Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1
eher langweiliges Buch über das Leben eines unwichtigen Königs der Insel, Henry des Dritten. Aber es ist schlicht
geschrieben und wird dir helfen, wenn du lernen willst, die
Sprache des Königreichs zu lesen und zu schreiben.«
»Magnus, können wir eine Pause machen?«
»Eine Pause?«
»In meinem Kopf dreht sich alles, und die Wörter auf der
Seite sind verschwommen. Ich bin jetzt seit einer Woche nicht
mehr aus dieser Hütte herausgekommen. Das letzte Mal war
ein Spaziergang zum Strand an dem Nachmittag, als du weg
warst.«
Es lag etwas Nörglerisches in Talons Stimme, und das war
für ihn ziemlich ungewöhnlich. Der Magier lächelte. »Ruhelos, wie?«
»Sehr. Vielleicht könnte ich auf die Jagd gehen?« Er hielt
inne. »Wenn du einen Bogen hättest …«
Magnus sagte: »Habe ich nicht. Aber kannst du angeln?«
Talon setzte sich aufrechter hin, und seine Augen blitzten
begeistert. »Ich habe in den Seen und Flüssen meiner Heimat
geangelt, seit ich laufen konnte.«
Magnus betrachtete ihn einen Moment schweigend, dann
sagte er: »Also gut. Ich zeige dir, wie man im Meer angelt.«
Mit einer Geste schuf er eine schwarze Leere in der Luft.
Dann griff er hinein und schien nach etwas zu suchen. »Ah!«,
rief er schließlich zufrieden. Als er den Arm zurückzog, hatte
er eine Angel in der Hand. Er zog sie aus der Leere und reichte sie Talon.
Diese Angel war anders als alle, die Talon bisher gesehen
hatte. Sie war lang – einen Fuß länger als die sechs Fuß, die er
selbst maß –, und es befand sich ein seltsames Gerät daran,
ein Zylinder mit einer Sperrklinke und einer Kurbel, um den
eine Menge Schnur gewickelt war. Die Schnur war dann entlang der eigentlichen Angel durch eine Reihe von Ösen gefädelt worden – sie sahen aus, ab bestünden sie aus Bambus –
und verlief zu einer Metallöse an der Spitze.
Magnus holte eine weitere solche Angel aus der schwarzen
Leere und dann einen Fischkorb an einem Gürtel.
»Komm, gehen wir also angeln. Aber du wirst auch dabei
etwas lernen.«
Seufzend griff Talon nach dem Fischkorb und den beiden
Angeln und folgte dem Magier. Nun gut, der Unterricht würde
weitergehen, aber er konnte zumindest den Nachmittag im
Freien verbringen.
Er folgte dem Magier den felsigen Weg entlang von der
Klippe zum Strand darunter. Der Wind peitschte die Wellen
auf und ließ Gischt von den Brechern wehen. Talon fand das
Geräusch der Wellen auf den Felsen inzwischen beruhigend
und den Geruch des Meeres so belebend wie den der Kiefern
und Espen seiner Heimat.
Als sie den Strand erreichten, zog Magnus sein Gewand
hoch und steckte es sich unter den Gürtel. Bei einem anderen
Mann wäre das ein komischer Anblick gewesen, aber an
Magnus war nichts Komisches. Talon bemerkte die kräftigen
Beine des Magiers und kam zu dem Schluss, dass Magnus
zwar nicht in erster Linie Krieger oder Jäger sein mochte, aber
ebenso kräftig gebaut war wie sein jüngerer Bruder.
Der Magier zeigte Talon, wie man die Angelrute hielt. Er
erklärte, wie die »Rolle« funktionierte, wie er das Gerät nannte, das an der Rute befestigt war, und erläuterte, dass der Riegel eine »Bremse« war, die die Rolle verlangsamen würde,
wenn ein großer Fisch angebissen hatte und zu fliehen versuchte. Die Kurbel erlaubte dem Angler, den Fisch an Land
zu ziehen und ihn davon abzuhalten, weiter zu zerren, bis der
Angler die Sperre löste.
Talon war fasziniert: Seine gesamte bisherige Erfahrung,
was das Fischen anging, beschränkte sich auf Netze und eine
Leine am Ende eines langen Stocks. Er sah zu, wie Magnus
ein wenig Trockenfleisch aus dem Fischkorb holte und es auf
einen großen Metallhaken spießte. Mit zwei Schritten und
einer Bewegung, die halb Schritt, halb Sprung war, schleuderte er das Ende der Rute auf die Wellen zu und warf den Haken
damit weit in die Brecher hinaus.
»Achte darauf, dass du genau weißt, wo sich der Haken befindet, bevor du wirfst«, warnte er Talon. »Es macht keinen
Spaß, sich selbst damit zu fangen. Du musst das verdammte
Ding durch die Haut drücken und abschneiden, um den Haken
wieder aus dem Fleisch zu kriegen.«
Talon spürte, dass Magnus aus bitterer Erfahrung sprach.
Er ging ein Stück von dem Magier weg und steckte ebenfalls
Trockenfleisch auf den Haken. Dann ließ er die Schnur auf
dem Sand ruhen, machte einen weiteren Schritt vorwärts und
warf mit einer peitschenden Bewegung den Haken weiter aus,
als Magnus es getan hatte.
»Gut gemacht«, sagte der
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