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Feldpostnummer unbekannt

Feldpostnummer unbekannt

Titel: Feldpostnummer unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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dem Rücken.
    Die Stellung des MGs war in Zielrichtung Sumpf angelegt worden. Jetzt, da es nach hinten feuerte, entstand ein toter Schuß Winkel, und die Rotarmisten erkannten es, zwanzig, dreißig Sekunden vor Kleebach, und sie setzten rasch unter Ausnützung des Umstandes ihre Stoßkraft anders ein.
    Hoffentlich sind die da hinten auf Draht, dachte Achim Kleebach noch, dann sah er den zischenden, roten Blitz, und dann hörte er die entfesselten Schreie der erfaßten Kameraden, die in Sekunden zu schwarzen Klumpen geschmort wurden, wußte, daß er auf dieser Seite das MG verloren hatte, und da rollten die Iwans, jetzt genau und direkt auf ihn zukommend, langsam von rechts nach links, seine Stellung auf, hatten den Graben erreicht, sprangen hinein, kamen geduckt näher, während andere Russen es schon gar nicht mehr nötig hatten und frontal heranstürmten. Ein paar Sekunden noch, dann war es aus, war Feierabend, und das Loch, das sie gestern gebuddelt hatten, wurde zum Grab von heute.
    Die ersten drei erledigte Achim noch mit der MP. Dann erfaßte er, daß die Deckung zwecklos war, sah die glitzernden, aufgepflanzten Seitengewehre der Angreifer und wollte nicht mehr warten, bis ihn eine barmherzige Handgranate zerriß oder ihm ein erlösendes Bajonett in den Leib fuhr.
    Er sprang hoch, aus dem Graben heraus. Die anderen folgten ihm. Er erledigte noch zwei Rotarmisten mit der Null-acht. Dann warf er eine Handgranate überlegt zwischen die nächsten drei, griff zum Spaten, der neben ihm lag und stellte sich zu einem gnadenlosen Nahkampf.
    Achim bemerkte einen baumlangen Iwan mit einem breiten Bauerngesicht, der mit dem Gewehrkolben nach dem kleinen Sawitzky ausholte, und traf ihn mit dem geschliffenen Blatt des Spatens an der Halsschlagader. Und in der nächsten Sekunde rettete ihn der kleine Sawitzky, der einen seitwärts angreifenden Russen gerade noch mit einem Pistolenschuß niederstreckte, bevor das Seitengewehr in Kleebachs Rücken fuhr.
    Achim stürzte sich auf den nächsten, schlug wild um sich, bis der Spatenstiel auseinanderbrach. Er warf einem der Angreifer das Holz ins Gesicht, stürzte sich blindwütig auf den nächsten, dem das bereits abgezogene Ei aus der Hand fiel, schoß es mit dem Fuß zurück wie einen Ball, in das Knäuel der nächsten hinein, doch zu kurz, warf sich gerade noch rechtzeitig vor der Explosion auf den Boden, rappelte sich wieder hoch, sah den letzten Widerstand seiner sich im Nahkampf wie Berserker wehrenden Leute, erkannte, daß alles vorbei sei und wunderte sich, daß es so lange dauerte.
    Auf einmal hatte er Luft; es war ein Wunder. Und Unteroffizier Hanselmann war sein Urheber. Der Bulle, der immer wußte, worauf es ankam, sah die Misere mit dem toten Schußwinkel, erkannte das Loch, durch das die Russen zunächst ungehindert herangekommen waren, und da ließ er seine Gegner im Sumpf einfach stecken, wetzte mit dem MG zurück und hielt mit ein paar sauber gezielten Schüssen die Angreifer Achim vom Leib, hatte dann freies, volles Schußfeld auf die in der Flanke ungedeckten Russen, mähte sie nieder, stopfte das Loch und schaffte es gerade noch so, daß er sein MG wieder auf die inzwischen aus dem Sumpf herankriechenden Iwans richten konnte.
    Plötzlich war es gespenstisch still. Unteroffizier Hanselmann stand auf und kam näher, um sich das Fiasko zu besehen. Die Überlebenden des Zuges bildeten höchstens noch eine Gruppe, wenn man von den brüllenden Verwundeten absah. Am linken Flügel, wo die Sowjets den Flammenwerfer eingesetzt hatten, gab es nur noch Tote, die man nicht einmal mehr identifizieren konnte, schwarze, kleine Puppen mit gespenstisch weißen, bleckenden Zähnen.
    Hinter der Stellung lagen wie zu einer Mauer aufgeschichtet die gefallenen Russen quer durcheinander. Unter und neben ihnen die Kameraden, vielleicht noch ein paar Lebende, aber da erwies sich der Optimismus des Unteroffiziers als verfrüht. Wer hier lag, war tot. Ob Freund, ob Feind. Und mancher von ihnen hatte die gespreizten Finger in die Erde verkrallt, als ob er sich so noch am Leben festhalten könnte.
    Der kleine Sawitzky hockte in seinem Loch, weinte und zerlegte dabei sinnlos seinen Karabiner, bastelte ihn wieder zusammen und weinte weiter. Ein paar verbanden einen Verwundeten, und zwischen ihnen taumelte Achim Kleebach herum, der nicht begreifen konnte, daß es ihn doch nicht erwischt hatte.
    Dann blieb er betroffen vor einem stehen, der mit einem Seitengewehr auf die Erde genagelt war. Er

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