Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1
gleichgestellt. Und einige sagen, ihre Zauberkräfte seien größer als seine. Ich weiß nur,
dass sie im Allgemeinen wenig Zeit mit den Schülern hier
verbringt, aber sie unterrichtet Alysandra persönlich.«
Talon sagte: »Deshalb ist Alysandra also etwas Besonderes.«
Rondar meinte: »Hat viele Worte gebraucht, bis du das
begriffen hast, Talon.«
Talon lachte. »Ich weiß.«
»Wenn du also dein Glück bei ihr versuchen willst, wird
dir das niemand übel nehmen«, erklärte Demetrius.
»Stimmt«, sagte Rondar.
»Aber erwarte nicht, etwas zu erreichen.«
Talon entdeckte Alysandra, die sich mit zwei anderen
Mädchen unterhielt. Zu seinen beiden neuen Freunden sagte
er: »Eins hat mein Vater mir beigebracht: Wer kein Risiko
eingeht, wird auch nicht belohnt, und man kann nur versagen,
wenn man es nicht wirklich versucht.«
»Umarmung«, sagte Rondar.
»Was?«, fragte Talon erstaunt.
Demetrius schüttelte den Kopf. »Nein, Küsschen auf die
Wange.«
»Wovon redet ihr da?«
»Alysandra wird sich von dir den Hof machen lassen, mein
Freund«, erklärte Demetrius. »Ich glaube, es erheitert sie insgeheim, dass sie so viel Aufmerksamkeit erhält. Und sie ist
wirklich sehr liebenswert. Ich glaube nicht, dass sie es böse
meint. Aber am Ende des ersten Abends, an dem du ihr den
Hof machst, wird sie dich dazu bringen zu schwören, dass du
wie ein Bruder für sie sein wirst, und dann weißt du, dass du
niemals die Arme um diese schlanke Taille legen wirst. Bevor
sie dich dann wieder in dein eigenes Zimmer zurückschickt,
erhältst du entweder eine kleine Umarmung, so kurz, dass du
es kaum spürst, oder einen Hauch von einem Kuss auf die
Wange, bei dem ihre Lippen kaum dein Gesicht berühren. Ein
Küsschen auf die Wange wird hier tatsächlich als hohe Ehre
betrachtet.«
Als ob sie spürte, dass sie das Thema des Gesprächs war,
schaute Alysandra über die Schulter zurück. Als sie Talon und
die anderen entdeckte, lächelte sie.
Talon bemerkte, dass seine beiden Freunde den Blickkontakt mit der jungen Frau mieden. Also konzentrierte er sich
wieder auf Alysandra und lächelte sie so strahlend an, wie er
konnte. Sie schaute ihn noch einen Moment länger an, dann
senkte sie den Blick und wandte sich wieder ihren Freundinnen zu.
Rondar sagte: »Ein Kupferstück auf eine Umarmung.«
Demetrius erwiderte? »In Ordnung. Ich wette, er kriegt ein
Küsschen.«
Talon senkte die Stimme. »Ich wette gegen beides, denn
ich werde mehr als eine Umarmung und ein Küsschen von ihr
bekommen.«
»Sehr entschlossen«, sagte Demetrius. »Das gefällt mir.«
»Hmpf«, war alles, was Rondar dazu einfiel.
Talon sah dem schlanken Mädchen hinterher, als es das
Gemeinschaftsgebäude betrat, wo die Schüler aßen. »Ich werde viel mehr bekommen«, sagte er leise.
Elf
Entschlossenheit
Die Pferde rannten über die Wiese.
Nakor und Magnus sahen zu, wie sich Talon über den Hals
seiner Stute beugte und sie ebenso mit seiner eigenen Willenskraft wie mit all seiner Fähigkeit als Reiter vorwärts trieb.
Rondars Wallach entfernte sich langsam, während der Ashunta weiter aufrecht dasaß, die Hände leicht an den Zügeln.
Nakor sagte: »Für einen, der von seinem Volk für einen
schlechten Reiter gehalten wurde, scheint sich Rondar recht
gut mit Pferden auszukennen.«
Magnus nickte und sagte: »Du kennst die Ashunta besser
als ich, aber gelten sie nicht als die besten Reiter der Welt?«
»Zweifellos die beste leichte Kavallerie. Das Kaiserreich
musste fünfzehn Legionen in ihr Land bringen, um sie zu besiegen, Sie waren der Schlüssel zur Eroberung des westlichen
Reichs vor zwei Jahrhunderten, aber eine Revolte der Ashunta-Häuptlinge machte dem ein Ende.« Nakor betrachtete die
Reiter, während Demetrius johlend und jubelnd ein Stück
entfernt stand. »Talon wird einmal ein sehr guter Reiter sein.«
»So weit verstehe ich die Sache, Nakor. Talon lernt Sprachen, Reiten, Schwertkampf, den Rest – aber warum sitzt er
auch im Magieunterricht?«
Nakor grinste seinen ehemaligen Schüler an. »Magie? Es
gibt keine Magie.«
Magnus versuchte sich das Lachen zu verkneifen und versagte. »Darüber kannst du mit Vater bis zum Ende des Universums debattieren, aber wir wissen beide, dass du einfach
eine andere Definition von Magie hast als er.«
»Es ist mehr als das, und das weißt du auch«, erwiderte Nakor. »Es ist eine Möglichkeit, den Geist von vorgefassten Ideen
zu befreien. Und außerdem«, fügte er grinsend hinzu, »war
dein
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