Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia
gesammelt.
Aber wie auch immer, sie und ich konnten die Geschöpfe lange genug abwehren, dass meine elenden Kumpane an der Höhle vorbeizogen, und dann schlüpften wir raus und erreichten einen sicheren Ort.«
»Wie bist du je wieder nach Hause gekommen?«, fragte Jommy.
Jim grinste. »Sie hatte diesen magischen Stein, ein Elfending, und sobald wir waren, wo wir waren, konnte sie Magie wirken, und die brachte uns nach Elvandar.«
»Elvandar? Ist das in der Nähe des Wolkenlands?«, fragte Servan - das Wolkenland stammte aus einer Kindergeschichte.
»Elvandar gibt es wirklich, Servan«, sagte Jommy. »Ich kenne Leute, die schon mal dort waren.«
»Demnächst erzählst du mir noch, dass du auch ein paar Elfen kennst.«
Jommy lächelte. »Nicht persönlich, aber ich kenne Leute, die das tun.«
»Also gut«, fuhr Jim fort. »Da ich geholfen hatte, das Mädchen zu retten und all das, gaben die Königin und ihr Gemahl mir zu Ehren ein Festessen, bedankten sich bei mir und sagten, ich sei jederzeit willkommen, wenn ich sie besuchen wollte. Dann halfen sie mir, diesen Außenposten in Jonril zu erreichen - den oben im Herzogtum Crydee, nicht den in Kesh, nach dem er benannt wurde -, und von dort gelangte ich wieder nach Krondor.«
»Erstaunlich«, sagte Jommy.
»Mehr als erstaunlich«, stellte Servan fest. »Unglaublich.«
Jim griff in seine Tunika und zog eine Lederschnur heraus, an der er ein wunderschön gearbeitetes Amulett trug. »Die Königin selbst hat mir das hier gegeben«, sagte er. »Sie erklärte, jeder Elf würde es erkennen, und sie würden mich als Elfenfreund identifizieren können.«
Sowohl Jommy als auch Servan beugten sich vor, um den Anhänger näher zu betrachten. Es war ein Muster miteinander verbundener Knoten, in Knochen oder Elfenbein geschnitzt, und etwas an Entwurf und Form wirkte tatsächlich anders als von Menschen hergestellt.
Der Dieb wurde plötzlich ernst und sagte: »Ich mag vieles sein, Jungs: Schurke, Abenteurer, Dieb, und wenn nötig auch ein mörderischer Verbrecher, aber noch niemand hat Jimmyhand einen Lügner genannt.«
»Jimmyhand?«, fragte Jommy.
»Mein … mein Profi-Name sozusagen. Nach einem berühmten alten Dieb von damals, Jimmy die Hand. Einige sagen, dass ich ihm irgendwie ähnlich bin.
Andere sagen sogar, er könnte mein Urgroßvater gewesen sein - aber ich denke, das war nur meine Mutter, die wollte, dass ich mich irgendwie besonders fühlte. Also habe ich als kleines Kind immer gesagt: >Ich bin Jimmyhand<, weil ich das mit >Jimmy die Hand< nicht richtig hinkriegte.
Und es blieb hängen. Tatsächlich heiße ich Jim Dasher.«
In der Zeit, die er bei Caleb und seiner Familie auf der Insel des Zauberers verbracht hatte, hatte Jommy oft Geschichten »von damals« gehört, von den Leuten, die dabei gewesen waren, und einige davon hatten sich auch um den berüchtigten Jimmy die Hand gedreht, einen Dieb, der der Legende zufolge Agent des Prinzen von Krondor geworden war und später einen Adelstitel erhalten hatte und bis zum Herzog von Rillanon und Krondor aufgestiegen war, was die beiden mächtigsten Ämter im Königreich waren, wenn man den König nicht mitzählte.
Jommy betrachtete den Dieb forschend. Er kannte ihn kaum, war aber der Ansicht, dass er angenehme Gesell
schaft war; seine unglaublichen Geschichten bildeten eine willkommene Abwechslung an den langweiligen Tagen, die sie damit verbrachten, auf einen Feind zu warten, der vielleicht niemals eintreffen würde. Er bezweifelte nicht, dass Jim so gefährlich war, wie er behauptete, aber unter der Oberfläche gab es auch etwas, das Jommy schon zu erkennen gelernt hatte, als er noch ein Straßenjunge gewesen war: Sein Instinkt signalisierte, dass er diesem Jim Dasher trauen konnte. Er nickte und sagte dann: »Jim, ich werde dich nie einen Lügner nennen, bis zu dem Tag, an dem ich dich erwische.«
Jim starrte Jommy einen Augenblick an, dann grinste er. »Also gut.«
Servan wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem fernen Strand zu, den sie bewachen sollten. »Wie lange noch?«
»So lange, wie es braucht«, erwiderte Jommy.
»Also nicht mehr lange«, sagte Jim und zeigte in die verregnete Düsternis.
»Ein Boot.«
»Wie kannst du …«, begann Servan, dann sah er es ebenfalls, einen winzigen dunklen Fleck, der jeden Augenblick größer wurde, als ein Langboot in die Bucht kam.
»Das Schiff liegt wahrscheinlich weiter draußen vor Anker«, sagte Jommy.
»Ich werde dem Hauptmann Bescheid geben«,
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