Hat er es dem Admiral gesagt?«
»Ja, und der läßt Ihnen was ziemlich Merkwürdiges ausrich
ten.«
»Was denn?«
»Er sagte, es werde allmählich Zeit, daß Sie einsehen, daß Sie
den Krieg verloren haben. Sagt Ihnen das was?«
»Mehr oder weniger ja. Und nun, mein Freund, müssen wir uns verabschieden.«
»Auf Wiedersehen, Herr Korvettenkapitän«, sagte Necker. »Es war mir eine Ehre, Sie kennenzulernen.« »Mir ebenfalls, Hauptmann Necker.«
Dann hörte man wieder nur atmosphärische Geräusche. Gerik ke schaltete das Funkgerät ab und nahm sich eine Zigarette. »So«, sagte er.
»Was ist denn los?« begann Janet, aber Murdoch unterbrach sie. »Still, Mädchen!« Er beugte sich zu Gericke vor. »Nun, Commander?«
»Necker mußte fort; er hat nur noch gefährlich wenig Sprit.
Aber ehe er losflog, bat ich ihn, der Deutschland eine letzte
Nachricht zu übermitteln.«
»Und die lautet?«
»Daß sie durchhalten sollen, daß wir sie mit dem Rettungsboot holen.«
»Aber das ist doch völlig unmöglich!« warf Janet ein. »Die Morag Sinclair liegt im South Inlet auf dem Strand.« »Und selbst wenn wir sie wieder zu Wasser bringen könnten«, ergänzte Murdoch, »wir würden es nie über das Riff in die of fene See schaffen. Jedenfalls nicht bei diesem Sturm. Das habe ich Ihnen doch erklärt.«
»Ich will ja auch nicht, daß sie vom South Inlet aus zu Wasser gebracht wird, sondern von hier aus, unten vom Hafen.« Murdoch schüttelte den Kopf. »Wahnsinn. Das ist einfach nicht zu schaffen. Und wenn doch, wenn Sie das Boot tatsächlich von einem Ende der Insel zum anderen schleppen könnten - wer soll es steuern?« Er deutete auf seinen gebrochenen Arm. »Eine Hand reicht keinesfalls, erst recht nicht bei diesem Wet ter.«
»Ich habe ihnen ausrichten lassen, daß ich selber kommen wer
de«, sagte Gericke. »Ich habe ihnen genau beschrieben, was ich vorhabe.« Er wandte sich an die beiden Frauen. »Der Admiral weiß Bescheid, Lieutenant Jago auch. Und beide wissen eben falls, daß dies ihre einzige Chance ist.« Die Tür wurde aufge stoßen, und Lachlan kam hereingestürzt. Er fiel gegen den Tisch und mußte sich festhalten, so sehr keuchte er. » Was ist denn, Junge ?« fragte Murdoch streng.»
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