Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia
Abwesenheit von allem, wirkte dieser Ort eher, als wäre er von allem umgeben, aber in Form feinen Pulvers, mit dem verglichen selbst das kleinste Staubkorn grotesk groß und grob gewesen wäre.
»Wo sind wir?«, fragte Pug.
»Im vierten Reich unterhalb deiner Welt, oder an dem Ort, den eure Dichter, Dramatiker und nicht wenige Priester die Vierte Ebene der Hölle nennen.«
Pug musste an das denken, was er durch das Portal zum fünften Kreis gesehen hatte, als Macros gegen den Dämonenkönig Maarg kämpfte, und was er auf der zweiten Ebene - der Dasati-Ebene - erlebt hatte, und sagte: »Das ist nicht, was ich erwartet hätte.«
»Es ist auch nicht, was du vor vielen Zeitaltern erlebt hättest, wenn du einen Grund gehabt hättest, hier vorbeizukommen.« Pug bemerkte einen seltsamen Tonfall bei dem Gott, so etwas wie Bedauern. »Das hier war für die 277
Dasati-Welt, was ihre Welt für unsere ist. Hier lebten Wesen, Pug, die nach deinen Maßstäben nur ein wenig zivilisierter waren als Dämonen, aber nicht sonderlich. Dennoch, sie hatten eine Gesellschaft, oder genauer gesagt, viele davon, denn sie waren überall in diesem Universum, ebenso, wie die Menschen auf deiner Ebene verteilt sind.« »Was ist passiert?«
»Der Dunkle«, sagte Banath knapp. »Wie meinst du das?«
»Das weiß niemand, oder jedenfalls weiß es niemand, den ich kenne, und ich kenne eine Menge Leute … tatsächlich Milliarden.«
Pug blickte die Quelle der Stimme an und erwartete, wieder Nakor zu sehen, aber er war von nichts als Leere umgeben. »Was sehe ich hier?«
»Eine Ebene der Wirklichkeit, die so leer jeden Lebens ist, dass sie zu einem feinen, urtümlichen Staub geworden ist, einem Ort, wo jedes einzelne Fitzelchen Wirklichkeit gleichmäßig über den gesamten Bereich dieser Realität verteilt ist.«
»Wie kann das sein?«
»In einem unendlichen Universum ist alles möglich, was du dir vorstellen kannst, manchmal sogar sehr wahrscheinlich.«
»Dann fehlt diesem gesamten Bereich alles bis auf diesen … feinen Staub?«
»Nun, nichts ist ewig, oder zumindest werden wir das nie wissen. Selbst die Götter, für die du uns hältst, haben Einschränkungen in ihrer Wahrnehmung und Existenz. Es könnte sein, dass aus irgendeinem Grund zwei Staubkörner zusammenstoßen und sich verbinden, und irgendwann wird sich ein drittes ihnen anschließen, und diese Anziehung wird sich fortsetzen und mehr Materie in eine Sphäre
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ziehen. Am Ende wird alles, was hier ist, angezogen, und wenn es ein gewisses Niveau an Dichte erreicht…«
»Explodiert es«, sagte Pug. »Ein neues Universum wird geschaffen. Das hat Macros uns …«
»Im Garten bei der Ewigen Stadt gezeigt, wo die Pantathianer dich, Macros und Tomas gefangen gesetzt haben, zusammen mit Tomas’ Drachen, ja, ich erinnere mich.«
»Du erinnerst dich?«
Grinsend sagte der Gott der Diebe: »Ich habe es arrangiert!« Dann fügte Banath in ernsterem Ton hinzu: »Du wirst es vielleicht niemals vollkommen verstehen oder mir jemals verzeihen - was mich nicht kümmert -, aber viel von dem Leid, das du ertragen musstest, und den Wundern, die du gesehen hast, waren Teil eines viel größeren Plans, eines Plans, der dich darauf vorbereitet hat zu tun, was du jetzt tun musst… Dieses Bild zu sehen, wie dein Universum begann, war nur deine erste Lektion darin, erkennen zu können, wie gewaltig die Dinge sind und wie wichtig es ist, was du tust. Denn du musst etwas tun, was du bisher nicht hättest tun können. Du musstest sehen, wie ein Universum geboren wird, musstest zusehen, wie Leute sterben, auch Leute, die du liebtest, du musstest im Gang der Welten unterwegs sein und so viele andere unwahrscheinliche Dinge tun, Pug, denn du hast nun eine noch anstrengendere Aufgabe vor dir und musst Entscheidungen treffen, die kein Sterblicher je sollte treffen müssen.«
»Welche Entscheidungen?«
»Wenn der Zeitpunkt gekommen ist. Im Augenblick musst du noch mehr lernen.«
»Wir sind nicht wirklich hier, oder?«
»Nein, wir sind immer noch in deinem Zimmer, und du sitzt ruhig auf dem Bett und starrst ins Leere, aber um dessentwillen, was als Nächstes kommt, solltest du dich
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als jemanden betrachten, der sich auf einer erstaunlichen Reise befindet.«
Banath schnippte mit den Fingern.
Es gab einen Blitz, und plötzlich befanden sie sich in einer anderen Wirklichkeit, einer, in der riesige Felsbrocken und Schutt mit hoher Geschwindigkeit an ihnen vorbeirasten. Diesmal sah Pug einen
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