Feist, Raymond E. - Krondor Saga 02
Feder, die nach hinten zeigte. Seine schwarze Jacke saß perfekt, und James konnte sehen, dass die gewaltigen Schultern nicht gepolstert waren, sondern lediglich den Eindruck verstärkten, dass der Herzog sich auch in den derberen Schenken der Stadt mit Leichtigkeit würde behaupten können. Schwarze Beinkleider und Strümpfe – wie alles andere aus feinstem Stoff – rundeten das Gesamtbild ab. Das Schwert an seiner Seite war ein Rapier, ähnlich dem, das Arutha trug, eine oft benutzte und gefährliche Waffe. Der einzige Unterschied lag darin, dass das Rapier von Radswil einen silber und goldverzierten Handschutz besaß.
Links von ihm schritt ein junges Mädchen, kaum mehr als fünfzehn oder sechzehn Jahre alt. Sie trug ein Kleid, das dem der Prinzessin in nichts nachstand und so tief ausgeschnitten war, dass es gerade noch als sittsam gelten konnte. James betrachtete ihr Gesicht. Sie war auf eine höchst wilde Weise hübsch und hatte die Augen einer Jägerin. Einen kurzen Augenblick war er froh, dass Locklear den Hof verlassen hatte. Seit die beiden Jungen sich kannten, witzelte James darüber, dass Locklear eines Tages durch ein Mädchen oder eine Frau sterben würde. Und diese hier wirkte – trotz ihrer Jugend – gefährlicher als alle anderen, die James jemals zuvor gesehen hatte.
Dann spürte James Blicke auf sich ruhen. Rechts von Radswil schritten zwei junge Männer, die etwa in seinem Alter waren. Der eine, der direkt neben dem Herzog ging, wirkte wie eine jüngere Version von Radswil, kräftig und stark und voller Selbstvertrauen. Der andere sah aus wie sein jüngerer Bruder, aber er war schlanker, und in seinen Augen lag ein bedrohlicher Blick, mit dem er jetzt James musterte. Er hatte James die ganze Zeit über beobachtet, und der Junker begriff plötzlich, was er tat: Er suchte nach möglichen Feinden am Hof. James spürte, wie ihm ein Schauer über den Rücken lief, als sich der Herzog vor Arutha verbeugte. Als Assistent des Zeremonienmeisters war es an Jerome, die entsprechenden Pflichten zu übernehmen, und so trat er vor. »Eure Hoheit, hiermit präsentiere ich Euch Radswil, Lord Steznichia, Herzog von Olasko«, verkündete er mit lauter Stimme.
»Willkommen an unserem Hof, Herzog«, erklärte Arutha. »Eure Ankunft ereilt uns etwas unerwartet.
Wir haben erst gegen Ende der Woche mit Euch gerechnet.«
Der Herzog verneigte sich. »Ich bitte um Vergebung, Eure Hoheit«, sagte er mit tiefer Stimme, die beinahe akzentfrei klang. »Wir hatten günstige Winde von Opardum und haben Salador daher eine Woche früher erreicht als geplant. Statt uns dort eine Zeit lang aufzuhalten, haben wir uns sogleich weiter auf den Weg gemacht. Ich hoffe doch, wir bereiten Eurer Hoheit keine unangemessenen Unannehmlichkeiten?«
Arutha schüttelte den Kopf. »Ganz und gar nicht. Wir können Euch nur nicht den Willkommensempfang bieten, der Euch gebührt, das ist alles.«
Der Herzog lächelte, doch das Lächeln verströmte keinerlei Wärme. Der Mann war höflich und offensichtlich gebildet, aber im Herzen blieb er der Schläger, den James sofort in ihm erkannt hatte. »Es tut mir Leid, Hoheit, ich hatte angenommen, diese Gala diene unserem Empfang.«
Anitas Gesicht erstarrte einen Augenblick, dann wandte sich der Herzog ihr zu. »Hoheit, es hatte ein Scherz sein sollen. Die Angelegenheit ist nicht von großer Bedeutung. Wir wenden uns nur aus Höflichkeit an Euch und Euren Gatten. Wir sind unterwegs zum keshianischen Hafen Durbin. Von dort aus werden wir ins TrollheimGebirge weiterreisen, denn wir haben gehört, dass dort die Jagd sehr vielfältig und exotisch sein soll. Jede noch so kleine Geste Eurer Gastfreundschaft ist eine Gefälligkeit Eurerseits, die über das hinausgeht, was wir erwarten können.«
James sah, wie Jerome sich versteifte. Der pingelige ehemalige Junker war ein Eiferer des Protokolls, und der Herzog hatte es fertig gebracht, nicht nur eine mögliche Entschuldigung von Seiten Aruthas schon im Keim zu ersticken, sondern gleichzeitig eine Beleidigung auszusprechen, ohne dass dies offensichtlich wurde. Dieser Mann verspürte nicht die geringste Furcht in Anwesenheit eines Prinzen.
Anita war am Hof aufgewachsen und kannte die Tücken des höfischen Umgangs. Sie wusste, dass alles, was sie als Antwort auf diese Beleidigung sagen mochte, ihre Situation nur noch verschlimmern konnte. Sie neigte daher lediglich den Kopf und meinte: »Ich nehme an, wir im Westen sind mit den Feinheiten des Ostens
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