Feist, Raymond E. - Krondor Saga 02
Posten bezogen hatte. Eine Stimme erklang auf der anderen Seite der mit Schnitzereien reich verzierten doppelflügeligen Holztür, und gleich darauf öffneten zwei Pagen sie von innen. Der Prinz saß gerade mit seiner Familie beim Frühstück. Die streitlustigen Zwillinge stießen sich gegenseitig an, waren aber zugleich bestrebt, die Aufmerksamkeit ihrer Eltern nicht auf sich zu ziehen. Ein warnender Blick ihrer Mutter zeigte ihnen jedoch, dass diese Versuche fehlgeschlagen waren, und so versuchten sie einen Augenblick lang, sich anständig zu benehmen. Die kleine Prinzessin trällerte zufrieden eine einfache, erfundene Melodie vor sich hin, während sie entschlossen mit einem Löffel in der Schüssel mit Frühstücksbrei herumrührte.
Prinzessin Anita lächelte James zu, der sich vor der Familie verneigte. »Ist unser Junker also endlich aufgetaucht«, meinte Arutha trocken. »Ich hoffe doch, wir bereiten dir heute Morgen keine allzu großen Unannehmlichkeiten?«
James erwiderte das Lächeln der Prinzessin, während er sich aufrichtete und dem Prinzen zuwandte. »Ich war in höchst unpassender Weise gekleidet und hätte so unmöglich ein Mahl mit der fürstlichen Familie einnehmen können, Hoheit. Ich bitte wegen meiner Verspätung um Entschuldigung.«
Arutha bedeutete James, rechts von ihm Position zu beziehen; hier stand er gewöhnlich immer, es sei denn, dass sein Herrscher ihm die eine oder andere Aufgabe übertragen hatte. James folgte der Weisung und sonnte sich einen Augenblick im Glanz von etwas, das ihm das Gefühl von Familie vermittelte.
Den Prinzen von Krondor und seinen Junker verband eine außergewöhnliche Beziehung. Mal ähnelte sie jener Kameradschaft, die zwischen einem Herrn und seinem Diener herrschte, mal hatte ihre Verbindung beinahe etwas Brüderliches.
Eines allerdings stand immer zwischen ihnen: James vergaß nie, dass Arutha sein Prinz und er der loyale Diener des Prinzen war.
»Du siehst müde aus«, bemerkte der Prinz.
»Es ist lange her, dass ich die Annehmlichkeit eines warmen Bettes genossen habe und ausreichend lange schlafen konnte«, erwiderte James.
»Die letzte Nacht eingeschlossen.«
»Nun, hat es sich denn gelohnt?«
»Auf eine Weise sogar sehr. Auf eine andere, nein.«
Arutha warf einen Blick auf seine Frau und seine Kinder. »Sollten wir darüber lieber allein sprechen?«, fragte er dann.
»Ich würde es nicht gerade für die geeignete Tischunterhaltung halten, wenn Ihr das meint, Hoheit«, antwortete James.
»Dann warte in meinem privaten Arbeitszimmer auf mich. Ich werde gleich nachkommen.«
James tat, wie ihm befohlen, und marschierte zu dem nicht weit entfernten Arbeitszimmer, das wie immer überaus aufgeräumt und ordentlich wirkte.
Er ließ sich in einen Sessel neben dem Schreibtisch des Prinzen sinken und schloss die Augen.
James fuhr regelrecht zusammen, als Arutha kurz darauf eintrat. »Na, eingeschlafen?«, fragte der Prinz mit leichter Erheiterung, während James sich hastig erhob.
»Es war ein sehr langer und ermüdender Ritt nach Hause, Hoheit, und wie ich schon sagte, habe ich eine weitere Nacht ohne Schlaf verbracht.«
Arutha bedeutete James, sich wieder zu setzen.
»Ruh dich etwas aus, während wir uns unterhalten, aber schlaf nicht wieder ein.«
»Hoheit«, sagte James und nahm Platz. »Drei meiner Informanten sind verschwunden.«
Arutha nickte. »Nach dem, was der gute Sheriff mir gesagt hat, wird Krondor von einer ganzen Serie von Morden heimgesucht, denen anscheinend keinerlei Muster zugrunde liegt. Aber das Verschwinden deiner Informanten lehrt uns, dass mehr dahinter stecken muss und dass jemand uns daran hindern will herauszufinden, was es ist.«
»Auch ich kann kein Muster erkennen, Hoheit.«
»Noch nicht«, meinte der Prinz. Jemand klopfte an die Tür. »Einen Augenblick noch«, rief Arutha und wandte sich noch einmal an James. »Das muss Gardan mit den Dokumenten für seine Entlassung sein.«
»Also verlässt er Krondor wirklich?«, fragte James.
Arutha nickte. »Ich lasse ihn nur ungern gehen, aber er hat es sich verdient. Er wird nach Crydee zurückkehren und seine letzten Jahre mit seinen Enkeln verbringen. Ich kann mir keinen schöneren Lebensabend für einen Mann vorstellen. Und ich fürchte, dass er mit seinem Vorwurf, ich würde ihm nicht genug Arbeit geben, Recht hat. Er hat mir vorgeschlagen, auf seinen Posten jemanden zu setzen, der Fähigkeiten in Verwaltungsdingen hat und kein Soldat ist – zumindest, solange ich
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