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Feindgebiet

Titel: Feindgebiet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Cole & Chris Bunch
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eigentlich vor sich ging, schob sich die Menge um eine Ecke herum – wo sie von einer langen Reihe grünuniformierter Tahn empfangen wurde.
    Straßensperre. Stens Herz machte einen Satz. Er wirbelte herum, trat auf Zehen und ignorierte wütende Proteste. Noch während er sich umdrehte, schlängelte sich am anderen Ende eine weitere lange grüne Kette über die Straße und riegelte den Hinterausgang ab. Er war in einer Tahn-Razzia gefangen!
    Die bulligen Polizisten rückten mit gezückten Betäubungsknüppeln und heruntergeklappten schwarzen Visieren an. Die Menge verhielt sich seltsam ruhig, wie Sten fand. Das Murren verwandelte sich in ein gedämpftes Gegrunze, das nur hier und da von einem Schmerzensschrei unterbrochen wurde, wenn jemand gegen einen Betäubungsknüppel stieß.
    Aus den Reihen der Polizisten lösten sich drei Keilformationen und bohrten sich in die Menge. Sten erkannte an den Rangabzeichen, dass diese Phalangen ausnahmslos aus Sergeanten bestanden. In ihren Augen glomm ein zielgerichteter Jagdblick, mit dem sie die Gesichter begutachteten. Mit scharfen Rufen suchten sie einzelne Leute heraus. »Du! Du! Du!« Bevor die Unglücklichen auch nur die Chance zum Reagieren hatten, wurden sie in den Keil getrieben und weggerissen.
    Sten versuchte, sich zurückzuziehen, eng an eine Hauswand zu gelangen und sich dann durch die Tahn-Masse ringsum hindurchzuducken. Gerade als sich sein Ellbogen weiter nach hinten grub und anstatt von weiterem weichen Fleisch die Härte einer Steinwand spürte, erblickte ihn ein riesenhafter Sergeant. Der Polizist stieß mit dem Betäubungsknüppel wie mit einem Zeigestock in seine Richtung. »Du!«
    Und bevor er wusste, wie ihm geschah, wurde Sten gewaltsam in den Polizeikeil befördert und wer weiß wohin weggeschleppt.
     
    Mehr als eine Million Leute quetschten sich auf dem gigantischen Hauptplatz von Heath aneinander. Die Sonne des späten Vormittags wurde immer heißer, und die Meute stand so dichtgedrängt, dass der Geruch ihrer schwitzenden Körper wie der Nebel aus einem prähistorischen Sumpf aufstieg.
    Auf drei Seiten des Platzes waren Vid-Schirme von mehreren Stockwerken Höhe aufgebaut. Auf der vierten Seite ragte eine gewaltige Porta-Bühne auf, dahinter befand sich das rußgeschwärzte Loch und die Ruinen, die nach dem Imperialen Luftangriff vom Palast des Hohen Rates der Tahn übrig geblieben waren.
    Stens Gruppe wurde am Rande der Menge bis ganz nach vorne geführt, wo man ihnen riesige Plakate in die Hand drückte. Sten, der noch immer darauf wartete, dass die Axt auf ihn niederging, warf einen Blick auf das Plakat, das er emporhielt. »Nieder mit der Imperialen Hegemonie!« stand in fetten, blutroten Buchstaben darauf geschrieben.
    Ein beleibter Sergeant drohte ihm mit dem Betäubungsknüppel. »Schwenk das Plakat!« schrie er wie ein Drill-Sergeant bei der Grundausbildung.
    »Ach so. Na gut«, sagte Sten. Und er schwenkte das Plakat.
    »Juble gefälligst für den Sieg!« wies ihn der Sergeant aus vollem Hals an.
    »Klar doch«, sagte Sten.
    Er fing an, für den Sieg zu jubeln. Er nahm die Anregung der anderen auf und wackelte wie wild mit seinem Plakat hin und her. Zunächst beschränkte er sich darauf, nichts Bedeutungsvolles zu brüllen. Dann, als die Stimme der Menge zu einem unverständlichen Brüllen anschwoll, entspannte er sich ein wenig. Er befand sich nicht in unmittelbarer Gefahr. Er musste nichts anderes tun als dastehen und für die Livie-Kamerateams der Tahn jubeln und schreien, jeder auf dem Podium gehaltenen Rede zuhören und dann, wenn es vorüber war, nach Hause gehen. Kein Problem. Er würde nur ein paar Stunden später kommen.
    Dann erinnerte er sich an die unangenehme Angewohnheit der Redner in allen totalitären Systemen, halbe und ganze Tage ohne Ende draufloszureden, und korrigierte sich auf fünf oder sechs Stunden Verspätung. Das war zwar nervig, doch hatte er schon ganz andere Volksbelustigungen miterlebt – wie etwa im Lupus-Cluster, wo der Ausdruck »Papstbulle« einen ganz anderen Sinn bekommen hatte. Also beschloss er, sich ein wenig zu amüsieren und mischte ein paar Schimpfworte in sein Jubelgeschrei.
    Fünf Stunden später bemerkte Sten, dass er sich von seinem Optimismus verabschieden musste. Die Menge schrie noch immer – sogar lauter als zuvor –, und jedes Anzeichen von Ermüdung wurde sofort von ausschwärmenden Polizisten eliminiert, die ihre Betäubungsknüppel auf eine niedrige, jedoch sehr schmerzhafte Dosis

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