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Feine Familie

Feine Familie

Titel: Feine Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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kümmern. Da wischte sich Willy mit einem blutigen, verdreckten Taschentuch die Nase ab, was dem Veterinär einen derartigen Schock versetzte, daß alle drei zur Behandlung ins Buscott Cottage Hospital eingeliefert werden mußten. Dort stieß der Tierarzt mit seiner hysterischen Ablehnung blutiger Sportarten und der Beteuerung, daß das Ermorden von Zwergen nicht zu seinem Beruf gehöre, auf wenig Verständnis, während Mr. Symonds sich angesichts von Willys Verletzungen darauf hinausredete, daß er angeboten habe, ihm zur Hand zu gehen.
    »Zur Hand?« schrie der behandelnde Arzt. »Er kann von Glück sagen, wenn er sie behält. Und wer zum Teufel hat seine Nase so zugerichtet?«
    »Sein Taschentuch«, stöhnte der Veterinär. »Wenn er doch bloß dieses kleine Taschentuch nicht herausgezogen hätte ...«
    »Wenn Sie ernsthaft behaupten wollen«, fuhr der Arzt ihn wütend an, »daß ein harmloses Taschentuch seine Nase so grauenhaft zugerichtet hat, dann sind Sie nicht recht bei Trost. Und heulen Sie mir nicht dauernd vor, daß Sie ihn hätten umbringen können. Seinen Verletzungen nach zu schließen, haben Sie es um ein verdammtes Haar beinahe geschafft.« Doch Willys stoische Gelassenheit und seine Tierliebe retteten wider Erwarten den Tag. Nicht einmal den Dachsen nahm er die Sache krumm. »Kam von draußen in den Bau. Konnte ja nichts sehen«, wiederholte er immer wieder. Diese beherzte Weigerung, irgend jemandem die Schuld zu geben, trug ihm zusätzliche Popularität und Dauerfreibier in allen Kneipen des Städtchens ein. Anstoß nahmen nur die Vertreter des Gesundheitsamtes.
    »Er gehört in ein Heim«, erklärten Sie Mrs. Coppett, als diese ihn im Krankenhaus besuchte.
    »Da wäre er auch, wenn er nicht hier wäre«, entgegnete diese einwandfrei logisch, »und noch dazu in einem besonders hübschen.«
    Und da Willy ganz ihrer Meinung war, konnten sie nichts anderes tun, als gelegentlich einen ihrer Inspizienten vorbeischicken. Dieser berichtete stets von neuem, daß Mrs. Coppett eine vorzügliche Ersatzmutter sei, die Willys Bedürfnisse vollkommen befriedigte. Ob er die ihren befriedigte, ließ sich nicht beurteilen, und so kam es verständlicherweise zu allerlei Spekulationen. »Ich denke doch, daß sich der arme Kerl ziemlich schwer tut«, sagte der Amtsarzt. »Aber wer weiß. Verborgene Talente gibt es immer. Ich erinnere mich da an einen Riesen von Mann bei der Army, der ...«
    »Machen wir uns doch nichts vor«, unterbrach ihn der Leiter der Behörde. »Wir sind schließlich nicht dazu da, unsere Nasen in anderer Leute Sexualleben zu stecken. Was die Coppetts in ihren eigenen vier Wänden tun, geht uns nichts an.«
    »Gott sei Dank«, murmelte der Amtsarzt. »Da wir gerade von Nasen sprechen ...«
    »Ich finde, daß sich die Eheberatungsstelle mal um sie kümmern sollte«, meinte der verantwortliche Sozialarbeiter. »Mrs. Coppetts geistige Entwicklung entspricht der einer Achtjährigen.«
    »An manchen Tagen der einer Vierjährigen.«
    »Außerdem ist sie eine nicht unattraktive Frau ...«
    »Hören Sie«, sagte der Amtsarzt, »ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, daß die Eheberatungsstelle mehr Schaden anrichtet als Positives bewirkt. Zu mir ist schon mal eine schwachsinnige Frau in die Klinik gekommen und hat eine postnatale Abtreibung verlangt. Auf einen zweiten solchen Fall kann ich verzichten.«
    Doch trotz seiner Einwände wurde eine Eheberaterin in die Rabbitry Road 9 beordert. Bürokratischer Tradition zufolge war sie nicht ausreichend informiert; so wußte sie auch nicht, daß Mr. Coppett ein Zwerg war. Und als sie nach einer halben Stunde entdeckte, daß Mrs. Coppett anscheinend noch Jungfrau war, tat sie alles, um ihr klarzumachen, daß sie unter sexueller Deprivation litt.
    »Wir leben doch nicht mehr im Mittelalter. Die moderne Frau hat das Recht auf einen regelmäßigen Orgasmus, und wenn Ihr Mann sich weigert, Ihnen den zu verschaffen, dann haben Sie unter Berufung auf Nichtvollzug der Ehe Anspruch auf sofortige Scheidung.«
    »Aber ich liebe meinen kleinen Willy doch«, sagte Mrs. Coppett, die keinen Schimmer hatte, was die Frau von ihr wollte. »Ich bette ihn jeden Abend in seine Wiege, und da schnarcht er dann, einfach süß. Ich weiß nicht, was ich ohne ihn anfangen würde.«
    »Aber ich hatte Sie so verstanden, daß Sie noch nie Geschlechtsverkehr hatten. Und jetzt sagen Sie, daß Sie ein Kind mit Namen Willy haben«, sagte die Frau vorwurfsvoll, ohne zu merken, daß sie die

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