Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1
Vater der Erste, der gesagt hat, das es keine Magie gibt.«
»Werdet ihr mir eigentlich je erzählen, woher er wusste,
dass er bei seiner ersten Reise nach Kesh diese Botschaft
schicken sollte? Ihr beide wart euch nie begegnet.«
»Er hat mir nie erzählt, woher er es wusste«, erwiderte Nakor. »Es gibt Dinge, die dein Vater niemandem anvertraut,
nicht einmal deiner Mutter.«
»Der Schwarze Zauberer«, sagte Magnus seufzend. »Es ist
leicht zu vergessen, dass das nicht nur eine Rolle ist, um Seeleute zu erschrecken, die dieser Insel zu nahe kommen.«
»Nein, es ist viel mehr als das, und dein Großvater hat es
gewusst.«
Magnus’ Großvater Marcos war der erste Magier gewesen,
der einen Schwarzen Zauberer benutzte, um für die Abgeschiedenheit der Insel zu sorgen. Er hatte im Auftrag von Saroc gehandelt, dem verlorenen Gott der Magie, und hatte die
Zaubererinsel schließlich Pug und Miranda überlassen.
Nakor und Magnus hatten im Konklave der Schatten die
höchstmöglichen Positionen erreicht, aber selbst sie verstanden die tiefsten Geheimnisse der Organisation nicht vollkommen. Magnus hatte seinen Vater einmal gefragt, wer seine Aufgabe übernehmen sollte, wenn ihm etwas zustieße, und
Pug hatte nur erwidert, dass in diesem Fall jeder schon wissen
würde, was zu tun sei.
Magnus wandte sich wieder der Gegenwart zu. »Dennoch,
Magie oder nicht, du hast mir immer noch nicht gesagt, wieso
Talon auch die mystischen Künste studiert.«
»Stimmt, das habe ich nicht.«
»Nakor, willst du mich den ganzen Tag ärgern?«
Nakor lachte. »Nein, ich habe nur vergessen, dass du
manchmal ein Problem mit meiner Vorstellung von Humor
hast.« Er zeigte zum anderen Ende der Wiese, wo das Rennen
zu Ende gegangen war und die drei Jungen nun auf Anweisungen warteten. »Talon muss über alle erdenklichen Gegner
so viel wie möglich wissen. Unsere Feinde haben sich seit
Jahren auf die schwarzen Künste verlassen, und dass Talon
den Angriff dieser drei Todestänzer überlebt hat, hat mich auf
eine Idee gebracht.«
Magnus schwieg. Er wusste, wenn er allein in der Hütte
gewesen wäre, hätten ihn die Todestänzer sehr wahrscheinlich
umgebracht. Er hatte bis tief in die Nacht mit seinem Vater
darüber spekuliert, wieso der Feind einen solch gewagten
Schritt unternommen und wieso man ausgerechnet ihn als Ziel
ausgewählt hatte, aber am Ende war alles reine Spekulation
geblieben.
Magnus sagte: »Möchtest du ihm beibringen, Magie zu erkennen?«
»Wenn das möglich ist. Vor vielen Jahren hat mir Lord
James, der Herzog von Krondor, einmal gesagt, dass sich immer dann, wenn Magie angewandt wurde, seine Nackenhaare
sträubten. Auf ähnliche Weise spürte er es manchmal, wenn
Ärger bevorstand. Es war eine besondere Art von Intuition,
die James häufig geholfen hat.«
»Du glaubst, Talon hätte diese Fähigkeit ebenfalls?«
»Ich weiß es noch nicht, aber es könnte nützlich sein, wenn
jemand offensichtlich kein Magier ist, aber etwas von Magie
versteht. Er wäre vielleicht im Stande, an Orte zu gelangen,
die gegen Magier geschützt sind, und sich dort dennoch mit
einiger Kompetenz zu bewegen.«
»Das scheint ein ziemlich vages Motiv dafür, dem Jungen
noch weitere Unterrichtsstunden aufzubrummen, besonders,
da alles abstrakt bleiben und er nie im Stande sein wird, sein
Wissen umzusetzen.«
»Das weiß man nie«, erwiderte Nakor. »Es wird ihn jedenfalls zu einem viel gebildeteren Mann machen, und das kann
uns allen nur nutzen.« Er sah zu, wie die Jungen tauschten,
sodass nun Demetrius und Talon das nächste Rennen reiten
würden, während Rondar zum Zuschauer wurde.
»Ich denke, es wird Zeit, dass wir uns noch einer weiteren
Phase von Talons Ausbildung zuwenden. Ich habe mit Interesse deine Notizen über seine Begegnungen mit diesen beiden Mädchen in Kendricks Gasthaus gelesen. Ich glaube, wir
brauchen noch eine weitere Lektion.«
»Alysandra?«
»Ja. Ich denke, es ist an der Zeit, sie die Fähigkeiten einsetzen zu lassen, die wir ihr beigebracht haben.«
»Warum?«
»Weil Talon viel gefährlicheren Dingen gegenüberstehen
wird als Stahl und Bannsprüchen.«
Magnus drehte sich um und blickte zum Haus seines Vaters. »Was ist nur aus uns geworden, Nakor? Wieso sind wir
fähig, so etwas zu tun?«
»Die Ironie der Götter«, erwiderte Nakor. »Wir tun Böses
im Namen des Guten, so wie unsere Feinde im Namen des
Bösen manchmal Gutes getan haben.«
»Glaubst du, die Götter lachen uns aus?«
Nakor lachte
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