Feine Familie
Dame in Rock und Twinset, die ihm, kaum daß er ausgestiegen war, zwei Pfund Eintrittsgebühr abknöpfen wollte.
»Nichts da«, sagte Yapp, »ich bin geschäftlich hier.«
»Der Dienstboteneingang befindet sich hinten.«
»Bei Seiner Majestät.« Doch Yapps Sarkasmus war an das Twinset verschwendet.
»Da sind Sie fünfzig Jahre zu spät dran. Den letzten königlichen Besuch hatten wir hier im Jahr 1929.« Damit ging sie ins Haus zurück. Yapp holte seine geliehene Intourist-Tasche aus dem Wagen, warf einen geringschätzigen Blick auf die gebeugte Gestalt des Gärtners, der eine Blumenrabatte jätete, und folgte ihr.
»Falls ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt haben sollte ...«
»Geben Sie sich keine Mühe«, entgegnete das Twinset. »Ich bin hier, um den alten Knacker persönlich zu sehen«, sagte Yapp, um seine proletarische Herkunft gewaltsam zu demonstrieren.
»Kein Grund, vulgär zu werden.«
»In dieser Umgebung bleibt einem kaum eine andere Wahl«, gab Yapp mit einem vielsagenden Blick auf die Marmorsäulen und protzig goldgerahmten Gemälde zurück. »Dieser ganze Kasten stinkt nach üblem Mißbrauch von Reichtum. Aber wie dem auch sei, ich bin auf Einladung Seiner Lordschaft hier.« Er kramte in seiner Tasche nach dem Brief. »Wenn das so ist, dann finden Sie ihn im Privatflügel zu Ihrer Rechten«, sagte das Twinset. »Ich kann allerdings nicht behaupten, daß ich ihn um die Gesellschaft beneide, die er sich aussucht.«
»Und ich beneide ihn nicht um sein Personal.« Damit wandte Yapp sich um und folgte einem langen Gang bis zu einer mit grünem Boi bespannten Tür, an der »Privat« stand. Yapp drückte sie mit dem Fuß auf und trat ein. Wieder ein langer Gang, diesmal mit Teppich ausgelegt. Er wollte ihm schon folgen, als aus einer Tür zu seiner Rechten ein kleiner, adretter Mann trat, der ihn flüchtig musterte.
»Professor Yapp?« fragte er mit einer Ehrerbietigkeit, die auf ihre Weise ebenso beleidigend war wie die Arroganz der Dame am Eingang.
»Der bin ich«, sagte Yapp, nicht gewillt, sich einschüchtern zu lassen.
»Wenn Sie mir bitte folgen wollen, Sir. Ich rufe gleich einen Diener, der Ihnen Ihre Räume zeigen wird. Seine Lordschaft empfängt Sie um halb sieben. Sicher wollen Sie sich noch umkleiden.«
»Hör zu, Freundchen, eines wollen wir gleich mal klarstellen. In der Welt, aus der ich komme, also in der realen Welt, nicht in Poona um 1897 oder im Dschungel um Timbuktu, zieht sich der einfache Mann zum Essen nicht um. Und ich brauche keinen überfütterten, unterbezahlten Butler, der mir mein Zimmer zeigt. Sagen Sie mir, wo es ist, dann werde ich es schon alleine finden.«
»Wenn Sie meinen, Sir«, sagte Croxley, wobei er sich die Retourkutsche verkniff, daß sich der einfache Mann nie und nirgends zum Essen umzog und daß es in der Umgebung von Timbuktu gar keinen Dschungel gibt. »Wir haben Sie im ersten Stock in der König-Albert-Suite untergebracht. Wenn Sie irgend etwas brauchen, finden Sie mich hier unten.« Er ging ins Arbeitszimmer zurück und überließ Waiden Yapp seinem Schicksal, das ihn den Gang entlang, eine geschwungene Treppe hinauf und wieder einen Gang entlang führte. Zwanzig erfolglose Minuten später war er wieder unten. »Die Prinz-Albert-Suite ...«, begann er, nachdem er, ohne anzuklopfen, die Tür geöffnet hatte. Croxley betrachtete ihn mit unverhohlener Geringschätzung.
»Die König- Albert-Suite, Sir«, sagte er, während er voranging. »König Albert von Belgien hat sie im Jahr 1908 bewohnt. Seitdem ist sie für Gäste mit progressiven Ansichten reserviert.«
»Progressive Ansichten? Das soll wohl ein Scherz sein. Dieses Schwein war dafür verantwortlich, daß man Afrikanern im Kongo die Hände abgehackt hat, und für dergleichen Abscheulichkeiten mehr.«
»Ganz meine Meinung, Sir«, sagte Croxley. »Aber wir einfachen Leute haben auch so unsere kleinen Scherze, Sir. Das ist einer der Vorteile, wenn man zur Dienerschaft gehört.« Damit ließ er Yapp stehen und ging zufrieden mit sich selbst wieder nach unten.
Yapp nahm die König-Albert-Suite mit einer Mischung aus Abscheu, Neugier und dem beunruhigenden Gefühl, sich zu einer plumpen Taktlosigkeit verleitet haben zu lassen, in Augenschein. Schließlich war es das System, mit dem etwas faul war, während der adrette, kleine Mann – und, bei aller Herablassung, auch das Twinset – nur Bedienstete waren und wahrscheinlich Familien zu ernähren hatten. Und wenn sie im Lauf der Jahre der
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