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Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia 3

Titel: Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konklave der Schatten
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dass Ihr eine bestimmte Aufgabe erfüllt, bevor Ihr davon frei sein könnt«, erklärte Vater Vagasha.
    »Das ist einer der Gründe, wieso Euch die mörderischen Dinge, die Euren Reisebegleitern zugestoßen sind, so wenig beunruhigen.«
    Kenner wand sich ein wenig, bevor er sagte: »Ich dachte, es läge nur an meiner… meiner…«
    »Gefühllosigkeit?«, schlug Kaspar vor.
    »Ja«, sagte Kenner. »Selbst als das erste Mitglied unserer Gruppe starb, habe ich… nichts empfunden.«
    »Das dürft Ihr auch nicht, oder Ihr könntet diesen Geis nicht erfüllen.« Der alte Priester holte tief Luft.
    »Meine Brüder untersuchen dieses Relikt, das Ihr mitgebracht habt, und wenn sie fertig sind, werden wir sehen, wie wir Euch helfen können, Euch zu befreien.«
    »Es ist also böse?«, fragte Flynn, als wäre er immer noch nicht sicher.
    »Es gibt Zeiten, in denen sich nicht so einfach bestimmen lässt, was gut und was böse ist«, erwiderte der Priester. »Ich werde Euch mehr sagen können, wenn wir das Relikt untersucht haben. Warum ruht Ihr Euch jetzt nicht ein wenig aus? Ihr werdet heute Abend mit den Brüdern essen; unsere Speisen sind nicht üppig, aber nahrhaft. Vielleicht haben wir morgen mehr, worüber wir sprechen können.«
    Er stand auf, und sie taten es ihm gleich. Als ob er die Bewegungen des auserwählten Vaters geahnt hätte, erschien der Diener, um sie zu ihren Gemächern zu führen. Zu den drei Männern sagte der Priester:
    »Wir werden später nach Euch schicken.«

    Flynn folgte dem Diener und sagte: »Es war vielleicht wirklich gut, dass wir hierher gekommen sind.«
    Kaspar nickte. »Es sei denn, man bringt uns deswegen um.«
    Danach sagte keiner mehr etwas.
    Sie aßen an diesem Abend mit Vater Vagasha, aber sie sprachen nicht am nächsten Tag mit ihm, sondern erst beinahe eine Woche später. Bis dahin waren sie sich selbst überlassen. Kenner und Flynn blieben viel in ihrem Zimmer, wo sie schliefen, Karten spielten oder aßen.
    Kaspar wanderte in der großen Halle umher und setzte sich mitunter hin, um den Debatten der Lehrer und Schüler zu lauschen. Viel von dem, was er hörte, war Anfängerstoff und vorhersehbar – idealisierte Ansichten darüber, wie das Leben und die Welt funktionieren sollten –, aber selbst die Schüler mit solch unerfahrenem Geist konnten sich sehr gut ausdrücken.
    Am zweiten Tag in der Halle blieb Kaspar stehen und belauschte eine besonders schwierige Debatte, bei der der Priester, der für die Ausbildung dieser jungen Männer zuständig war, Fragen stellte, aber selbst keine Antworten lieferte, sondern es den Schülern erlaubte, über jeden Punkt zu debattieren und ihre eigenen Schlüsse zu ziehen.
    Während er diesem Gespräch lauschte, spürte Kaspar eine Andeutung kommender Dinge und erhielt hin und wieder Einblick in originelle Gedanken.

    Einige dieser jungen Männer würden zu großen Denkern heranreifen, erkannte er, und selbst der Langweiligste von ihnen würde langfristig von seinem Aufenthalt hier profitieren.
    Einen Augenblick lang war Kaspar beinahe wütend. Das hier ist wertvoll!, dachte er. Dies ist die Richtung, in die Menschen geführt werden sollten; wir sollten die Welt, die uns umgibt, verstehen und sie nicht nur erobern! Er hielt inne, überrascht von der Intensität seiner Gefühle, und fragte sich, woher sie kommen mochten. Das hier war nicht die Art von Erfahrung, mit der er vertraut war. Woher kam also dieser Zorn? Es war, als hätte er sein Leben an einem dunklen Ort verbracht und plötzlich erkannt, dass es Licht gab und dass all die Schönheit und die Wunder des Lebens stets nur einen Schritt entfernt gewesen waren, wenn er es nur gewusst hätte! Wer hatte ihn so im Dunkeln gelassen? Kaspar war kein sonderlich nach innen gewandter Mensch, und diese Erkenntnis beunruhigte ihn zutiefst.
    Er hielt sich zurück und zwang sich, nicht mehr über diese Dinge nachzudenken, sondern sich dringlicheren Themen zuzuwenden. Ungeduldig, weil ihm dies so widerstrebte, drehte er sich um, verließ die Halle und kehrte in sein Zimmer zurück.
    Nur das Verbot von Alkohol im Tempel sorgte dafür, dass er an diesem Abend nüchtern blieb.
    Im Lauf der nächsten Tage amüsierte sich Kaspar zwar über die Debatten der jungen Männer, aber er hielt sich sorgfältig fern von der Art von Fragen, die ihm solch inneren Aufruhr bescherten.
    Eine Woche später wurden sie in die Gemächer des auserwählten Vaters gerufen.
    Als sie hereinkamen, winkte der alte Priester sie zu ein

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