Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia
da sind keine Dasati.« Er schien zutiefst beunruhigt zu sein. »Sie sind schlimmer, viel schlimmer.«
Jim sah Kaspar und Jommy an. »Schlimmer?«
»Es gibt einen Riss in der Oberfläche der Wirklichkeit, 167
einen Riss im Universum, und was ihr hier seht, sickert aus der Leere herein.
Deshalb sind die Hütten und das Feuer so fremdartig. Dieser Ort ist jetzt ein Anker für diesen Spalt. Mehr von diesen Dingen können ihren Weg hierherfinden, es sei denn, wir …« Er sah sich noch einmal genauer um und fragte Miranda dann: »Könnt Ihr hier alles vernichten?« »Alles?«, fragte sie.
»Selbst den Boden unter unseren Füßen, auf eine Tiefe von« - er schien Berechnungen anzustellen - »zwanzig Fuß. Alles. Wenn Ihr fertig seid, darf es hier nichts anderes mehr geben als ein großes Loch im Boden.«
Miranda wandte sich von der Mitte des Lagers ab und sagte: »Dinge in die Luft zu jagen war mehr Magnus’ Vorliebe, als er noch jünger war, aber wenn Ihr es nur zerstört haben wollt, kann ich das tun.« Dann riet sie den vier Männern: »Ihr solltet Euch lieber den Weg entlang zurückziehen.«
Das taten sie, und einen Moment später sahen sie, wie Miranda auf einen niedrigen Felsen stieg, was ihr einen Blick über das Lager erlaubte. Sie begann einen langen und komplizierten Zauber, und plötzlich bebte der Boden unter ihren Füßen, und die Bäume in der Nähe schwankten. Es fühlte sich an wie der Beginn eines gewaltigen Erdbebens. Ruckartig entstand eine Reihe von Verschiebungen, als rüttelte jemand den Boden von Hand. Es folgte ein tiefes Geräusch, nicht das übliche Grollen eines Erdbebens, sondern eher ein knirschendes Heulen, das immer intensiver wurde. Als es eine Lautstärke erreichte, dass Jommy, Kaspar und Jim sich die Ohren zuhielten, blies eine ohrenbetäubende Explosion einen massiven Turm aus Erde, Felsen und Bäumen in den Himmel. Es war, als hätten zwei riesige Hände die Erde unter dem Lager angehoben und alles,
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was darauf stand, zu Staub und Steinen zerrieben und die Masse hoch in den Himmel geschleudert.
Miranda eilte hinunter zu den vier Männern und sagte: »Wir sollten weiter nach unten gehen, und zwar schnell. Gleich wird es Steine regnen.«
Alle fünf rannten bergabwärts, und wie Miranda vorhergesagt hatte, prasselten bald Steine und Erde auf sie herab. Zum Glück befanden sie sich nahe am Rand, als es anfing, und sie konnten die Kaskade von Erde und Steinen schnell hinter sich lassen.
»Ohne einen Aspekt ihres Reiches hier«, sagte Tomas, »könnte es sein, dass sie einige Zeit brauchen, um wieder einen Weg hierherzufinden.«
»Aber wer steckt dahinter?«, fragte Miranda. »Was waren diese Geschöpfe?«
Tomas hielt einen Moment inne. »Was immer sonst mit Eurem verrückten Nekromanten geschehen mag«, sagte er zu Miranda, »oder mit dem kommenden Krieg gegen die Dasati« - das an alle gewandt - »nichts ist so gefährlich wie das, was wir gerade gesehen haben.«
»Was waren diese Geschöpfe?«, wiederholte Miranda, diesmal drängender.
»Kinder der Leere. Als Jim mir von ihnen erzählte, erkannte ich zunächst nicht, um was für eine Art Wesen es ging. Ich dachte an ein Phantom oder einen Geist, vielleicht sogar eine geringere Manifestation der Dunklen. Aber das hier waren Schreckenswesen, unwichtigere Schreckenswesen, aber immerhin. Die Dinger, auf denen sie ritten, kenne ich nicht vom Namen her, aber die Valheru nannten sie >Schreckensrösser<. Die fliegenden Geschöpfe sind ebenfalls namenlos, aber wie Falken und Habichte sind sie Räuber, die das >Wild< für die Schreckenswesen aus dem Unterholz treiben.«
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»Die Elfen nannten sie >Dunkelpfeile<«, sagte Kaspar.
»Ein passender Name«, erwiderte Tomas. »Sie sind gefährlich, aber nicht so sehr wie die eigentlichen Schreckenswesen, kurz auch Schrecken genannt.«
»Was sind diese Schrecken?«, fragte Jommy, als Tomas sich umdrehte und weiter den Hügel hinuntereilte.
»So fremde Wesen, dass die Dasati im Vergleich dazu wie Brüder der Menschen wirken. Sie trinken Leben und stehlen Seelen, und irgendwie haben sie einen Weg auf unsere Ebene gefunden.«
Kaspar beeilte sich, um mit dem Menschen, der Drachenlord geworden war, Schritt zu halten. »Könnte das ein Teil des Plans der Dasati sein?«
»Nein!«, antwortete Tomas entschlossen. »Das hier ist etwas viel Gefährlicheres.« Er blieb stehen und wandte sich Miranda zu. »Wem immer Ihr traut, Magier oder Priester, ruft die Mächtigsten zusammen, und ich
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