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Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia 3

Titel: Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konklave der Schatten
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erwarten. Die besseren standen wahrscheinlich nahe dem Kaufmannsviertel, also ging er weiter, bis er den Marktplatz erreichte, auf dem sich zu dieser Nachmittagsstunde viele Menschen drängten. Delga hatte alle Anzeichen einer wohlhabenden Gemeinde, und die Leute wirkten recht zufrieden.
    Kaspar hatte sein Leben lang das Handwerk eines Herrschers gelernt, denn dazu war er geboren worden. Dabei hatte er genug Narren, Verrückte und unfähige Herrscher für sein ganzes Leben gesehen und von noch vielen anderen gelesen. Er wusste, dass die einfache Bevölkerung das Fundament einer starken Nation darstellte, und man konnte sie nur bis zu einem bestimmten Punkt besteuern. Kaspars Intrigen und Pläne hatten zum Teil dem Zweck gedient, die Notwendigkeit einer offenen militärischen Konfrontation zu verringern, denn Krieg war stets ein teures Unternehmen, das das Volk gewaltig belastete.
    Nicht dass sich Kaspar besonders für das Glück seiner Untertanen interessiert hätte – er hatte erst begonnen, über das Leben der einfachen Menschen nachzudenken, als er Jörgen und Jojanna kennen gelernt hatte –, aber das Wohlergehen seiner Nation im Allgemeinen hatte ihm am Herzen gelegen, und das bedeutete auch, dass die Bevölkerung nicht zu unzufrieden werden durfte.
    Die Menschen in Delga wirkten nicht übermäßig belastet oder unruhig. Sie sahen nicht aus, als machten sie sich Sorgen, dass Regierungsspione oder Steuerbeamte zu viele Luxusgüter bei ihnen bemerkten.
    Der Markt war ein wildes Durcheinander von Farben und Geräuschen und ausgesprochen geschäftig.
    Hin und wieder hörte Kaspar das Klirren von Münzen, die gezählt wurden oder in einem Beutel klimperten, also nahm er an, dass die Region unter der Herrschaft des Radschas langsam zu harter Währung zurückkehrte.
    Auf den ersten Blick wirkte es, als unterstützten die Menschen ihren Herrscher. Männer in einer anderen Uniform als der der Soldaten am Tor schlenderten über den Markt und sahen sich um, ob es irgendwo Ärger gab. Kaspar nahm an, dass es sich um Wachtmeister der Stadtwache handelte.
    Er stellte Augenkontakt mit einem von ihnen her, einem breitschultrigen Mann mit Narben an Gesicht und Hals. Der Mann blieb stehen, aber Kaspar wandte den Blick nicht ab, sondern ging auf den Wachtmeister zu. Der Mann trug einen blauen Waffenrock, aber nicht die engen Hosen und hohen Stiefel eines Kavalleristen, sondern Pumphosen, die seine Stiefel beinahe vollkommen verbargen. Sein Schwert war kurz, und er trug keinen Helm, sondern einen Filzhut mit breiter Krempe.
    »Guten Tag«, grüßte Kaspar.
    »Fremder«, erwiderte der Mann kurz angebunden.
    »Ich nehme an, Ihr seid ein Wachtmeister.«
    »Da habt Ihr ganz Recht.«
    »Ich habe mich gefragt, wo man hier wohl Arbeit finden kann.«
    »Euer Handwerk?«
    »Ich bin ein ausgebildeter Jäger und Soldat«, fuhr Kaspar höflich fort.
    »Wenn Ihr Wild bringt, könnt Ihr es in den Gasthäusern verkaufen, aber der Radscha braucht keine Söldner.«
    Kaspar hatte das Gefühl, dieses Gespräch schon einmal geführt zu haben, und hielt es für sinnlos, zu widersprechen. »Und Tagelöhnerarbeit?«
    »In der Karawanserei werden immer Männer gebraucht, die einen Ballen oder eine Kiste heben können.« Er zeigte nach Süden. »Durch die Stadt, vor dem Tor. Aber heute seid Ihr schon zu spät dran. Sie stellen Leute gleich im Morgengrauen ein.«
    Kaspar nickte zum Dank und ging weiter durch die Stadt. Ganz plötzlich kam ihm seine Umgebung gleichzeitig fremd und vertraut vor. Diese Menschen zogen sich anders an, und ihre Akzente klangen für ihn immer noch fremdartig. Er hatte geglaubt, mit der Sprache vertraut zu sein, aber nun bemerkte er, dass er nur daran gewöhnt gewesen war, die Stimmen von Jörgen und Jojanna zu hören. Das hier war eine Stadt, und sie würde noch weiter wachsen. Er kam an Baustellen vorbei, sah Menschen, die eifrig ihrer Arbeit nachgingen, und fand das Tempo und die Rhythmen des Ortes vertraut.
    Draußen vor dem Tor stellte Kaspar fest, dass es in der Karawanserei tatsächlich schon ziemlich ruhig zuging. Wie der Wachtmeister ihm gesagt hatte, war der größte Teil der Tagesarbeit bereits erledigt. Dennoch, er hatte zumindest die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Er ging von Karawane zu Karawane, und nach ein paar Gesprächen hatte er ein Gefühl für den Ort entwickelt. Er fand heraus, dass in einer Woche eine Karawane nach Süden aufbrechen würde, und der Besitzer riet ihm, dann zurückzukehren und sich um eine

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